Gegensätzliche Wahrnehmung

Bank und Kunde - ein Missverständnis

11.07.2011 von Christiane Pütter
Bank-Manager nehmen die Wünsche ihrer Kunden laut Studie von Ernst & Young falsch wahr. Sie halten den Service für exzellent - Nutzer sehen das zum Teil anders.

Die eine Bank "leistet aus Leidenschaft", die andere kümmert sich "um die Details" im Leben ihrer Kunden - per Reklame versuchen Banken, sich als vertrauenswürdige Dienstleister zu positionieren. Tatsächlich aber schätzen sie ihr Verhältnis zu den Kunden falsch ein. Das behauptet jedenfalls der US-amerikanische Berater Ernst & Young in der Analyse "A new era of customer expectation".

Bei vielen europäischen Bankkunden schwindet das Vertrauen, wie eine Studie von Ernst & Young belegt.
Foto: Ernst & Young

Schwacher Trost: Nicht nur deutsche Geldinstitute, sondern auch deren Kollegen in Europa schneiden in der Befragung von mehr als 10.000 Bankkunden schlecht ab. Diese Antworten wurden mit denen von 215 Bank-Managern verglichen.

Demnach erklären 61 Prozent der deutschen Verbraucher, ihr Vertrauen zu Banken insgesamt sei in den vergangenen zwölf Monaten gesunken. Damit liegen sie über dem europaweiten Durchschnitt von 50 Prozent. Noch misstrauischer zeigen sich nur die Briten mit 63 Prozent. Ganz anders die Spanier: Unter ihnen geben nur 35 Prozent an, ihr Vertrauen habe binnen Jahresfrist abgenommen.

Dazu ein interessantes Detail: Fast jeder zweite europäische Bankkunde (46 Prozent) empört sich über Boni, die Banker kassieren. Allerdings begreift nur jeder vierte Bank-Manager (25 Prozent), dass dieser Punkt ein Aufreger ist. Leider weist Ernst & Young hier keine länderspezifischen Daten aus.

Noch eine Gesamtzahl: 44 Prozent der europäischen Verbraucher kritisieren, die Bank widme ihnen "wenig bis keine" Aufmerksamkeit. Gleichzeitig erklären 80 Prozent der Banker, ihr persönlicher Kundenservice sei "gut bis exzellent".

Die Zufriedenheit/Unzufriedenheit europäischer Bankkunden laut Ernst & Young.
Foto: Ernst & Young

Zurück zu den einzelnen Ländern: Ernst & Young hat die Bankkunden gefragt, was ihnen bei ihrer Bank besonders wichtig ist. Auch hier gehen die Einschätzungen teils deutlich auseinander.

So legen Deutsche Wert auf die Benutzerfreundlichkeit verschiedener (virtueller) Vertriebskanäle. Dazu gehört nicht nur einfache Bedienbarkeit, sondern auch personalisierte Ansprache. Auf einer Skala von Eins (unwichtig) bis fünf (wichtig) ordnen sie diesen Punkt zwischen vier und fünf ein. Deutsche Banker glauben dagegen, ihre Kunden gäben diesem Thema einen Wert zwischen zwei und drei.

Auch Niederländer, Franzosen und Belgier ordnen Benutzerfreundlichkeit und personalisierte Ansprache hoch ein. Für Italiener und Skandinavier dagegen rangiert das eher unter "ferner liefen". Im Blick auf die europäischen Gesamtzahlen bleibt es dabei, dass Bank-Manager diese Faktoren deutlich zu niedrig werten.

Deutsche sind unzufrieden mit Geldautomaten und Call Centern

Wenig zufrieden sind die Verbraucher in Deutschland mit Geldautomaten und Call Centern. Die Automaten erhalten von hundert möglichen Punkten noch nicht einmal 30, Call Center liegen bei etwa 40 Punkten. Allerdings will nur gut jeder fünfte Bank-Manager in den kommenden zwei Jahren in Geldautomaten investieren - und in Call Center fast keiner.

Bessere Noten geben die Bankkunden dem Internet und den Filialen. Das Internet erreicht eine Zustimmungsrate von mehr als 80 Punkten, die Filialen kommen auf mehr als 70. Am Mobile Banking scheiden sich die deutschen Geister: der Kanal wird mit 50 von 100 Punkten bewertet.

Banken investieren in mobile Dienste

Immerhin will auch jeder zweite Bank-Manager in Mobile Banking investieren. Auch die Filialen (70 Prozent) und das Internet (60 Prozent) stehen auf der Investitionsliste.

In einem Punkt sind sich Kunden wie Führungskräfte einig: Die wichtigste vertrauensbildende Maßnahme ist der gute Ruf einer Bank. Zu diesem trägt vor allem die persönliche Beziehung zwischen Berater und Kunde bei.