IT-Strategietage 2017

Bayer CIO: Mit IT die Welt ernähren und gesund machen

16.02.2017 von Johannes Klostermeier
Die Bayer AG gibt vier Milliarden Dollar im Jahr für Forschung und Entwicklung aus. Die IT hilft dabei, neue Ideen und Innovationen voranzubringen, um die Welt besser zu machen - und damit Geld zu verdienen, sagt Bayer-CIO Daniel Hartert.
Bayer CIO Daniel Hartert auf den Hamburger IT-Strategietagen.
Foto: Foto Vogt

Daniel Hartert, CIO der Bayer AG, hat auf den Imagefilm über sein Unternehmen verzichtet. Dafür hat er sehr viele Zahlen über die Entwicklung der Welt im Gepäck, Harterts großes Thema lautet "Science for a better Life". Gesundheit und Ernährung, dazu forscht Bayer. Hartert fragt: "Wie kann die Digitalisierung dazu beitragen, die Probleme der Menschheit zu lösen? Und welchen Beitrag leistet die IT bei Bayer dazu?"

Nicht mehr die Nummer 1 beim Marketcap, aber die Nummer 1 als Arbeitgeber. Die meisten sind bei Bayer in der Forschung tätig. Vier Milliarden Dollar gibt Bayer im Jahr dafür aus, die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze zu verbessern. Bayer ist nun ein reines Life-Sciences-Unternehmen mit 35 Milliarden Dollar Umsatz und etwa 100.000 Mitarbeiter. Es gibt eine zentrale IT-Organisation und einen Sourcing-Mix aus 43 Prozent intern und 57 Prozent extern sowie 700 connected Sites.

Ackerland geht zurück

Worum kümmert sich nun Bayer und damit auch CIO Daniel Hartert: Das Ackerland geht zurück. "Wir bekommen das hier gar nicht so mit, aber in Asien und Afrika ist das ein enormes Problem." Das Bevölkerungswachstum ist enorm, in 90 Jahren wird sich die Zahl der Menschen verdreifacht haben. Wie kann man dieses Menschen ernähren, was bedeutet das für die Gesundheit?

Dazu kommt: Die Lebenserwartung wächst, betrug sie 1950 noch 48 Jahre im Weltdurchschnitt, so steigt sie bis 2050 auf 77 Jahre. Und die Menschen verbrauchen immer mehr Kalorien pro Kopf. Der Wasserverbrauch steigt. Chronische Krankheiten nehmen zu.

Digitales Networking in der Landwirtschaft

Harterts Lösung sind Innovationen und IT, AR, Sensoren, Machine Learning, Connected People, Self-Tracking. "Da spielt auch Bayer eine große Rolle." Ein Beispiel: Digitales Networking in der Landwirtschaft. Es werde intelligente Silos und Farm-Roboter geben. Per Satellit mache man Aufnahmen der Ackerflächen und erkundet, wie das Biomassen-Wachstum aussieht.

Hartert: "Dem Bauern kann man dann helfen, die Daten auf seinem Traktor herunterzuladen. Der Traktor fährt GPS-gesteuert durch die Fläche und sprüht Insektizide und Düngemittel, die die Flächen optimal bedienen. Das bringt wesentlich mehr Ertrag und ist auch umweltfreundlicher", sagt er. Alles ist datengesteuert. "Wir bei Bayer können dann nicht nur Wirkstoffe verkaufen, sondern sind auch für ein einwandfrei funktionierendes Feld verantwortlich."

Nächstes Beispiel ist die Gesundheit: Ein Medikament brauche bis zu 12 Jahre Entwicklungszeit. Bayer habe aber oft nur sechs Jahre Zeit, das investierte Geld von bis zu 2,5 Milliarden Dollar wieder hereinzuholen. "Deshalb muss der RD-Prozess besser werden, um die richtige Substanz schneller zu finden." Dabei helfe Bio-Informatics, und auch, dass sie nicht immer an Menschen erprobt werden müsse.

Krankheiten ganz ausrotten

"Bei den Test kann man mit Sensoren und Implantaten schneller erkennen, wie das Medikament wirkt. Das ist die neue Welt", sagt Hartert. Vielleicht könne man Krankheiten auch ganz ausrotten. Durch Self-Care könne Bayer präventiv den Menschen dabei helfen, gesund zu bleiben. Viele Menschen nutzten ja heute schon Apps und Tracker, mit denen sie über ihre Gesundheit informiert und motiviert werden, etwas für sich zu tun.

Bei Multipler Sklerose helfe Bayer mit einem Gerät, das Betaferon, spritzen kann. "Es ist eben nicht nur ein Medikament, sondern ein ganzes System", sagt Hartert. Im Bereich Consumer Health habe Bayer über 5000 Kioske bei Walmart und anderen aufgestellt. "Dort kann man Einlagen und Bandagen bestellen. Sensoren messen das Gewicht und die Fußform und ermitteln die geeignetsten Hilfen."

Das Publikum war an Daniel Harterts Vortrag sehr interessiert.
Foto: Foto Vogt

Welche Rolle spielt Bayer dabei? Hartert: "Wir skizzieren die Zukunft und bauen ein neues Ökosystem", sagt Hartert. Man wolle ein Total Health Care Provider werden. IT- und Business Leadership müssten zusammengehen.

Es sei "die Gelegenheit" für die IT, involviert zu werden, sagt Hartert. Die Reputation der IT in Bezug auf Innovation sei dabei entscheidend. Über eine Plattform könnten Mitarbeiter schon heute ihre Vorschläge machen. Insgesamt 354 Ideen gab es zuletzt. Mit einem IT Innovation Award werden die besten Ideen ausgezeichnet. "Daraus entstehen neue Projekte, um digitaler zu werden". Bei dem Projekt "Experimentation with unknown" entwickeln je fünf Mitarbeiter in fünf Wochen Start-up-mäßig neue Projekte. "Failing is a option, solange man daraus lernt." "Grants4Apps" ist Crowd-Sourcing, ein Brutkasten für Start-ups, ein Coworking-Space und ein Meetup-Programm.

Im "Bayer-Cloud-Programm" (BCP) sind verschiedene Themen und Ressorts zusammengefasst. "Wir sind zwar nicht der 1st-Cloud-Mover", sagte Hartert. "Wir haben aber selbst gar nicht die Rechenkapazitäten, die wir brauchen. Viele Dinge, die wir bei Bayer tun, laufen heute in der Cloud, und innovative Cloud Software gibt es gar nicht mehr on premise", so der Bayer-CIO. Harterts Schluss-Satz: "Innovate like a Start-up, deliver like an enterprise."

Hamburger IT-Strategietage Umfrage "It's all about speed"
"It's all about speed"
Für die Hamburger IT-Strategietage 2017 hat das CIO-Magazin Manager gefragt, was sie über das Motto "It's all about speed" denken. Was steht in Sachen digitale Transformation ganz oben auf der Agenda?
Ralf Gernhold, Miles & More
Der CIO von Miles & More, Ralf Gernhold, stellt eine Gegenthese auf: "Digital Transformation: It’s all about Speed? It’s all about Culture!"
Roger Kehl, Festo
Festo-CIO Roger Kehl nennt zwei Stichworte: "Erstens Cloud first – Umbau der bestehenden IT-Landschaft in eine hoch skalierbare, flexible und schnelle IT-Infrastruktur. Und zweitens Big Data & Analytics Plattformen für real time Datenanalyse, Machine Learning et cetera – wichtig für Produktion oder unsere eigenen Produkte (IoT) und die neuen Geschäftsmodelle."
Martin Niemer, VMware
Martin Niemer, Europa-Marketingleiter bei VMware, erklärt: "In einer Studie, die letztes Jahr veröffentlicht wurde, gaben fast die Hälfte der knapp 4.000 weltweit befragten Entscheider an, dass sie nicht sagen könnten, wie es um ihr Business in drei Jahren aussieht. Um den schnellen Veränderungen begegnen zu können, gilt es, die IT sowohl auf der technischen wie organisatorischen Seite dafür vorzubereiten, so dass sie auf die sich schnell verändernden Anforderungen reagieren kann."
Martin Wibbe, Atos
Senior Vice President & COO bei Atos Martin Wibbe sagt: „Mit unseren Kunden entwickeln wir gemeinsam neue Umsatzmöglichkeiten durch neue Geschäftsideen, ermöglicht durch neuste Technologie! Wir unterstützenmit unserem Netzwerk und unseren Erfahrungen und Methoden! Wichtig ist zu sehen wo die Digitale Transformation am ehesten Werte schafft für die Unternehmen, sowohl kurzfristig als auch mittelfristig. Dabei gibt es keinen Standard! Es braucht nur Mut! “
Matthias Spott, Kaskilo
CEO der Kaskilo AG ist Matthias Spott. Für ihn heißt Speed, "schnellstmöglich die Raumfahrt nicht mehr nur als Selbstzweck, sondern als Enabler für die Digitalisierung all unserer Industrien zu positionieren. Früher war Raumfahrt zumeist staatlich getrieben, teuer und langwierig. Heute wird Raumfahrt zunehmend kosteneffiziente, zielgerichtete und leistungsfähige Infrastrukturen bereitstellen, die wir für alle Arten von Anwendungen und Dienstleistungen nutzen werden."
Daniel Hartert, Bayer
Bayer-CIO Daniel Hartert bringt es schnell auf den Punkt: "It’s all about value creation for the consumer / customer."
Jochen Fauser, Deloitte
Jochen Fauser, Partner Technology Strategy & Architecture bei Deloitte, sagt: "Für eine erfolgreiche digitale Transformation muss schnellstmöglich die Integration von Kernsystemen vorangetrieben werden, um dem Kunden tiefgehend nutzenbringende Funktionalitäten zur Verfügung zu stellen – und nicht nur auf grafisches Begeisterungsmoment zu setzen."
Matthias Frühauf, Veeam
Matthias Frühauf ist Regional Presales Manager CEMEA bei Veeam Software. Er sagt: "Im Rahmen der digitalen Transformation werden immer mehr Businessmodelle durch Servicedienstleistungen ergänzt oder abgelöst. Die Fehlertoleranz auf Seiten der Kunden – oder besser gesagt: User – ist gleich Null: Services müssen 24x7 zur Verfügung stehen… und das 365 Tage im Jahr. Ein gut strukturiertes Hochverfügbarkeitskonzept mit minimalen Ausfallzeiten ist deshalb essentiell für den Erfolg."
Michael Hilzinger, Klöckner
Auf der Agenda von Michael Hilzinger, Managing Director bei Klöckner, stehen vier Punkte: "Erstens Bau einer skalierbaren Plattform für digitales Geschäft, zweitens insbesondere Digitalisierung der Kommunikationskanäle und des Datenflusses Richtung Kunden und auch Richtung Supplier sowie drittens vertikale, digitale Tiefenintegration mit Systeme von Kunden und viertens Öffnung der Plattform für Dritte."
Heiko Packwitz, Lufthansa Industry Solutions
Heiko Packwitz, Chief Marketing & Communications Officer bei Lufthansa Industry Solutions, sagt: "Unsere Aufgabe ist es an allererster Stelle, unsere Kunden in die Lage zu versetzen, mit dem rasanten Tempo des Wandels umzugehen. Dabei müssen unsere Berater die richtigen Technologien und Methoden der digitalen Transformation zum passenden Zeitpunkt sicher beherrschen. Labs und eine strategische Entwicklung der Mitarbeiterkompetenzen sind hier wichtige Maßnahmen."
Burkhard Kaufmann, Bitmarck
Bitmarck-Geschäftsführer Burkhard Kaufmann sagt: "Auf der Prioritätenliste ganz oben steht die Ausrichtung der Organisation und des Mindsets der Mitarbeiter. Ohne das Verständnis für die Notwendigkeit der massiven Veränderungen und die Bereitschaft sich auf diese einzulassen und diese aktiv zu gestalten, wird keine digitale Transformation gelingen."
Lumir Boureanu, Eurodata
Für Lumir Boureanu, Geschäftsführer von Eurodata, bedeutet Speed: "Weg zum Nischendenken, hin zur Vernetzung! Eigene Kompetenzen in digital Value umsetzen."
Oliver Blüher, Dropbox
Oliver Blüher, Country Manager DACH & Nordics bei Dropbox, sagt: "Der Mitarbeiter – in dem ganzen Hype um Plattformen, verbundene Geräte, selbststeuernde Fahrzeuge und Geräte wird der Mensch gerne vergessen. Es wird eine gewaltige Herausforderung sein, den Menschen auf diesem Weg des Wandels mitzunehmen."
Thomas Fischer, All for one Steeb
Thomas Fischer, Digital Strategist und Managing Director bei All for one Steeb, erklärt: "Frei nach Bill Clinton: It’s the unternehmenskultur, stupid! Ob man es Speed, Agilität oder Innovationsfähigkeit nennt – Sie werden hier nichts wirklich bewegen, wenn Ihr Unternehmen von starrer Hierarchie und Sicherheitsfokussierung bestimmt wird."