Desktop-Virtualisierung

Bis zu 600 Dollar weniger pro PC

23.02.2010 von Hartmut  Wiehr
IDC hat auf Basis von Kundenbefragungen signifikante Kostenvorteile beim Einsatz der Desktop-Virtualisierung von VMware festgestellt. Demnach könnten im Vergleich zu klassischen PC-Ausstattungen ("fat clients") bis zu 600 Dollar pro User und Jahr gespart werden. Es gibt aber auch Nachteile.
Desktop-Virtualisierung mit VMware View bringt laut den Marktforschern von IDC Vorteile, muss aber genau geplant werden.
Foto: IDC

Die Einsparungen gehen laut dem IDC-Whitepaper „Quantifying the Business Value of VMware View“ auf geringere Gerätekosten und weniger Ausgaben für das IT-Personal zurück. Denn die Einzel-PCs betreuen IT-Abteilungen oftmals noch mit zu vielen IT-Mitarbeitern und einer zum Teil überdimensionierten Ausrüstung. Allein durch die erhöhte Produktivität der Desktop-Geräte beziehungsweise die Verringerung von Ausfallzeiten könnten ebenfalls Kosten gespart werden.

Unternehmen, die die erweiterten Funktionen von VMware View wie "ThinApp application virtualization“ oder "View Composer image management“ einsetzen, können laut IDC einen zusätzlichen Betrag pro User von 122 Dollar einsparen. Die Marktforscher weisen aber einschränkend darauf hin, dass die Unternehmen auch mit gewissen Beschränkungen der View-Plattform rechnen müssen, insbesondere bei Performance, mobilem Zugang oder Integration in die Infrastruktur von Rechenzentren.

Damit PCs weiterhin ihre Aufgabe, die Mitarbeiter bei ihren Aktivitäten produktiv zu unterstützen, erfüllen können, muss die IT-Abteilung laut IDC beim Desktop-Management die Anzahl der Geräte, gesetzliche Anforderungen und Vorschriften (Compliance) sowie die Besonderheiten des PC-Lebenszyklus beachten. Der PC-Lebenszyklus umfasst die folgenden Phasen:

- Einkauf: Je nach Größe des Unternehmens ist die IT-Abteilung mehr oder weniger intensiv involviert.

- Installation: Ist der Kauf von Hardware und Software erfolgt, muss die IT-Abteilung einen Plan für das Roll-out der Geräte und der Software-Images erstellen und schließlich die PCs an den Arbeitsplätzen aufstellen und ins Netz bringen.

- Instandhaltung: Nach der Installationsphase geht es um die laufende Betreuung der Geräte, um sie betriebsfähig zu halten oder eventuell technisch aufzurüsten. Außerdem sind Software-Updates aufzuspielen und anzupassen.

- Ausmustern: Zeitgleich mit dem Ablauf der Abschreibungsfristen oder auch danach geht es um die Ausmusterung der PCs oder ihre Verlagerung an andere Arbeitsplätze. Dabei müssen geschäftskritische Daten verschoben oder gelöscht werden, und die Lizenzen sind anzupassen. Ein weiterer Arbeitsprozess dreht sich um die Entsorgung von Altgeräten.

Flexible IT-Architektur mit Desktop-Virtualisierung

Um diese mit dem Lebenszyklus der Geräte verbundenen Arbeiten zu erleichtern und zu automatisieren, wurden zahlreiche Tools entwickelt wie zum Beispiel Configuration Management Databases (CMDBs) oder Electronic Software Distribution (ESD). Desktop-Virtualisierung ist mit ihren Fähigkeiten laut IDC als Alternative zu diesen Werkzeugen zu begreifen.

Mit der Entwicklung von Hypervisoren, die zunächst für Server-Konsolidierung und Management von Daten und Applikationen eingesetzt wurden, sehen die Marktforscher von IDC auch eine neue Etappe für die Verwaltung von Arbeitsplatzrechnern. So werden Hypervisoren auf Einzel-PCs installiert, um den Anwendern den parallelen Betrieb von mehreren Betriebssystemen zu erlauben – zum Beispiel Windows und Mac (Apple) nebeneinander.

Desktop-Virtualisierung verlagert Betriebssysteme, Applikationen und Daten der Anwender auf zentrale Server, sodass sich die User in der Regel an jedem verfügbaren Computer einloggen und auf „ihre“ angestammte Arbeitsoberfläche zurückgreifen können – ein Konzept, wie es Sun mit Ray schon vor Jahren entwickelt hatte. Diese Variante von zentralisierten virtuellen Desktops (von IDC jetzt CVD genannt) kann als Fortsetzung oder Ablösung früherer Thin-Client-Modelle betrachtet werden, die vor allem unter Citrix ICA mit unzureichender Bandbreite zu kämpfen hatten und sich deshalb auch nie auf breiter Front durchsetzen konnten.

Hypervisor-Technologie, so IDC, führt zu einer flexibleren IT-Architektur, die durch die Abtrennung der physikalischen Verbindung von PC und installierter Software das Management der Desktop-Landschaft deutlich vereinfacht. Die IT-Abteilung kann mit diesem Instrumentarium eine größere Kontrolle gewährleisten und schneller auf neue Anforderungen reagieren.

Nachteile der Desktop-Virtualisierung

Zu den Bereichen, in denen sich die PC-Virtualisierung besonders auswirkt, zählt IDC Datensicherheit, Backup, Disaster Recovery, Installationszeit, Instandhaltung und Zugangskontrolle.

Doch dem stehen einige Nachteile und Begrenzungen der virtuellen Desktop-Infrastruktur entgegen:

- Kosten: Unter Umständen erhöhte Investitionsausgaben im Vergleich zu der früheren Infrastruktur, da Ausgaben für neue Server- und Storage-Systeme sowie für verschiedene Virtualisierungswerkzeuge hinzukommen können. Außerdem sind laut IDC Windows-Lizenzen für CVD zu berücksichtigen.

- Kapazität im Rechenzentrum: Stellflächen und Energieverbrauch sind in den bestehenden Rechenzentren oft Mangelware, sodass die Server-Kapazitäten für das Hosting von Desktops der Einführung virtueller Strukturen unter Umständen gar nicht zur Verfügung stehen.

- Performance und Netzwerk: Microsofts Terminal Server oder Citrix ICA sind vielen IT-Mitarbeitern in eher unguter Erinnerung – vor allem wegen der fast permanenten Verbindungs- und Performance-Probleme. Wer Desktop-Virtualisierung einsetzen will, muss bereits in der Planungsphase die möglichen Bandbreiten, Latenzzeiten und graphischen Darstellungsmöglichkeiten genau erkunden.

Kunden, die sich für View von VMware als eine der möglichen Varianten für Desktop-Virtualisierung entscheiden, greifen auf ein Produktportfolio zurück, das bereits seit 2005 unter verschiedenen Namen im Einsatz ist. Heute besteht View im wesentlichen aus diesen Komponenten: vSphere als zentralen Hypervisor, vCenter Server (früher VirtualCenter) als Plattform für Monitoring und Management der virtuellen Umgebung (einschließlich VMotion für das Verschieben von virtuellen Maschinen) und View Manager als Management-Tool speziell für virtuelle Desktops.

Interessant wäre es, echte Kundensituationen beziehungsweise Referenzen (nicht nur von den Marketing-Abteilungen der Hersteller herausgeputzte Darstellungen) näher zu beleuchten, in denen VMware View oder alternative Lösungen zum Einsatz kommen.