Die wöchentliche CIO-Kolumne

Beraterhonorare: die Situation ausnutzen

26.11.2001 von Heinrich Seeger
IT-Dienstleister zeigen sich zunehmend verhandlungsbereit bei Honoraren für Beratungs- oder Outsourcing-Aufträge. Discounts von bis zu 30 Prozent sind drin für CIOs, die verhandeln können. Zwar beschwört die Branche die "partnerschaftlichen Beziehungen" zwischen Consultants und ihren Klienten, weshalb die bislang üblichen Beraterhonorare auch weiterhin bitteschön akzeptiert werden sollten. Diesem frommen Appell dürften, in Zeiten knapper Kassen, jedoch nicht allzu viele IT-Budget-Verantwortliche folgen.

Sprichworte stimmen oft nicht; mitunter ist alles anders: Nicht die langsamen Letzten beißt heute der Hund. Vielmehr scheint es diejenigen zu erwischen, die üblicherweise bei der Modernisierung von Technologien und Prozessen ganz weit vorn sind: die IT-Dienstleister.

Berater und Outsourcer zeigen sich zunehmend verhandlungsbereit, was Discounts auf ihre meist enorm sportlichen Tagessätze angeht. Mehr als zehn bis 15 Prozent Abschlag waren bislang nur selten drin. Heute dagegen, das hat die Meta Group herausgefunden, geben die Berater mehr als doppelt so hohe Nachlässe.

Sie haben auch gar keine andere Wahl, wenn sie im Geschäft bleiben wollen: CIOs mit zahlenmäßig starken Mannschaften sind natürlich darauf aus, ihre Leute zu beschäftigen. Das gilt umso mehr, wenn die IT-Budgets gekürzt werden. Von einem externen Dienstleister trennt man sich dann natürlich leichteren Herzens als von seinen eigenen Leuten.

Und wenn die Stammmannschaft nicht über die erforderliche Qualifikation für anstehende Projekte verfügt, dann werden eben externe Trainer angefordert, um sie fit zu machen. Die Tagessätze für Schulungen sind zwar auch nicht niedrig, aber sie entfallen, wenn die Dozenten ihren Job gemacht haben. Eine komplette Projektvergabe schlägt mit weit höheren Beträgen zu Buche.

Die Beratungshäuser haben natürlich Sorge, dass mit einer öffentlichen Diskussion über die angespannte Marktlage eine Lawine losgetreten wird und ein allgemeines Feilschen anhebt. Das wird deutlich in Beschwörungen wie der des Accenture-Marketing-Leiters Ulf Henning oder von Dieter Pfaff, Chef der RAG Informatik, in der CIO-Schwesterzeitung "Computerwoche" : Dort ist die Rede von der "partnerschaftlichen Beziehung" der Berater zu ihren Kunden und davon, dass diese nach wie vor bereit seien, für gute Arbeit die üblichen Stundensätze zu zahlen. Dem Druck nachzugeben, heißt es bei Accenture, halte man für einen Fehler.

Der eine oder andere CIO wird denn auch anfangs zögern und herumdrucksen, wenn er sich gegenüber dem vertrauten Berater plötzlich hartleibig zeigen muss. Letzten Endes aber, damit hat sich die Beratungsbranche wohl abzufinden, wird den IT-Verantwortlichen das eigene Hemd, sprich Budget, aber näher sein als der Consultant-Rock.

Eine moralische Verpflichtung, die Situation nicht auszunutzen, gibt es ohnehin nicht: Als IT-Kompetenz ein extrem knappes Gut war - durch die Jahr-2000- und Euro-Umstellungen - hat man schließlich auch nicht davon gehört, dass IT-Dienstleister aus Solidarität mit den Anwenderunternehmen darauf verzichtet hätten, bei den Honoraren kräftig zuzulangen. In Kenntnis der Marktmechanismen haben die CIOs damals gezahlt, wenn auch gelegentlich Zähne knirschend. Es geht schon in Ordnung, wenn es jetzt mal anders herum läuft.