Endlich Durchbruch für Videotelefonie?

Apple Facetime im Test

14.12.2010 von Moritz Jäger
Eins der Highlights der neuen Apple-Geräte ist Facetime, eine angeblich einfach zu bedienende Option für Videotelefonie. Egal ob iPod Touch, iPhone 4 oder Mac - Apple-Nutzer sollen sich damit nicht nur hören, sondern auch sehen können - ein Versprechen, an dem sich schon mehrere Hersteller abgearbeitet haben.

Zusammen mit der Präsentation des iPhone 4 hat Apple eine neue Funktion eingeführt: Apple Facetime. Dahinter verbirgt sich eine Technik, mit der sich Nutzer nicht nur hören, sondern auch sehen können. Aktuell wird Facetime von drei Geräten unterstützt: dem iPhone 4, dem aktuellen iPod Touch sowie in einer Beta-Version für den Mac.

Apple verspricht, dass Videogespräche mit Facetime besonders einfach werden sollen. Solange das jeweilige Gerät mit einem WLAN oder einem anderen Netzwerk verbunden ist, können Nutzer Gespräche ohne zusätzliche Konfiguration durchführen.

Bildergalerie: Facetime
Apple Facetime
In den Kontakten taucht neben der Facetime-Option ein Kamera-Symbol auf, wenn ein Videogespräch möglich ist.
Apple Facetime
Ein Facetime-Anruf bei den Kollegen unseres Schwestermagazins PC-Welt.
Apple Facetime
Zum Vergleich: Bei einer anderen Nummer ist Facetime nicht möglich, es fehlt das Kamera-Icon.
Apple Facetime
Man kann diese Kontakte zwar anrufen, Facetime bricht aber mit einer Fehlermeldung ab.
Apple Facetime
Facetime lässt sich in den Anruf-Einstellungen auf Wunsch an- oder abschalten.
Apple Facetime
Die Konfiguration auf dem iPhone wird automatisch per SMS durchgeführt.
Apple Facetime
Die Technik setzt eine aktive Verbindung per WLAN (oder auch Ethernet bei Macs) voraus.
Apple Facetime
Verpasste Facetime-Anrufe werden besonders gekennzeichnet.

Der Konzern aus Cupertino ist nicht das erste Unternehmen, welches sich an der Videotelefonie versucht. Videogespräche müssen in schöner Regelmäßigkeit als mögliche "Killerapplikation" herhalten, wenn Konzerne Endnutzern eine neue Technologie schmackhaft machen möchten. So tauchten etwa bereits bei der Telekom-Werbung für ISDN Geräte auf - die sich aufgrund hoher Gerätepreise und schlechte Qualität allerdings nicht durchsetzen.

Ein Revival erlebte die Videotelefonie anschließend in UMTS, auch hier blieb allerdings der prophezeite Erfolg aus. Abgesehen von professionellen Videokonferenzsystemen können lediglich Anwendungen wie Skype oder andere Instant Messenger einen Erfolg bei den Nutzern vorweisen.

Apple gelingt das Kunststück, Facetime nahtlos in die bestehende Kontaktansicht einzubinden. Unterstützt das jeweilige Gegenüber die Technik, erscheint eine kleine Kamera neben dem Button "Facetime". Drückt man darauf, startet die Applikation die Videotelefonie und baut die Verbindung zum Gegenüber auf.

Ist keine Kamera vorhanden, bricht die Verbindung mit einem entsprechenden Hinweis ab. Zudem muss das Apple-Gerät mit einem WLAN oder anderem Netzwerk verbunden sein, wenn nur UMTS vorhanden ist, dann schlägt der Anruf ebenfalls fehl.

Sowohl der iPod Touch wie auch das iPhone 4 haben zwei Kameras, sowohl auf der Vorder- wie auch der Rückseite. Im Gespräch kann man zwischen diesen problemlos umschalten. So sieht man nicht nur den jeweiligen Gesprächspartner, sondern kann auch die Umgebung übertragen.

Nicht immer kostenlos

Die Gespräche per Facetime sind grundsätzlich kostenlos - dennoch können Kosten anfallen, etwa für die WLAN-Verbindung in Hotels. Zudem wird zum Beginn eine Konfigurations-SMS an das Endgerät geschickt - teilweise werde die mehrfach verschickt. Im Ausland können so unter Umständen recht hohe Kosten auftreten.

Dies betrifft auch iPod Touch und dem Mac: Beide verfügen normalerweise nicht über eine Verbindung zu einem Mobilfunkprovider, daher muss der Nutzer die Konfiguration selbst durchführen, indem er den Dienst mit der E-Mail seiner Apple-ID (die etwa zur Anmeldung in iTunes genutzt wird) verbindet.

Fazit: Alte Technik perfektioniert

Apple bleibt der eigenen Linie treu: Der Konzern erfindet keine neuen Techniken, aber er perfektioniert Bestehende so weit, dass Anwender sie nahezu ohne Aufwand nutzen können. Facetime ist das ideale Beispiel dafür. Keine Konfiguration ist nötig, nur ein Gerät des Anbieters, und schon lassen sich die Gespräche durchführen.

Der Vorteil: Nutzer haben kaum Probleme mit der Konfiguration. Anders als etwa bei Nokia-Geräten liefert Apple alle Funktionen mit, um Videogespräche direkt zu starten. Hier bewährt sich Apples geschlossenes System, der Konzern hat alle Endpunkte voll unter seiner Kontrolle. Der Nachteil für die Nutzer dabei ist, dass sie ein passendes Endgerät benötigen. Theoretisch dürfte es zwar kein Problem sein, einen Facetime-Client für Windows zu entwickeln, die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber relativ gering.

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Der Anfang: Mit dem Telekom-Gerät wären Bildgespräche über ISDN möglich - es scheiterte an den Kosten und der Qualität.

Allerdings ist es durchaus möglich, dass Apple weiteren Mitbewerbern die entsprechenden Schnittstellen nutzen lässt. Eine solche Anwendung ist beispielsweise Tango, eine Anwendung, die bereits heute Videotelefonate zwischen Geräten mit Android oder Apple-Betriebssystem erlaubt.