Stand von E-Government in der EU

Alles eine Frage von Standards

23.08.2007 von Andreas Schaffry
Die EU-Kommission hat mit dem European Interoperability Framework (EIF) einen organisatorischen Rahmen geschaffen, um den Datenaustausch zwischen den Verwaltungen in der EU zu fördern. Dabei soll die Verwendung gemeinsamer Standards die Zusammenarbeit erleichtern. Das wird jedoch zum Teil kontrovers diskutiert. Speziell beim Austausch von Office-Dokumenten sollen Behörden mehrere Format-Standards parallel einsetzen. Dafür sprechen sich die Marktforscher von Gartner in einem von der EU-Kommission beauftragten Bericht aus.
Primäres Ziel von EIF ist es, den elektronischen Datenaustausch zwischen Verwaltungen in den einzelnen EU-Staaten zu verbessern.

Europa wächst mehr und mehr zusammen. Doch nach wie vor hakt es, wenn Verwaltungen einzelner EU-Länder Informationen und Daten elektronisch miteinander austauschen wollen. Oft ist dann an einer unsichtbaren Grenze Schluss. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu steigern, benötigt Europa jedoch grenzübergreifende Behördendienste.

Interoperabilität mal drei

Die Interoperabilität zwischen den Verwaltungen in der EU soll dabei auf technischer, semantischer und organisatorischer Ebene hergestellt werden. Bei der technischen Interoperabilität kommunizieren und kooperieren verschiedene zum Teil heterogene E-Government-Systeme auf Basis standardisierter Schnittstellen sowie Meta-Daten, Dokumenten-Formaten und Kommunikationsprotokollen miteinander.

Semantische Interoperabilität bedeutet, dass Daten-Strukturen und Interpretationen von Informationen und Daten aufeinander abgestimmt sind. So wird ein gemeinsames Verständnis aufgebaut und eine übergreifende Bearbeitung von Dienstleistungen erst möglich. Zum Beispiel kann je nach Land bei Bestell-Prozessen die Bedeutung des Begriffes ”Preis” variieren. In einem Land bedeutet es Preis pro Stück, in einem andern ist der Gesamtpreis gemeint.

Bei der organisatorischen Interoperabilität wiederum werden übergreifende Geschäftsprozess-Modelle und IT-Architekturen aufeinander abgestimmt sowie mit organisatorischen Zielen vereinbar gemacht.

Ein Referenz-Modell für Interoperabilität auf technischer, semantischer und organisatorischer Ebene.

Ein wichtiger Baustein des European Interoperability Framework (EIF) bei der technischen Interoperabilität ist die Standardisierung von Dokumenten-Formaten. Dokumente sollen unabhängig vom jeweiligen Office-Paket für jede Verwaltung lesbar sein. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Kommunikation zwischen Bürger, Unternehmen und Verwaltung und der Zugriff auf Informationen ist für alle gleichermaßen sichergestellt.

Das EIF hatte sich in Version 1.0 des Berichts von 2004 noch klar für offene Standards wie XML und den Einsatz von freier Software ausgesprochen. Der jetzt vorgelegte zweite Entwurf revidiert diese Meinung. Er warnt ausdrücklich davor, sich allein auf offene Standards zu konzentrieren. Stattdessen soll die Unterstützung mehrerer Standards erfolgen, was auch eine spätere Migration auf offene Standards einschließen könne.

Zugleich wird von einer reinen Empfehlung von Open-Source-Software abgesehen und ein Wettbewerb zwischen freier und proprietärer Software um die bessere Lösung empfohlen. Die Analysten äußern in ihrem Entwurf sogar Kritik an der ersten Version von EIF. Durch die Festlegung auf offene Standards, so ihr Argument, würde schlichtweg die Tatsache ignoriert, dass derzeit verschiedene Standards nebeneinander existieren.

Web Services verbessern Zusammenarbeit

Was die Netzwerk-Strukturen angeht, sprechen sich die Analysten beim Datenaustausch zwischen den Behörden klar für VPN über WAN aus. Das sei sicher, robust und kostengünstig.

Auch Web Services halten die Analysten für ein probates Mittel, um die länderübergreifende Zusammenarbeit der Verwaltungen zu verbessern. Damit lassen sich service-basierte Abläufe aufbauen und verschiedene Anwendungen unter einen Hut bringen.

Bei den Standardisierungsbestrebungen der EU im Verwaltungsbereich weisen die Markt-Analysten in dem Bericht noch auf einen weiteren Problem-Bereich hin. Laut EU-Direktive 98/34 können nur Standards für den Datenaustausch verwendet werden, die von offiziellen europäischen Normungs-Instituten CEN, CENELEC und ETSI veröffentlicht werden. Standards von Organisationen wie dem W3C, IETF and OASIS dürften daher in öffentlichen Netzen gar nicht verwendet werden. Jedoch setzen viele EU-Mitgliedsstaaten genau auf diese Standards.

Die Analysten empfehlen Datenaustausch-Standards wie CSV sowie bestimmte EDI-Formate und Netzwerk-Protokolle wie SOAP zu verwenden, da diese weltweit akzeptiert sind und auch in der Wirtschaft verwendet werden.

Für den Bericht "Preparation for Update European Interoperability Framework 2.0 - Final Report" informierten sich die Analysten von Gartner in den sieben EU-Mitgliedsstaaten Estland, Österreich, Frankreich, Dänemark, Großbritannien, Schweden und Niederlande über deren E-Government-Projekte. Diese gelten generell oder in Teilbereichen als vorbildlich. Darüber hinaus befragten die Marktforscher 26 E-Government-Verantwortliche.