Verbot des Versandhandels vom Tisch

Apotheken zum Abschuss freigegeben

13.12.2018
Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu verbieten. Doch davon ist nun keine Rede mehr. Das juristische Risiko ist wohl einfach zu groß.
Apotheken sehen sich verstärkt einem Verdrängunskampf mit Online-Wettbewerbern ausgesetzt.
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Patienten in Deutschland können verschreibungspflichtige Medikamente auch künftig bei einer Online-Apotheke bestellen. Das von der Koalition ursprünglich angepeilte Verbot des Versandhandels ist vom Tisch. Es sei europarechtlich unwägbar, ob und wie ein solches Verbot umgesetzt werden könne, erklärte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag in Berlin. Den Apothekern, die um ihre Umsätze fürchten, will er entgegenkommen, indem er Rabatte der Internet-Konkurrenten deckelt und Nachtdienste besser bezahlt.

Beim Koalitionspartner SPD stoßen Spahns Vorschläge auf offene Ohren. "Das geht klar in die richtige Richtung", sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach. Gerade der Verzicht auf ein Verbot des Versandhandels war den Sozialdemokraten wichtig. In ländlichen Regionen sei eine flächendeckende Versorgung mit Medikamenten ohne Online-Apotheken nicht sicherzustellen, erklärte Lauterbach.

Für die deutschen Apotheker ist der Online-Handel eine unliebsame Konkurrenz. Entsprechend reserviert reagierte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), bei deren Mitgliederversammlung Spahn seine Vorschläge präsentierte. Das Diskussionsbild sei "offen" gewesen, sagte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt - offenbar eine Umschreibung dafür, dass die Meinungen stark auseinander gingen.

Der zu Jahresbeginn geschlossene Koalitionsvertrag dürfte wohl eher im Sinne der Apotheker gewesen sein. "Um die Apotheken vor Ort zu stärken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ein", hatten CDU/CSU und SPD damals vereinbart.

Marktanteil von Versandapotheken soll gedeckelt werden

Stattdessen will Spahn den Präsenz-Apotheken nun durch andere Maßnahmen unter die Arme greifen. So möchte er ihre Zuschläge für Nacht- und Notdienste verdoppeln. Auch zusätzliche Dienstleistungen will er ihnen ermöglichen - beispielsweise Präventionsangebote, die dann auch entsprechend honoriert werden. Gleichzeitig will Spahn die Rabattmöglichkeiten der Internet-Apotheken beschneiden. Boni sollen auf 2,50 Euro je Packung begrenzt werden, und der Marktanteil der Versandapotheken soll eine Grenze von fünf Prozent nicht übersteigen - ansonsten drohen weitere Einschnitte.

Außer bei den Apothekern gibt es viel Lob für die Entscheidung, den Versandhandel weiter zuzulassen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte bereits im Vorfeld vor einem pauschalen Verbot gewarnt. "Versandapotheken ersetzen die Apotheke vor Ort nicht, sondern bieten ein zusätzliches Versorgungsangebot", erklärte vzbv-Chef Klaus Müller. Auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung bezeichnete es als gutes Signal, dass das Verbot vom Tisch sei.

Die gesundheitspolitischen Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, betonte: "Es geht nicht um eine Konkurrenz des Versandhandels mit den Apotheken, sondern um die bestmögliche Versorgung der Patienten." Kordula Schulz-Asche von den Grünen begrüßte den Kursschwenk der CDU ebenfalls: "Nachdem in verschiedenen Wahlkämpfen mit der Forderung nach einem Versandverbot noch Stimmung bei den Apothekerinnen und Apothekern gemacht wurde, nähert sich die Union nun langsam der Realität an."

Bei so viel Unterstützung könnte es mit der Umsetzung der Vorschläge jetzt schnell gehen: Bereits Ende Januar wolle er "gesetzgeberisch aktiv werden", sagte Spahn und deutete an, dass er seine Pläne an ein schon laufendes Gesetzgebungsverfahren anhängen könnte - das würde die Sache weiter beschleunigen. Offen ist nur, ob der Minister dabei auch auf die Unterstützung der deutschen Apotheker bauen kann. (dpa/rs)