Strategien gegen den IT-Fachkräftemangel (Folge 7)

Audi-CIO Straub: "Stimmt die Entwicklung, stimmt auch das Geld"

25.11.2008 von Thomas Pelkmann
Gibt man neuen Mitarbeitern Zeit, sich zu entwickeln, dann finde man auch geeignete Kandidaten aus dem mittleren und unteren Bereich. Das Recruiting im Topmanagement gestaltet sich dagegen schwieriger. Dafür hat Audi Projektleiter-, Fachkräfte- und Führungslaufbahnen geschaffen.
Klaus Straub, CIO beim Automobilhersteller Audi in Ingolstadt.

CIO: Wie viele Leute suchen Sie momentan für die IT?

Straub: Wir haben in Deutschland rund 600 Beschäftigte, und übers Jahr betrachtet suchen wir zwischen 20 und 40 neue Mitarbeiter - Führungskräfte wie auch tarifliche Kollegen. Wir suchen Einsteiger, Hochschulabsolventen, aber auch Leute mit mehrjähriger Berufserfahrung.

CIO: Fällt es Ihnen leicht, geeignete Bewerber zu finden?

Straub: Das hängt immer damit zusammen, welchen Anspruch man an die Bewerber stellt: Wie vollständig muss jemand sein, der bei uns anfangen möchte? Oder wie viel sind wir bereit, in den Bewerber zu investieren, damit er sich weiterentwickelt. Wenn ich einem Stellenanwärter Zeit gebe sich zu entwickeln, dann gibt es schon Möglichkeiten, geeignete Kandidaten im unteren und mittleren Bereich zu finden. Und wir sind deshalb bereit zu investieren, weil uns ein explizites Interesse treibt, Leute zwischen 25 und 30 Jahren einzustellen. Die fehlen uns in unserer bisherigen Alterspyramide ein wenig.

Schwieriger ist das Recruiting aber im Topmanagementbereich: Da sollten die Bewerber natürlich fertig ausgebildet sein und kulturell, fachlich sowie führungsmäßig zu uns passen. Und solche Leute gibt es erfahrungsgemäß selten am Markt. Was uns dabei hilft, ist der hervorragende Ruf von Audi als Arbeitsgeber. So sind wir zum Beispiel nach einer Studie des Instituts Trendence unter Ingenieuren der beliebteste Arbeitgeber in Deutschland.

CIO: Suchen Sie eher Kandidaten mit speziellen oder solche mit allgemeinen Fähigkeiten?

Straub: Für alle Bewerber gilt: Sie müssen sich in unserem Unternehmen und in unserer Kultur zurechtfinden. Wir arbeiten sehr leistungsorientiert, legen auch selbst Hand an und lassen nicht nur arbeiten. Und das müssen die neuen Mitarbeiter auch wollen, sonst werden wir nicht glücklich mit ihnen und umgekehrt sie nicht mit uns.

CIO: Wie finden Sie die besten Bewerber?

Straub: Wir beteiligen uns an Bonding-Events und an IT-Messen wie der CeBIT. Da stellen wir dann einen Audi R8 hin, und schon gibt es genügend interessierte junge Menschen. Aber im Ernst: Wir bieten verschiedene Einstiegsmöglichkeiten für IT-affine Bewerber: Ausbildungen ab Mittlerer Reife an, Berufsakademieprogramme, die direkt nach dem Abi anfangen und spezielle Weiterbildungen für Hoch- und Fachhochschulabsolventen.

Im Führungskräftebereich oder für Leute mit Berufserfahrung arbeiten wir sehr intensiv in Netzwerken. Die IT-Branche in Deutschland ist eng vernetzt, und so sind solche Kontakte tatsächlich erfolgsversprechend. Und natürlich setzen wir für Topkräfte auch Headhunter ein.

CIO: Welche Schwerpunkte setzen Sie für Bewerber?

Straub: Kernthema ist und bleibt bei uns die Ausbildung. Als internationales Unternehmen bieten wir ausländischen Arbeitskräften immer die Möglichkeit, für Audi zu arbeiten. Allerdings wird bei uns niemand arbeiten können, der die deutsche Sprache nicht beherrscht. Er muss das nicht perfekt können - ich als Schwabe kann ja auch kein Hochdeutsch - aber unsere Konzernsprache ist nun mal deutsch.

Frauen hätte ich gerne mehr, vor allem im Führungskräftebereich. Es ist für uns wichtig Bewerber zu finden, die zur Kultur von Audi passen und die die fachlichen Voraussetzungen mitbringen. Die so genannten Softskills spielen zunehmend eine Rolle. Die fachliche Kompetenz ist die Pflicht, die Sozialkompetenz die Kür, die das Profil abrundet.

Auch auf Loyalität zum Unternehmen legen wir Wert: Unsere Bewerber sollten auf jeden Fall eine Neigung zu einem Automobilunternehmen haben und zu einem Unternehmen, dass sportlich progressiv
dynamisch ist.

CIO: Welche Rolle spielt das Geld?

Straub: Geld hilft uns dabei, Stellen kreativ zu gestalten. Im Führungskräftebereich haben wir beispielsweise drei Wege: Projektleiterlaufbahn, Fachkräftelaufbahn und Führungslaufbahn, die gleichberechtigt nebeneinander stehen. Da gibt es dann schon Möglichkeiten, neben anderen Argumenten für Audi auch das Gehalt in die Waagschale zu werfen. Aber natürlich hat das seine Grenzen dort, wo einzelne Kollegen aus dem Raster fallen würden.

Allerdings würde ich nie ausschließlich mit guten Gehältern werben: Wenn jemand zu uns kommt, weil es hier ein paar Euro mehr gibt, dann will ich ihn gar nicht. Da muss schon Herzblut für unsere Marke und Automobile dabei sein. Und die Frage muss sein: Wie kann ich mich beruflich entwickeln? Denn wenn sich meine Stelle entwickelt, dann stimmt auch das Gehalt. Umgekehrt erreiche ich Ziele im Job nicht deshalb, weil mein Chef zehn Euro draufgelegt hat.

Bisher erschienen in der Serie "Strategien gegen den IT-Fachkräftemangel":

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