Kuriositätensammlung

6 Zahlenpatzer mit schlimmen Folgen

02.09.2011 von Werner Kurzlechner
Post für Tote, rissige Boeings und ungerechtfertigte Zeit im Gefängnis: Falsche Berechnungen können fatale Folgen haben, wie der BI-Anbieter Actuate aufzeigt.
Bei einem hochrangigen Reitturnier schlich sich unlängst der Fehlerteufel in die Ergebnisliste.
Foto: complete buyout, Lufthansa

Warum vor allem lohnt sich Business Intelligence (BI)? Analysten und Anbieter weisen seit langem gebetsmühlenartig darauf hin: weil sich in die Arbeit mit Excel-Spreadsheets schnell Fehler einschleichen und die sich in den Berichten ans Management wieder finden. Das können kleine Zahlendreher sein, die unbemerkt großen Schaden anrichten. Der BI-Anbieter Actuate hat zur Schärfung des Problembewusstseins sechs besonders gravierende Zahlenpatzer zusammengestellt. Die Beispiele entstammen zwar nicht der klassischen Unternehmenswelt. Kurios sind sie allemal.

1. Der Gebührenbescheid für Adam Ries: Der Zahlen- und Rechenkünstler Adam Ries ist sprichwörtlich legendär geworden und seit mehr als 400 Jahren tot. Ferngesehen hat er in seinem Leben ebenso wenig wie Radio gehört. Die GEZ forderte trotzdem Gebühren von ihm ein.

Die Gebührenseinzugszentrale schickte laut Actuate vor zwei Jahren eine Zahlungsaufforderung an das Adam-Ries-Museum in Annaberg-Buchholz. Auch Adam Ries komme nicht länger darum herum, ordnungsgemäß seine GEZ-Gebühren zu begleichen. Wie die Museumsleiterin damals berichtete, folgte auch nach Richtigstellung noch eine Mahnung und die Bitte um Mitteilung der Rundfunkteilnehmernummer des Adam Ries. „Ob es sich hier nicht vielleicht um einen Rechenfehler seitens der GEZ gehandelt hat?“, fragt Actuate.

2. Doppelgold beim Reiten: Bei einer Pferdesport-EM in Prag – es ging um einen Nachwuchswettbewerb in der Vielseitigkeit – erhielt das deutsche Team erst einmal Silber statt Gold. Aufgrund eines Rechenfehlers, wie Actuate anmerkt. „Schuld sind laut Osnabrücker Zeitung 0,10 Fehlerpunkte, die dem britischen Team zum Sieg verholfen haben“, berichtet der BI-Anbieter. Es folgte eine Ergebniskorrektur. Am Ende gab es Doppelgold für Deutschland und England – und einen Zahlenpatzer zum Schmunzeln.

3. Sieben Monate Haft: Weniger lustig ist der nächste Fall, den Actuate aufgreift. Sieben Monate zu lang saß ein Jugendlicher in Heidenheim hinter Gittern. Wegen schweren Raubes war der Mann zu dreieinhalb Jahren Knast verurteilt worden. Ein Rechtspfleger vergaß dann offenbar, die Zeit der Untersuchungshaft davon abzuziehen. Dem Häftling selbst fiel das überhaupt nicht auf, erst eine externe Prüfung deckte den Rechenfehler auf.

Stromkunden: 882 Millionen zu viel

Züge sind zum Transport von Menschen und Gütern da. Über eine Wupper-Brücke dürfen sie aber zurzeit nur ohne Fahrgäste und Ladung fahren.
Foto: VAG Nürnberg

Eine unschöne Sache nicht nur für den zu lange Inhaftierten, sondern auch für den Rechtspfleger, der laut Presseberichten 600 Euro Geldbuße zahlen und sich einem Disziplinarverfahren unterziehen muss. Auch für den Steuerzahler ist derartiger Murks teuer: Dem Jugendlichen stehen für jeden zu lange im Gefängnis verbrachten Tag 25 Euro Entschädigung zu.

4. Überteuerter Strom: Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) will der Gesetzgeber das Klima schützen. Die damit einhergehende EEG-Umlage sorgte jüngst indes für Wirbel. Vermutlich berechneten 750 Grundversorger den Anstieg der Umlage falsch. In jedem Fall sorgte die mit der Umlage begründete Preiserhöhung um sieben Prozent zu Jahresbeginn für eine beträchtliche und nicht gerechtfertigte Belastung der Verbraucher, wie das Verbraucherportal Verivox ermittelte: etwa 882 Millionen Euro wurden deutschlandweit zu viel gezahlt. „Ob es sich bei der Fehlprognose um Absicht oder einen Rechenfehler handelt, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden“, so Peter Reese, Leiter Energiewirtschaft bei Verivox. „In beiden Fällen ist das Resultat eine unnötige Belastung privater Haushalte.“

5. Unnötige Umwege: Die Müngstener Brücke führt über die Wupper, ist 107 Meter hoch, 465 Meter lang und 112 Jahre alt. Es ist Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke. Als kürzlich die Stabilität der Brücke überprüft werden sollte, unterlief der Deutschen Bahn eine peinliche Panne. Man führte zwar Ausbesserungsarbeiten durch und wies die Sicherheit nach. Aber nur für leere Züge. Das Gewicht der Fahrgäste wurde nicht einberechnet. Den Ärger haben jetzt alle, die sich mit dem Zug zwischen Remscheid und Solingen bewegen wollen. Sie müssen weiter Umwege in Kauf nehmen. Denn die Brücke darf zwar befahren werden – aber nur von leeren Zügen.

6. Risse im Flieger: Hunderte Flugzeuge des Typs Boeing 737 müssen derzeit zur Inspektion. Nachdem vor einigen Monaten eine Maschine wegen eines Lochs im Dach notlanden musste, fiel ein Konstruktionsfehler in den zwischen 1993 und 2000 gebauten Fliegern dieses Typs auf. Es besteht ein erhöhtes Risiko von Rissen in der Außenhaut. Ursache ist laut Actuate eine ingenieurtechnische Fehlleistung. Eigentlich sollte eine neue Fertigungstechnik die Flugzeuge langlebiger machen. Erreicht wurde offenbar das Gegenteil. Als Schwachstelle erweisen sich die Schnittkanten der verwendeten Aluminiumplatten.