IT-Projekte dezentral planen

Benchmark Multiprojekt-Management

23.02.2010 von Thomas Pelkmann
Projekten und Multiprojektmanagement wird in Zukunft eine noch größere Bedeutung zukommen. Dabei wächst zugleich die Fähigkeit, mehrere Projekte gleichzeitig abzuwickeln. Und: Je mehr Projektleitungen und -teams in die strategischen Unternehmensziele eingebunden sind, desto größer ist die Erfolgsquote. Das sind Ergebnisse aus der 4. Multiprojektmanagement-Benchmarking-Studie der TU Berlin.
Die Anforderungen an Projektteams steigen: Sie müssen schneller auf neue Trends reagieren und immer mehr Projekte gleichzeitig managen.
Foto: MEV Verlag

Wenn Unternehmen gefordert sind, auf neue Marktsituationen, Kundenbedürfnisse oder Technologien zu reagieren, tun sie das in der Regel in Projekten. Die Tatsache, dass Unternehmen immer häufiger und schneller auf solche veränderten Bedingungen reagieren müssen, führt schnell zum Multiprojektmanagements (MPM). Dabei werden mehrere bis viele, mitunter voneinander unabhängige Einzelprojekte quer durch verschiedene Unternehmensbereiche und mit unterschiedlichen Interdependenzen abgewickelt.

Nicht nur die Anforderung an Projektteams und -mitarbeiter nehmen zu; es wächst zudem die Fähigkeiten in den Unternehmen, auf diese Anforderungen zu reagieren. Das ist ein Ergebnis der 4. Multiprojektmanagement-Benchmarking-Studie der TU Berlin aus dem Jahr 2009. Für die Studie hat der Lehrstuhl für Technologie- und Innovationsmanagement 201 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und Hierarchien befragt. Im Fokus standen dabei besonders Projekte aus den Bereichen Forschung und Entwicklung (F&E) und IT.

Am längsten dauern dem Abschlussbericht des Benchmarks zufolge Projekte aus dem Bereich F&E, während IT-Projekte sehr viel schneller durchgeführt werden. Auch die Zahl der mit einem Projekt beschäftigten Mitarbeiter ist in der Forschungsabteilung am höchsten und bei der IT am geringsten. Da ist es dann kein Wunder, dass IT-Projekte schließlich auch weniger Budget verschlingen, als die Entwicklungsvorhaben der Unternehmen.

In etwa gleiche Werte haben beide Bereiche bei der Messung des Interdependenzgrads: F&E 4,9 Punkte, IT 4,7 Punkte auf einer 6er-Skala. Gemeinsam genutzt werden dabei vor allem Projektmitarbeiter. Mögliche Engpässe an dieser Stelle ergeben sich noch eher, wenn es sich dabei um spezialisierte Mitarbeiter handelt, die verschiedene Projekt-Teams unter sich aufteilen müssen. Inhaltliche Überschneidungen sind dagegen eher selten, wenngleich vorhanden. So ist die inhaltliche Abhängigkeit des einen von einem anderen Projekt ebenso eher schwach ausgeprägt, wie die sequentielle, bei der ein Projekt erst fortgeführt werden kann, wenn ein anderes beendet wurde. Offenbar muss das Multiprojektmanagement im Unternehmen vor allem voneinander unabhängige Projekte steuern.

Jeweils qualifizierte Mehrheiten in der Größenordnung von zwei Drittel der Befragten sind überzeugt davon, dass sowohl die Bedeutung von Projekten (63 Prozent), als auch die von Multiprojekten (71 Prozent) zunehmen wird. Interessant dabei ist, dass dem Linien-Management von den Befragten dabei ein größerer Anteil am Projekterfolg zugemessen wird, als den Multiprojekt-Koordinatoren selber. Dem Linienmanagement kommt zum Beispiel eine Schlüsselposition bei der Umsetzung der mit Projekten verbundenen Strategien zu, während sich der Koordinator naturgemäß eher um die Steuerung des Projekt-Portfolios kümmern muss.

Unbestritten ist auch der Wert von MPM: Während nur eine Minderheit das Multiprojektmanagement in Zeiten der Krise infrage stellt, sind große Mehrheiten davon überzeugt, dass MPM hilft, "in der Krisenzeit auf die ‚richtigen’ Projekte zu fokussieren" oder "unser Projektportfolio erfolgreich durch die Krise zu steuern". Dennoch spüren die Befragten die Auswirkungen der Krise: Fast die Hälfte ist überzeugt, dass sie eine Neuausrichtung des Portfolios erforderlich macht, mehr als 50 Prozent gibt an, dass in schweren Zeiten die Ausgaben für Projekte reduziert werden müssten. Fast 60 Prozent sehen zudem die Auswirkungen der Krise auf das Projektmanagement im Allgemeinen als ziemlich stark an.

Dabei sind nach Überzeugung der Befragten IT-Projekte durch Neuausrichtungen des Portfolios und reduzierte Budgets stärker von der Krise betroffen als F&E-Vorhaben. Dem Optimismus schadet das nicht: Zumindest die meisten befragten Entscheider geben an, dass sie an "zukunftsweisenden Projekten" wie ursprünglich geplant festhalten.

Der durchschnittliche "Multiprojektmanagement Performance Index" (MPI) liegt der Untersuchung zufolge bei 4,6 von 6 Punkten und verbesserte sich damit im Vergleich zur früheren Studie um rund fünf Prozent. Für den Index fragte die TU Berlin nach der Qualität des Multiprojektmanagements und nach dem Erfolg des Projektportfolios. Entscheidend für die Qualität sind demnach die Güte der Information, der Allokation und der Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens. Für den Erfolg wiederum stehen die Kriterien Termin- ("in time") und Budgettreue ("in budget").

Strategisch aufgehängte Projekte sind durch die Bank erfolgreicher

Die Forscher der Technischen Universität haben sich in der Studie auch mit den Erfolgsfaktoren des Multiprojektmanagements beschäftigt. Besonderes Gewicht fällt dabei auf die strategische Ebene. Je klarer die Langfrist-Strategie ist, die hinter einzelnen Projekten steckt, und je besser sie kommuniziert wird, desto wahrscheinlicher ist der Erfolg. Gute Chancen hat dabei auch, wer bei seinen Strategien auf Nachhaltigkeit setzt; so geben die Top-Performer zum Beispiel an, dass ihre Unternehmensstrategie "selten Veränderungen" unterliege. "Langfristigkeit" und "lange Traditionen" sorgen vielmehr bei den Besserabschneidenden für den größeren Erfolg.

Vom Erfolg eher verwöhnt sind auch jene, die systematisch ihr Umfeld nach möglichen Wettbewerbsvorteilen absuchen und den Einsatz neuer Technologien im Unternehmen ebenso systematisch erproben.

Von der Nachhaltigkeit am wenigsten getragen werden wiederum die IT-Projekte - was an den immer kürzer werdenden Innovationszyklen liegen mag: Hier sind strategische Vorhaben im Schnitt auf 3,8 Jahre angelegt, während F&E-Projekte eine Planungsdauer von 4,5 Jahren aufweisen.

Dezentrale Planung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor

Eine größere Aussicht auf Erfolg hat auch, wer seine Projekte dezentral plant: "Wir versuchen im Rahmen der strategischen Planung möglichst viel Kompetenz an diejenigen zu delegieren, die für die Umsetzung verantwortlich sind", heißt es dazu repräsentativ aus den Reihen der Top-Performer. Und: Wer systematisch auf gute Ideen setzt, fährt ebenfalls besser. Dazu zählen die Analyse von Megatrends etwa aus Gesellschaft und Politik, die Identifikation strategischer Lücken (Gap-Analyse), die Definition strategischer Suchfelder sowie kontinuierliches Technologie-Scouting.

Eigentlich machen die Top-Performer alles richtiger als die "Low-ies", so ein - allerdings naheliegendes - Ergebnis der Benchmark. So funktioniert in der Spitze zum Beispiel die Priorisierung unter Einbeziehung aller beteiligten Abteilungen ebenso besser, wie die Abstimmung der Projekte mit den strategischen Zielen oder die Projektbewertung.

Bei der Bewertung des Projekterfolgs dominieren vor allem finanzielle Kriterien, wie der Report feststellt. Strategische Kriterien spielen bei den Top-Performern eine fast ebenso große Rolle, während das bei den Low-Performern deutlich nachlässt. Eine Risikobewertung des Projekterfolgs findet in beiden Gruppen eher selten statt. Während bei den finanziellen Kriterien der Return on Investment (ROI) eine überragende Rolle spielt, steht bei den strategischen Kriterien die Konformität mit den langfristigen Unternehmenszielen an oberster Stelle.

Der Lehrstuhl für Technologie- und Innovationsmanagement der Technischen Universität Berlin hat eine eigene Webseite zum Thema Multiprojektmanagement eingerichtet. Hier finden Sie Informationen zur Benchmark sowie weiterführende Links zum Thema.