DZ-Bank

Alles aus einer Hand

27.09.2006
Bei der DZ Bank in Frankfurt können Banken alle Bausteine, die sie für ein erfolgreiches Geschäft brauchen, aus einer Hand bekommen. Der „Banken-Integrator“ verspricht sich davon geringere Kosten – und höhere Qualität.

Jens Wolf ist dafür zuständig, möglichst vielen Finanzinstituten Arbeit abzunehmen. Der Abteilungsdirektor für Beratung und Vertrieb von Bankplattformen der DZ Bank ist damit beschäftigt, andere Banken und deren Dienstleistungen über ein gemeinsames Portal in einem Netzwerk zusammenzuziehen. „Sicherung der Eigenständigkeit durch selektive Kooperation“ heißt das in der Marketing-Sprache.

Effizienz durch große Volumen

Seit jeher übernimmt die DZ Bank Aufgaben wie das Wertpapiergeschäft für die meisten ihrer 1100 genossenschaftlichen Institute. Die Spannbreite reicht von kleinen bis zu großen Instituten mit Einlagen von einer Million bis zu 16 Milliarden Euro.

Berater des Finanzverbundes der Volks- und Raiffeisenbanken stellen ihren Kunden vor Ort maßgeschneiderte Finanzlösungen zusammen. Doch die einzelnen Bausteine wie ein Bausparvertrag, Aktienfonds, Wertpapierverwaltung oder Zahlungsverkehr erbringen die Volks- und Raiffeisenbanken seit kurzem nicht mehr selbst. Diese Services erledigen die zur Gruppe gehörenden Spezialisten wie die Bausparkasse Schwäbisch Hall, die Union Investment, die dwpbank und die DZ Bank. Dank großer Volumina im Verbund können sie ihre Leistungen effizienter anbieten als jede Bank allein.

Nachdem sich die DZ Bank durch die Fusion der Zentralinstitute GZ Bank und DG Bank 2001 „gerüttelt, geschüttelt und als Zentralbank für die Genossenschaftsbanken neu ausgerichtet“ hat, will sie im Finanzverbund nun zum großen Bankdienstleister auch für Institute außerhalb des eigenen Verbunds in Deutschland und Europa werden – mit „nicht wettbewerbsdifferenzierenden Produkten und Dienstleistungen“.

DZ Bank: Services für 30 Banken

Dabei wird sogar das Drei-Säulen-Prinzip aus Privatbanken (Deutsche Bank, Dresdner Bank, HVB Group und Commerzbank), Sparkassen und Genossenschaftsbanken durchbrochen. „Wir erledigen heute schon Dienstleistungen für über 30 deutsche Banken“, sagt Wolf, „unter anderem den Zahlungsverkehr und das Wertpapiergeschäft.“

Als „Nest für eine Bank“ bezeichnet der Mathematiker sein Dienstleistungsangebot: „Dieses Nest bauen wir für die Banken, doch wie sie ihren Kunden füttern und sich im Wettbewerb positionieren, entscheiden sie ganz allein.“ Wolf kann bei seinen Kunden mit dem „Zugriff auf das gesamte Integratornetzwerk“ werben. „Theoretisch kann man heute eine Bank auf die grüne Wiese stellen“, erläutert er.

Beim Nestbau helfen die dem Verbund zugehörigen dwpbank Deutsche WertpapierService Bank AG, die nach Anzahl der Depots Marktführer für die Wertpapierabwicklung in Deutschland ist, und die TAI AG (Transaction-Banking-Institut), ebenfalls Marktführer im Bereich Zahlungsverkehr, verglichen nach Transaktionen auf einer technischen Plattform. Hinzu kommen die beiden genossenschaftlichen Rechenzentralen GAD eG und Fiducia IT. Dabei profitierten nicht nur die anderen Banken von den Dienstleistungen der Frankfurter. „Auch wir bekommen dadurch für unsere Primärbanken Know-how zurück und generieren zusätzliche Skaleneffekte“, sagt der 38-jährige Wolf.

Integratoren passen in die Zeit

Als einen „sehr fortschrittlichen Player aus Prozessund aus Applikationssicht, der mit seinem Angebot in die Breite geht“, bewertet Bankenexperte Thomas Zerndt von der Information Management Group (IMG) in St. Gallen die DZ Bank. „Sie hat viele Elemente eines in der Literatur viel besprochenen Integrators, der ein Bündel von Leistungen anbietet. Die anderen Banken müssen sich nicht um jeden Leistungserbringer einzeln kümmern, sondern erhalten vieles aus einer Hand.“

Unternehmensberater Zerndt kennt die DZ Bank aus der Zusammenarbeit im Competence Center Sourcing in der Finanzindustrie. Darin treffen sich seit zwei Jahren zwölf bis 15 Unternehmen der Finanzindustrie (Banken wie Provider) regelmäßig zum Erfahrungsaustausch. „Wir erarbeiten Ergebnisse und bauen Knowhow zur Gestaltung ihrer Wertschöpfungsmodelle im überbetrieblichen Rahmen auf“, sagt Zerndt.

Zerndt spricht von einem „Trend zu Netzwerkbeziehungen in den kommenden Jahren.“ Dass das Netzwerkangebot der DZ Bank ein Geschäftsmodell mit Zukunft ist, bestätigt die aktuelle Studie „Wertschöpfungsmodelle der Zukunft – Banken und Provider 2010“, für die 63 Geschäftsleitungsmitglieder von Banken befragt wurden. „Als Konsequenz abnehmender Kernkompetenz in Transaktionsprozessen setzen Banken dort zunehmend auf Outsourcing“, heißt es dort. Besonders beim Zahlungsverkehr und bei der Wertpapierabwicklung wolle man Leistungen von außen beziehen. „Je standardisierbarerer Leistungen sind, desto mehr ist man bereit, sie extern zu beziehen. Bei Privatkrediten etwa gibt man nicht das Know-how ab, sondern kauft standardisierte Instrumente hinzu und kann damit sogar sein Angebot erweitern“, so Zerndt.

Dafür differenzieren sich die Banken im kundennahen Bereich, indem sie die Gesamtsicht auf den Kunden forcieren. „Banken sehen ihre heutigen Kernkompetenzen erwartungsgemäß vor allem in Vertriebs- und Beratungsprozessen“, heißt es in der Studie. Besser inhouse bleiben sollten demnach kompetenzintensive Elemente wie Portfolio-Management und Finanzplanung.

„Die Fokussierung der Banken auf ihre Kernkompetenzen und die zunehmende Vernetzung sind grundsätzlich der richtige Weg“, sagt der Bankenexperte. Jedes Institut müsse dabei aber seine eigene Sourcing-Strategie finden. „Es kommt immer darauf an, wie Strategie, Ausrichtung und Historie der Bank sind und wie man dort auf Kunden zugeht. Die Provider müssen entsprechende Servicemodule flexibel bereitstellen“.

Time-to-Market als Treiber

Und wie sie das tun. Die Auftragsbücher von Wolfs Team sind voll. Auch wenn der Überzeugungsprozess Zeit braucht. „Ein Jahr, manchmal auch zwei, kann der Schritt in die neue Welt dauern“, bestätigt der Abteilungsdirektor. Outsourcing ist Vertrauenssache, gerade im sensiblen Bankenbereich. Die Gründe für den Wechsel nach außen sind dabei oft profane Probleme. Bei dem einen befindet sich ein IT-Altsystem in der Abwicklung oder stirbt ab, bei einem anderen wurden die Lizenzgebühren erhöht, und die steigenden Kosten treiben die Banker dazu, preiswerte Alternativen außer Haus zu suchen. Auch neue gesetzliche Regelungen begünstigen die Migration. „Beispiele sind die Einführung der Wert papierkennnummer ISIN (International Securities Identifikation Number) und die Richtlinie MiFID (Markets in Financial Instruments Directive)“, so Wolf. „Die Time-to-Market spielt dabei eine große Rolle.“

Die früher undenkbare Kooperationsbereitschaft der Banken wurde aus der Not geboren, der Kostendruck war zu groß. Inzwischen gilt Deutschland als Vorreiter bei Entwicklung und Outsourcing standardisierter Bankprodukte. „Das ist nur der Anfang eines Trends“, so Wolf. „Die Banken wollen und müssen wettbewerbsfähig bleiben und bauen daher verstärkt auf die externe Zusammenarbeit.“ Und er prophezeit: „In Zukunft wird jede Bank ihre Rolle gemäß ihrer Alleinstellungsmerkmale finden müssen, damit das Wertschöpfungsnetzwerk optimal funktioniert.“