Machine Learning, Augmented Reality

Apple macht iPhones fit für künftige Aufgaben

14.09.2018 von Heinrich Vaske
Apple hat geliefert wie erwartet: CEO Tim Cook und seine Kollegen stellten im "Steve Jobs Theater" des Headquarters in Cupertino drei neue iPhones vor. Die Geräte nutzen den neuen A12-Prozessor, der erstmals in einem Sieben-Nanometer-Verfahren gefertigt wird.

Die Gerüchte der letzten Wochen und Monate haben sich bestätigt: Apple präsentierte drei neue iPhone-Modelle und die Apple Watch Series 4. Damit ist das heutige iPhone X schon wieder Geschichte, es wird vom 21. September 2018 an vom iPhone XS (5,8 Zoll) oder dem größeren iPhone XS Max (6,5 Zoll) abgelöst. Als drittes Modell kommt etwas später das iPhone XR hinzu, das in sechs Farben erscheinen und preislich unter den neuen High-End-Modellen liegen wird.

Apple Watch Series 4
Foto: Apple

Apple will auch das Vorjahresmodell iPhone 8 weiter anbieten, ebenso das iPhone 7 von 2016. Beide Geräte sollen etwas billiger werden. Die jeweilige Plus-Varianten wird es aber nicht mehr geben, ebenso wenig das iPhone SE, das womöglich keinen Nachfolger mehr bekommt.

iPhone XR
Foto: Apple

Das iPhone XS (die Apple-Manager nennen es "Ten-S") ist mit OLED-Display (Auflösung 2688 x 1242 Pixel) und besonders robustem Glas auf Vorder- und Rückseite ausgestattet. Es wird in den Farben Gold, Silber und Schwarz erhältlich sein. Apple verbaut erstmals den A12-Bionic-Chip, der im Sieben-Nanometer-Prozess gefertigt wurde und den A11-Chip in iPhone X und iPhone 8 an Leistung um bis zu 50 Prozent übertreffen soll.

iPhone XS
Foto: Apple

Das Plus an Pferdestärken soll sich laut Apple-Marketier Phil Schiller besonders positiv auswirken, wenn Machine-Learning- und Augmented-Reality-Anwendungen zum Einsatz kommen. Generell seien Prozessor, Sensorik und Kamera für solche Szenarien viel besser untereinander abgestimmt worden.

Seiner Kamera hat Apple leistungsfähigere Sensoren und einen besseren Bildprozessor spendiert. Die Funktion "Smart HD" soll für gute Bildqualität bei schwierigen Lichtverhältnissen sorgen. Die Bildauflösung von sieben Megapixel auf der Vorder- und zwölf Megapixel (Dual-Kamerasystem) auf der Rückseite blieb unverändert, das Dual-Kamera-System will Apple aber noch einmal verfeinert haben. Neu ist auch, dass Videoaufnahmen nun im Stereosound aufgezeichnet werden.

Beide XS-Modelle bieten eine längere Akku-Lebensdauer: Das iPhone XS soll rund eine halbe Stunde, das iPhone XS Max zirka 90 Minuten länger laufen als das iPhone X. Die Geräte kommen laut Apple zudem besser mit Umwelteinflüssen wie Staub und Wasser zurecht und bleiben auch nach einer halben Stunde in einer Wassertiefe von zwei Metern nutzbar.

Zudem bieten die Phones eine Dual-SIM-Unterstützung, wobei Apple - unterstützt von den großen Mobilfunkern - in den meisten Märkten auf die Kombination einer festintegrierten eSIM und einer austauschbaren SIM-Karte setzt. Bei den Preisen macht der Hersteller wie gewohnt keine Kompromisse: Die Modelle XS und XS Max kosten je nach Ausstattung zwischen 1150 und 1650 Euro.

Die dritte Variante iPhone XR ist nur mit einem LCD-Display ausgerüstet - Apple spricht vom "Liquid Retina Display". Auch bei dieser 6,1 Zoll großen Variante sorgt der neue A12-Bionic-Prozessor für die nötige Power. Das Modell XR ist etwas günstiger als die XS-Geräte. Es kommt wie dereinst das iPhone 5c in sechs verschiedenen Farben daher und soll offenbar einen größeren Markt erreichen.

Dabei orientiert sich das vorab gerüchteweise als "iPhone9" gehandelte Gerät eher am iPhone X als am iPhone 8: Das Display überdeckt nahezu die gesamte Vorderseite, der Home-Button entfällt, die Frontkamera für Gesichtserkennung (Face ID) steckt in einer kleinen Aussparung am oberen Bildschirmrand.

Das Gerät wird mit einem Alu-Rahmen und eine Glasrückseite geliefert. Es enthält wie die XS-Modelle das verbesserte Kamera-System "TrueDepth" für mehr Tiefenschärfe. Der Akku soll rund 90 Minuten länger halten als das des iPlus 8 Plus. Das iPhone XR kommt Ende Oktober in die Läden und kostet zwischen 850 und 1020 Euro.

Viel Aufmerksamkeit widmete Apple auch der neuen Apple Watch Series 4, deren Display um 30 Prozent größer geworden ist. Anwender sollen Photos, Maps, Kalender und auch Apps am Handgelenk besser erkennen können. Für die smarte Uhr gibt es jede Menge Detailverbesserungen und Gimmicks, interessant sind aber vor allem die Funktionen für die Überwachung der Gesundheit. Die Watch kann nicht nur den Herzrhythmus messen, sondern auch ein EKG erstellen und die entsprechenden Daten für den Arzt aufbereiten, so dass eine Realtime-Überwachung möglich wird.

Die Uhr ist von der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA als Medizingerät freigegeben, doch die Funktionen sollen in den USA erst spät in diesem Jahr zur Verfügung stehen. Wann es in anderen Ländern so weit ist, hängt von den jeweiligen Zulassungen der örtlichen Gesundheitsbehörden ab. Die Daten sind auf dem Gerät verschlüsselt, der Anwender kann bestimmen, wer sie zu sehen bekommt. Die Akkulaufzeit liegt für den Hausgebrauch bei 18 Stunden, für Outdoor-Aktivitäten bei sechs Stunden.

Die neue Watch wird in den Farben Silber, Gold, Space Gray und Stainless Gold sowie als Sondermodell Nike Sports verfügbar sein. Ohne Mobilfunk-Modul kostet sie 429 Euro, mit eSIM 529 Euro. Den Preis für die Apple Watch Series 3 hat das Unternehmen auf 279 Euro gesenkt.

A12 Bionic: Details zum neuen Chip (Von MacWelt.de-Autor André Martin)

Der A12 Bionic ist nicht der allererste Chip, der im Sieben-Nanometer-Verfahren gefertigt wird: Der chinesische Hersteller Huawei hatte bereits zur IFA 2018 den Kirin 980 vorgestellt, der vom Auftragsfertiger TSMC im selben Verfahren produziert wird. Der A12 könnte aber der erste Chip dieser Größe sein, der in einem fertigen Produkt für Kunden erhältlich ist. Die iPhone-Modelle XS und XS Max sollen ja bereits am 21. September 2018 lieferbar sein, das Huawei Mate 20 aber erst Mitte Oktober.

Es ist davon auszugehen, dass der A12 Bionic ebenfalls bei TSMC vom Band läuft. Abgesehen vom Fertigungsverfahren hat der A12 aber nur wenig mit dem Kirin 980 gemeinsam. Mit 6,9 Milliarden Transistoren enthält er zwar genauso viele Bauelemente wie der Kirin, aber die Verteilung ist komplett anders.

Apple lässt sechs CPU-Kerne synchron arbeiten, davon sind zwei als so genannte Performance-Kerne im Einsatz, um im Ernstfall möglichst viele Rechenleistung beizusteuern. Sie sollen um rund 15 Prozent schneller sein, als beim A11 Bionic. Apple spricht bei den anderen vieren von „Effizienz-Kernen“, die Hintergrundaufgaben übernehmen. Sie sollen so wenig Strom wie möglich verbrauchen.

Der Grafikprozessor wurde ebenfalls verbessert: Statt drei enthält er nun vier Kerne. Angeblich bringt er im Vergleich zum A11 rund 50 Prozent mehr Leistung. Den größten Performance-Sprung legt aber wohl die sogenannte Neural Engine hin. Sie setzt jetzt acht statt zwei Kerne ein und soll sage und schreibe fünf Billionen, also 5000 Milliarden, Operationen pro Sekunde schaffen. Die Neural Engine wird vom sogenannten Core ML (ML = Machine Learning) in iOS benutzt. Funktionen wie Mustererkennung in Fotos und Bewegtbild sind auf ein schnelles Core ML angewiesen. Die Neural Engine im A12 Bionic ist laut Apple neun Mal schneller als im A11. Sie sei in der Lage, in Echtzeit Personen und deren Bewegung im 3D-Raum zu erfassen und zu analysieren.

Auch der Bildsignalprozessor ist im A12 Bionic integriert und wurde verbessert. Er ist für die Tiefenerkennung in Fotos zuständig und soll für einen größeren Dynamikbereich sorgen. Wie immer sagt Apple nichts zu Details wie Taktfrequenzen. Der A12 Bionic soll zwar in den Modellen XS, XS Max und XR eingesetzt werden, doch die Geschwindigkeiten könnten unterschiedlich sein, wenn Apple den Chip beispielsweise im iPhone XR mit niedriger Taktfrequenz fährt. Das wird letztlich erst ein Praxistest enthüllen.