Plattform-Strategie

5 Schritte zum Geschäftsmodell der Zukunft

12.10.2016 von Christiane Pütter
Plattformen werden die Unternehmenslandschaft nachhaltig verändern. Accenture nennt fünf Punkte, auf die Unternehmen achten sollten.
  • Erfolgreich sind künftig nicht mehr Unternehmen, sondern Cluster aus diversen Unternehmen, die eine Plattform bilden
  • Kunden wollen kein Auto mehr, sondern Mobilität
  • Die besten Voraussetzungen für eine Plattform-getriebene Ökonomie weisen die USA auf, Deutschland liegt auf Rang fünf von 16

Amazon und DHL waren mal Geschäftspartner. Davon will sich Amazon unabhängig machen und baut sich ein eigenes Logistik-Netzwerk mit Vans und Drohnen auf, autonome Lieferfahrzeuge stehen bereits auf dem Plan. Das Unternehmen will agiler und wettbewerbsfähiger sein als der alte Partner. Solche Beispiele nennt Accenture in der Studie "Platform strategies: How the rules of competitiveness have changed in the era of ecosystems".

In einem Ländervergleich bezüglich Plattform-Readyness sieht Accenture deutsche Unternehmen auf Rang fünf von 16.
Foto: Accenture

Beispiel: GM kauft Lyft

Accenture schildert, wie das Modell der Plattformen die Unternehmenslandschaft verändert und wie sich Entscheider darauf einstellen müssen. So wollen Kunden künftig nicht mehr unbedingt Autos besitzen. Sie wollen mobil sein. General Motors (GM) hat Anfang dieses Jahres 500 Millionen US-Dollar in den Uber-Konkurrenten "Lyft" investiert und erklärt, Vorreiter bei Roboter-Taxis werden zu wollen.

GM Corporate Officer Dan Ammann sagt, die Zukunft der individuellen Mobilität sei "zusammenhängend, nahtlos und autonom". Beide Unternehmen wollten ihren Kunden nun gemeinsam "personalisierte Mobilitäts-Services und -Erfahrungen" bieten.

Das "Manager-Magazin" kommentiert, GM sichere mit der neuen Partnerschaft sein klassisches Geschäft ab: Der Konzern werde ab sofort zum bevorzugten Lieferanten von Mietwagen für Lyft-Fahrer.

Neue Freund-Feind-Beziehungen

Für Accenture zeigt das: Künftig sind nicht mehr einzelne Unternehmen erfolgreich, sondern Cluster aller Firmen rund um einen bestimmten Service. Wie das Amazon-DHL-Beispiel zeigt, können Partner zu Konkurrenten werden und umgekehrt. Die Analysten prägen dafür das Kunstwort einer "frenemy-like constellation", einer Freund-Feind-Beziehung also.

Die Analysten geben Managern folgende fünf Tipps:

1. Die Kundenbedürfnisse identifizieren: Nach dem Motto von GM über den Wunsch nach Mobilität statt Autobesitz sollten Unternehmen identifizieren, welche Bedürfnisse ihre Kunden hegen und wie sich diese entwickeln.

2. Sich im Cluster unentbehrlich machen: Wie das Amazon-DHL-Beispiel zeigt, besetzen die Partner in einem Netzwerk oder Cluster unterschiedliche Positionen. Das einzelne Unternehmen kann Inventor sein, Designer, Hersteller oder Anderes. Damit sind sie in unterschiedlichem Maße austauschbar.

3. Das eigene Leistungsversprechen hinterfragen: Dieser Punkt hängt mit dem vorigen zusammen. Jeder Partner im Cluster muss seinen Beitrag für die Wertschöpfungskette des gesamten Clusters hinterfragen. Während die einen als Macher agieren, sind die anderen eher Beobachter.

4. Die neue Normalität akzeptieren: Branchen und Technologien verändern sich ständig. High Performer zeichnen sich dadurch aus, dass sie stets nach neuen Chancen in neuen Ecosystemen suchen.

5. Den Cluster ausbauen: Accenture rät, an der Rolle eines "Key Drivers" zu arbeiten. Key Driver suchen aktiv nach interessanten Partnern, die sie mit ins Cluster holen.

2015 erwirtschafteten Anbieter digitaler Plattformen rund zehn Milliarden Euro, das ist mehr als doppelt so viel wie noch 2014. Die Analysten glauben, dass viele Entscheider trotz aller Diskussionen um Transformation, Change und Digitalisierung den Aspekt der Plattformen noch nicht erkannt haben.

Ranking nach Plattform-Readyness

In einer weiteren Studie ("Five ways to win the digital platforms") bringen sie 16 verschiedene Nationen in ein Ranking nach Plattform-Readyness. Die USA führen die Liste an, gefolgt von China und Großbritannien. Deutschland sieht Accenture auf Rang fünf.

Die Geschichte von Bosch - Von der Zündkerze ins Internet der Dinge
Der Gründer
Die Anfänge von Bosch sind stark vom Firmengründer Robert Bosch geprägt: "Immer habe ich nach dem Grundsatz gehandelt: Lieber Geld verlieren als Vertrauen. Die Unantastbarkeit meiner Versprechungen, der Glaube an den Wert meiner Ware und an mein Wort standen mir stets höher als ein vorübergehender Gewinn." Er führt die 8-Stunden-Woche ein, ist aber auch für Sparsamkeit berüchtigt: "Der Vadder kommt, löschet die onötige Lichter aus!" warnen sich die Mitarbeiter, wenn der Firmengründer einen Kontrollgang macht.
Mit einem Magnetzünder fängt alles an
Der erste Niederspannung-Magnetzünder wird von Bosch 1887 für einen stationären Benzinmotor gebaut. Für ein Kraftfahrzeug sind diese Zünder noch viel zu groß.
Die Diversifikation beginnt
Die Weltwirtschaftskrise ist ein Anlass für die Diversifikation: 1926 kommen auch Scheinwerfer zum Produktportfolio, ein Jahr später Diesel-Einspritzpumpen, Gasgeräte von Junkers und die erste Bohrmaschine.
Der Durchbruch in den 30ern: Zündkerze...
Die Zündkerze - hier ein berühmtes Werbeplakat von 1930 - bringt Bosch den Durchbruch und macht das Unternehmen zum international agierenden Großkonzern. Bis zum ersten Weltkrieg hat Bosch kaum Konkurrenten.
... und Kühlschrank
Der erste Bosch-Kühlschrank ist kreisrund: Die Trommelform hat im Erscheinungsjahr 1933 Kostengründe, setzt sich aber nicht durch.
Die Waschmaschine
Ab 1958 hat Bosch seine erste Waschmaschine im Programm, die das Unternehmen bald zum ersten Waschvollautomaten weiter entwickelt.
ABS
Ein Patent auf ein Antiblockiersystem hatte Bosch schon 1936 eingereicht, erst 1978 ist es aber marktreif und wird in die ersten Autos eingebaut. 1995 kommt ESP auf den Markt, das nicht zuletzt dank dem berühmten "Elchtest" erfolgreich ist.
#Fail
Nobody is perfect: Eine der größten Rückrufaktionen betrifft die Hausgeräte von Bosch: Wegen Brandgefahr muss das Unternehmen 5 Millionen Geschirrspülmaschinen zurückrufen, die zwischen 1999 und 2005 hergestellt wurden.
Das vernetzte Heim
Auch bei seinen Haushaltsgeräten setzt Bosch stark auf Vernetzung und Sensortechnik: Die Backöfen und Geschirrspüler der neuen Serie 8 sind per WLAN verbunden und per iOS-App steuerbar. Per App kann man einen Backvorgang starten oder erhält per Push-Nachricht Infos über den Füllstand des Geschirrspülers. Ein Kühlschrank mit integrierter Kamera soll bald erscheinen.
Ab ins Auto
Von Bosch stammt auch das neue Kombiinstrument des neuen Hybridsportwagens i8 von BMW. Verschiedene Modi stehen zur Wahl, der Modus "Eco Pro" zeigt Übergänge zwischen E- und Benzin-Betrieb besonders detailliert an. Der Raum zwischen den Hauptinstrumenten wird flexibel für Navigations-, Radio- und Telefoninformationen genutzt.
Parklückenvermessung
Zu den vielen Fahrassistenzsystemen von Bosch gehört unter anderem die Parklückenvermessung. Ein Sensorsystem im Citroen C4 Picasso teilt dem Fahrer mit, ob eine Parklücke groß genug für sein Auto ist.
Es geht ins IoT
Bei dem IoT-Projekt "Track and Trace", auch "Vernetzte Werkzeuge in der Fertigung" genannt, testet Bosch vernetzte Industriewerkzeuge. Dank Ortung ist dann beispielsweise der Standort eines Werkzeuges immer bekannt.
Neue Kooperationen
Bosch SI arbeitet unter anderem mit MongoDB eng zusammen. Zu den Kooperationspartnern gehören Tech Mahindra und Cisco.
Übernahme von Prosyst
Die deutsche Bosch hat nie vor Firmenübernahmen zurückgescheut, Mitte Februar 2015 übernimmt Bosch die IoT-Softwarefirma ProSyst. Das auf Gateway-Software und Middleware spezialisierte Unternehmen setzt auf die OSGi-Technologie und beschäftigt rund hundert Mitarbeiter in Deutschland, Sofia und Bulgarien. Kunden sind unter andere BMW, Schneider, EnBW und viele mehr. Ergänzen soll die Software von Pro-syst die so genannte "Bosch IoT Suite", eine Eigenentwicklung der Bosch-Tochter Software Innovations.
Bosch Rexroth
Open Core Engineering von Bosch Rexroth soll eine Brücke zwischen Automatisierung von Maschinen und der IT-Welt schlagen. Ein direkter Zugriff auf den Steuerungskern ist dabei möglich.
2010: Neues Werk in Reutlingen
In der 2010 eingeweihten WaferFab in Reutlingen baut Bosch ASICs, analoge ICS, Hochleistungsbauelemente und MEMS. Fabless Production ist zwar in Mode, Bosch hat aber andere Kunden als Nvidia und Co.
Embedded-Entwicklung
Etas ist ein Embedded-Entwickler mit 700 Mitarbeitern und 135 Millionen Euro Umsatz (2008), der zu hundert Prozent der Muttergesellschaft Bosch gehört.

Diese Einschätzung basiert auf mehreren Einzelfaktoren. Das sind zunächst einmal die politischen Rahmenbedingungen - in diesem Punkt schneidet die Bundesrepublik sogar am besten von allen Ländern ab. Außerdem fließen der Zugang zu Fachkräften und die Unternehmerfreundlichkeit sowie die technologische Infrastruktur und vernetzte Verbraucher in die Wertung ein.

"Deutschland hat gute Voraussetzungen, um in der globalen Plattformökonomie eine wichtige Rolle zu spielen", kommentiert Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture Deutschland. "Besonders gute Chancen sehe ich bei den B2B-Plattformen, die etwa mit Daten aus vernetzten Produktionsanlagen, Landmaschinen oder anderen Industriegütern gefüttert werden." Viele deutsche Firmen wie Siemens oder Bosch hätten ihre Produkte bereits digital vernetzt und nutzten die damit gewonnenen Daten für neue, gewinnbringende Geschäftsmodelle.