Outsourcing-Geschäft legt weltweit nur um sechs Prozent zu

78 Prozent mehr neue Outsourcing-Deals in Europa

02.08.2007 von Nina Gut
Die Nachfrage nach Outsourcing in Europa ist in der ersten Jahreshälfte 2007 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stark gestiegen. Der Gesamtwert der großen neuen Outsourcing-Verträge (Deals mit einem Umfang von über 40 Millionen Euro) stieg um 78 Prozent. In absoluten Zahlen haben diese Neugeschäfte ein Volumen von 12,3 Milliarden Euro. Der globale Outsourcing-Markt wuchs dagegen nur um sechs Prozent. Das ermittelte der vierteljährliche Index des Sourcing-Beraters TPI.
Der globale Outsourcing-Markt ist in Bewegung.

Nach dem relativ schwachen europäischen Outsourcing-Markt im vergangenen Jahr bedeuten die 12,3 Milliarden Euro an Neugeschäften eine deutliche Erholung. Dies entspricht einer Steigerung um 23 Prozent bei den neuen Verträgen. Die neuen Deals in Europa machen sogar mehr als die Hälfte (54 Prozent) der weltweit unterzeichneten neuen Outsourcing-Verträge aus. Vergangenes Jahr betrug ihr Anteil 32, im Fünfjahresmittel 38 Prozent.

Bernd Schäfer, Partner und Area Managing Director TPI Deutschland: "Die Länder auf dem europäischen Kontinent haben sich nur zögerlich dem Outsourcing zugewandt, wodurch dies ein Markt mit großem Wachstumspotenzial bleibt. Vor fünf Jahren hatte Kontinentaleuropa lediglich zwölf Prozent Anteil an den globalen Outsourcing-Deals. Nur Deutschland, Frankreich und die Niederlande erreichten einen Anteil von über einen Prozent. Inzwischen hat Kontinentaleuropa seinen Anteil mit dreißig Prozent fast verdreifacht, und Belgien, Dänemark, Norwegen, Finnland, die Schweiz und Italien erreichen jetzt ebenfalls jeweils über ein Prozent des globalen Markts."

Europas Aufschwung wurde vor allem durch eine Konzentration von "Mega-Deals" in der Region vorangetrieben. Diese Geschäfte mit einem Umfang von jeweils über 800 Millionen Euro machen 44 Prozent der bisherigen Neugeschäfte im europäischen Outsourcing-Markt 2007 aus. Außerdem wurden über zwei Drittel (68 Prozent) der Großaufträge in Europa vergeben - nach durchschnittlich 39 Prozent in den letzten fünf Jahren. Damit hält Europa den bisher größten Anteil an diesem oberen Ende des Outsourcing-Markts.

Netzwerk-Outsourcing: Megadeals würfeln die Hierarchie der führenden globalen Anbieter durcheinander

Vier der fünf in diesem Jahr in Europa vergebenen Megadeals betrafen das Outsourcing von Netzwerken. Weltweit waren es fünf von acht. Dabei hat das Wachstum in diesem Bereich die Telekommunikationsunternehmen in der Hierarchie der globalen Outsourcing-Anbieter nach oben katapultiert. Gemessen an ihrem Anteil an den Vertragsvergaben von über 40 Millionen Euro (inklusive Umstrukturierungen) steht die British Telecom (BT) heute weltweit auf Rang 2. Im vergangenen Jahr lag sie noch auf Rang 13. Alcatel-Lucent und Ericsson liegen auf Platz fünf beziehungsweise sechs (im Vorjahr Platz 15 beziehungsweise 11). AT&T erreicht mit Rang zehn erstmals die Top 15.

Die Global Big Six (Accenture, ACS, CSC, EDS, HP und IBM), die den globalen Outsourcing-Markt bei den bestehenden Verträgen weiterhin dominieren, gewannen dieses Jahr erst zehn Prozent der Megadeals, nachdem sie in den letzten vier Jahren durchschnittlich 63 Prozent des Vertragsvolumens gewonnen haben. Die Big Five Europe (Atos Origin, BT, Capgemini, Siemens und T-Systems), die bei der laufenden Bereitstellung von Outsourcing-Services in Europa dominieren, gewannen 27 Prozent der Megadeals, während sie in den letzten fünf Jahren nur 16 Prozent verbuchten. Das spiegelt Europas wachsende Bedeutung am oberen Ende des globalen Outsourcing-Markts wider.

Bei den Abschlüssen von über 40 Millionen Euro halten die Big Six mit 41 Prozent ihre dominante Stellung erfolgreicher, obwohl ihr Anteil dieses Jahr im Vergleich zu den letzten vier Jahren hier auch zurückging: Sie verloren 22 Prozent. Die Big Five haben in demselben Markt einen Anteil von 13 Prozent. Das sind zwölf Prozent weniger als im Vierjahresdurchschnitt.

Im globalen Outsourcing-Markt zeichnet sich ein deutlich schlechteres Bild ab als in Europa. Dieses Jahr wurden bei den Verträgen mit einem Volumen von über 40 Millionen Euro Neugeschäfte in Höhe von 22,6 Milliarden Euro abgeschlossen. Das bedeutet zwar eine Steigerung um sechs Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum 2006, aber eine Verringerung um 13 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre.

Bernd Schäfer von TPI: "Wir glauben, dass die Abschwächung des Wachstums im globalen Outsourcing-Markt dadurch verursacht wird, dass derzeit einige Kundenorganisationen ein Offshoring an 100-prozentige Tochtergesellschaften oder die taktische Auslagerung kleiner, diskreter Prozesse als Alternative zum Outsourcing erwägen, um kurzfristige Kosteneinsparungen zu realisieren. Andere Kunden konzentrieren sich nicht mehr nur auf Kosteneinsparungen und suchen nach innovativen Outsourcing-Beziehungen und Wettbewerbsvorteilen. Die Herausforderung für die Service-Anbieter besteht darin, in der Tarifarbitrage Mehrwert zu schaffen und/oder eine Art der Veränderung zu liefern, die noch größere Vorteile bietet."

Offshore-Bereitstellung bei Outsourcing-Deals erreicht Rekordhoch

Der TPI-Index stellt zwar ein verstärktes Offshoring durch Tochtergesellschaften fest. Doch auch die Offshore-Bereitstellung von Services wächst im Geltungsbereich des Outsourcings weiter. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres umfassten 59 Prozent der Deals, bei denen TPI als Berater tätig war, zumindest eine teilweise Offshore-Bereitstellung. Das ist der bisher größte Anteil.

Finanzdienstleistungen machen mit 35 Prozent des weltweit von Wirtschaftsorganisationen vergebenen gesamten Vertragsvolumens (inklusive Umstrukturierungen) den weitaus größten Anteil des privaten Outsourcing-Markts aus. 75 Prozent des weltweiten Outsourcings von Finanzdienstleistungen fanden 2007 in Europa statt, während es in den letzten fünf Jahren nur knapp über 50 Prozent waren.

Trotz ihrer führenden Position bietet die Branche laut TPI-Untersuchungen weiterhin hervorragende Möglichkeiten für noch mehr Outsourcing. Bis heute hat nur ein Viertel der 590 Anbieter von Finanzdienstleistungen, die in der Liste "Forbes Global 2000" geführt sind, überhaupt eine Outsourcing-Vereinbarung abgeschlossen. Der Großteil der Outsourcing-Aktivitäten findet weiterhin unter den größten 25 Akteuren des Sektors statt.

Die Geschäftsaktivitäten bei den Umstrukturierungen und Verlängerungen der Outsourcing-Verträge zeigten sich im bisherigen Jahresverlauf sehr schwach: Weltweit waren sie um 71 Prozent schwächer als in den ersten sechs Monaten 2006 und um 49 Prozent schwächer als im Fünfjahresdurchschnitt. Der Wert der in der ersten Jahreshälfte 2007 in Europa umstrukturierten Verträge (zwei Milliarden Euro) ist nur etwa halb so groß wie im Vorjahreszeitraum.

US-Outsourcing-Markt auf dem niedrigsten Stand seit 1994

Der Outsourcing-Markt in den USA ist besonders schwach. Die Umstrukturierungsaktivitäten bei den Deals sanken um 79 Prozent im Vergleich zum Vorjahreswert und um 67 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Die neuen Deals sanken im Vergleich zum ersten Halbjahr des letzten Jahres um fast 50 Prozent und im Vergleich zum Fünfjahresdurchschnitt sogar um 54 Prozent. Der Umfang der neuen Verträge 2007 belief sich auf nur 6,3 Milliarden Euro (2006: 12,4 Milliarden Euro). Damit ist das erste Halbjahr 2007 das schwächste Halbjahr bei den Outsourcing-Geschäftsaktivitäten in den USA seit 1994.

Im asiatisch-pazifischen Raum sieht es besser aus: Die vier Milliarden Euro neuer Outsourcing-Verträge bedeuten eine annähernde Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr und eine Steigerung um 72 Prozent gegenüber dem Fünfjahresdurchschnitt.

TPI analysiert vierteljährlich die Daten des Sourcing-Marktes und stellt sie in einem Index zusammen.