Computer mit Hirnströmen steuern

6 IT-Trends bis 2032

20.01.2011 von Christiane Pütter
Bis 2032 wird die IT-Infrastruktur zum wesentlichen Standortfaktor für Städte. Selbst Mittelständler vernetzen sich weltweit. Detecon blickt 21 Jahre voraus.
Festnetz und Mobilfunk konvergieren, Städte machen sich durch ihre IT-Infrastruktur für Bewohner und Unternehmen interessant - das erwartet das Beratungshaus Detecon.
Foto: Tanja Jäckel - Fotolia.com

Es gehört zu den ungelösten Fragen der Menschheitsgeschichte, ob die Chinesen die Erde aus der Umlaufbahn schleudern könnten, wenn sie alle gemeinsam zur gleichen Zeit in die Luft hüpften. Vielleicht probieren sie es im Jahr 2032 aus. Dann wird China nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft die Welt anführen. Die Analysten des Bonner Beraters Detecon entwerfen ein Szenario für das Leben zu diesem Zeitpunkt.

Die jetzt diskutierte Trennung zwischen Digital Migrants - den Generationen, die ohne IT aufgewachsen sind und sich den Umgang mit dem Computer erst aneignen mussten - und Digital Natives, die bereits mit IT groß geworden sind, wird es nicht mehr geben. IT wird in praktisch allen alltäglichen Gebrauchsgütern zu finden sein, so Detecon.

Die Analysten sprechen von sechs globalen Trends:

1. China und Indien liegen 2032 vorn: Die Mehrheit der Weltbevölkerung und der Großteil der Wirtschaftskraft ballen sich im asiatischen Raum. China und Indien zählen gemessen am Bruttosozialprodukt zu den größten drei Wirtschaftsnationen, wobei China deutlich vor der dann zweitstärksten Wirtschaft der USA steht. Einen erheblichen Teil seiner volkswirtschaftlichen Wertschöpfung erbringt Asien auf dem Gebiet Informations- und Kommunikationstechnologie.

2. IT hilft, die Kosten der alternden Gesellschaft zu dämpfen: Wegen der hohen Lebenserwartung steigen die Ausgaben für Kranke und Alte weltweit drastisch, insbesondere in den westlichen Industrienationen. IT-Anwendungen, die die Qualität von Diagnostik erhöhen sowie Prävention und Therapie verbessern, sollen Kostensteigerungen entgegenwirken und Effizienzsteigerungen im Gesundheitssystem bewirken.

IT-Infrastruktur für Mega-Städte

3. Mega-Städte brauchen Mega-IT-Infrastruktur: 2032 leben 60 Prozent aller Menschen in Städten. Die Zahl der Mega-Cities - Orte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern - steigt. Mitentscheidend für die Standortattraktivität einer Stadt ist die IT-Infrastruktur.

Schon heute werden weltweit rund 250 sogenannter "Smart Cities" mit einer wegweisenden Informations- und Kommunikationstechnologie-Ausstattung gebaut oder zumindest geplant. Konkret gehören glasfaserbasierte Internet-Anschlüsse mit Gigabit-Geschwindigkeit ebenso dazu wie die Vernetzung von Gebäuden. Bis 2032 wird in vielen wohlhabenden Ballungszentren vernetzte Infrastruktur vorhanden sein, die neben Telekommunikation zum Beispiel auch die klassische Energieversorgung, integrierte Verkehrssysteme und die Gebäudetechnik umfasst.

Durch Urbanisierung und technischen Fortschritt ergeben sich Chancen für neue Geschäftsmodelle, zum Beispiel Infrastruktur als Dienstleistung und on-demand anzubieten (Infrastructure-as-a-Service). Informations- und Kommunikationstechnologie wird das zentrale Bindeglied sein, um die Konvergenz der Infrastrukturen umfassend zu ermöglichen.

4. Auch Mittelständler vernetzen sich und agieren global: 2010 beträgt das Welthandelsvolumen circa 12.500 Milliarden US Dollar - 2032 hat es sich mehr als verdreifacht. Die Arbeitsteilung erhöht sich deutlich. Unternehmen flexibilisieren ihre Organisation, ihre Prozesse sowie die Interaktion mit Partnern und Zulieferern. Sie organisieren Forschung, Produktion und Vertrieb noch globaler, um regionale Unterschiede in Kosten, Kompetenzen und Marktpotenzialen bestmöglich zu nutzen. Dies gilt nicht nur für große multinationale Unternehmen, sondern auch für den Mittelstand.

5. Unternehmen arbeiten schneller, besser, kommunikativer: Mit Hilfe von IT automatisieren Unternehmen 2032 möglichst viele Abläufe. Das betrifft die Produktion von Gütern und Dienstleistungen in allen Wertschöpfungsstufen.

Diese These illustriert Detecon am Beispiel der Logistikbranche, die schon heute ganz besonders von der drahtlosen Vernetzung und der Datenverarbeitung profitiert. Mit dem Management von Logistikketten in Echtzeit, vollautomatisierten Warenlagersystemen und der Telematik ist IT auf nahezu allen Wertschöpfungsstufen der modernen Logistik zentraler Produktions- und Differenzierungsfaktor.

Technologien, die hier eine wichtige Rolle spielen, sind Nearfield Communication, Sensor-Netze und Machine-to-Machine-Kommunikation. Computergestützte Planungssysteme und die Steuerung von Warentransporten ermöglichen Just-in-Time-Produktion. Das Ergebnis ist neben der höheren Flexibilität auch eine verbesserte Effizienz durch die Planbarkeit und Steuerung der gesamten Lieferkette.

6. Netzwerke entscheiden über den Unternehmenserfolg: Mitglieder von eng vernetzten Unternehmen beginnen und beenden Ad-hoc-Geschäftsbeziehungen. Die intelligente Vernetzung von Aktivitäten und die Fähigkeit, komplex vernetzte Systeme zu steuern, entwickelt sich zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor.

Unabhängig von diesen sechs großen Trends sehen die Analysten von Detecon bis 2032 "Quantensprünge" in Leistung und Anwenderfreundlichkeit von Computern. Verbesserte Fertigungsverfahren und neue Werkstoffe in der Mikrochip-Produktion ermöglichen immer höher integrierte Schaltkreise, sogenannte Systems-on-a-Chip. Beispiel hierfür sind die Integration von CPU und GPU im PC-Markt oder die Integration von GPS, 3G, Bluetooth, WLAN, Gigabyte-Speicher, Megapixel-Kamera und Beschleunigungssensoren in Smartphones.

Den Rechner mit der Stimme steuern

Für den gemeinen Nutzer heißt das letztlich: Eingabemöglichkeiten über Stimmenerkennung, Bewegungs- und Gestensteuerung, Sensoren, optische Bilderkennungssysteme oder die Kontrolle von Systemen mit Hirnströmen werden so selbstverständlich sein wie heute die Bedienung mit Maus und Tastatur. Die Multitouch-Eingabe wie beim iPhone wird von einer Steuerung ähnlich der der Nintendo Wii abgelöst.

Festnetz und Mobilfunk konvergieren vor 2032

Was die Telekommunikation betrifft, so erwartet Detecon, dass Festnetz und Mobilfunk schon lange vor 2032 konvergieren. "Ist die letzte Meile im Festnetz heute noch Kupferdraht-gebunden, so werden 2032 Lichtleiter basierte Fiber-to-the-Building-(FTTB)- und Fiber-to-the-Home-(FTTH)-Anschlüsse dominieren", schreiben die Analysten.

Die Autoren Karl-Michael Henneking, Lars Theobaldt, Bernd Ettelbrück sowie Falk Wöhler-Moorhoff und Daniel dos Reis führen ihre Thesen in der Studie "Think 2032! Position for ICT everywhere" aus.