Zum zweiten Mal in Berlin

Branchenmesse conhIT behauptet sich trotz Wirtschaftskrise

23.04.2009 von Hartmut  Wiehr
Unter der Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt fand in Berlin zum zweiten Mal die conhIT statt. Der Branchentreff für Healthcare IT, der sich in eine Messe und einen Vortragskongress aufteilt, verbuchte laut Veranstalter VHitG (Verband der Hersteller von IT-Lösungen für das Gesundheitswesen) einen Zuwachs bei Ausstellern und Besuchern von etwa 20 Prozent.
Die conhIT, der Branchentreff der Healthcare IT in Deutschland, verzeichnet trotz Wirtschaftskrise steigende Aussteller- und Besucherzahlen.

Die Welt der Healthcare IT ist sehr national ausgerichtet, da sich in fast allen Ländern äußerst unterschiedliche Organisationsformen bei Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten finden. Deshalb gibt es neben den global agierenden Unternehmen der Medizintechnik im engeren Sinne und den großen Playern der klassischen IT in jedem Land eine überschaubare Anzahl von Herstellern – häufig aus dem Software-Bereich –, die sich auf die jeweils typischen Organisations- und Prozessformen spezialisiert haben.

Die conhIT kommt deshalb auch mit zwei Messehallen aus – und repräsentiert zugleich die deutschen Healthcare-IT-Anbieter. Die im Herbst in Düsseldorf stattfindende medica umfasst dagegen die komplette Healthcare-Branche – inklusive Krankenhausbetten, IT oder Rohrpost.

Ministerin Schmidt nutzte die Gelegenheit, anlässlich der conhIT an den Datenschutz im Gesundheitswesen und damit zugleich an die Notwendigkeit der schon längst beschlossenen, aber noch immer nur in bestimmten Regionen eingeführten Patientenkarte zu erinnern. Die elektronische Gesundheitskarte und die mit ihr verbundene Infrastruktur ermöglichten einen sicheren und zeitnahen Austausch der für die Behandlung notwendigen Daten. Damit würden die Ärzte bei Diagnose und Therapie unterstützt.

Auf der conhIT konnte man sich davon überzeugen, dass gerade unterhalb dieser Ebene einer allgemeinen Patientenkarte noch sehr viel Arbeit im Detail notwendig ist. Die Ärzteschaft hält zu großen Teilen noch immer an ihren ethischen und standesmäßigen Kriterien fest, nach denen das medizinische Wissen vor allem bei ihnen liegt und nicht an anonyme "Apparate" oder "IT-Infrastrukturen" übergeben werden dürfe. Doch der Investitionsbedarf an IT ist angesichts der notwendigen Kostenkürzungen im Gesundheitswesen, die so angestoßen werden können, immens.

Das Gesundheitswesen hat gegenüber anderen Branchen hier einen Nachholbedarf. Wie Matthias Meierhofer, Vorstand der VHitG und Vorstandsvorsitzender der Meierhofer AG, berichtet, werden in anderen Branchen durchschnittlich neun Prozent des Umsatzes für IT-Ausgaben ausgegeben, während es bei den Krankenhäusern nur zwei Prozent sind.

IT-Nachholbedarf in Krankenhäusern und bei Ärzten

Der Nachholbedarf besteht laut Meierhofer besonders bei Informationssystemen für Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte, um die Prozesse und Entscheidungsfindungen zu unterstützen und die Interaktionen zwischen den Beteiligten zu überprüfen. Die 179 Aussteller stellten hierzu ihre Produkte und Lösungen aus, um den etwa 3.000 Besuchern (Vorjahr: 2.500) neue Investitionen schmackhaft zu machen – die jährlich zu verteilenden Budgets der Krankenhäuser sind beträchtlich und ziehen auch zahlreiche Nischenanbieter an.

Wolfgang Dorst, bei Sun für Strategie und Marktentwicklung zuständig und zugleich in leitender Position bei der Bitkom-Arbeitsgruppe für Healthcare IT, sieht ebenfalls einen großen Nachholbedarf bei der Einführung von Informationslösungen. Sun bietet hier mit Java Caps Software-Module an, um isolierte Klinik-Informationssysteme zu vereinheitlichen. Daneben versucht der Hersteller auch, seine Server- und Speichersysteme im Krankenhausbereich zu positionieren.

Ziel aller Angebote für Healthcare IT ist es, die IT zu einem integralen Bestandteil des Gesundheitswesens zu machen, wie der VHiTG-Vorsitzende Jens Naumann in seiner Eröffnungsrede betonte: "Eine Zunahme von Effizienz, Transparenz und Datenverfügbarkeit ist ohne IT nicht zu erreichen." Zu den Trends, die sich auf diesem Weg abzeichnen, gehörte auf der conhIT die Präsentation eines Versandapothekenregisters durch das DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information), um den Apothekenkunden eine schnelle Auskunft zu ermöglichen, ob eine Internet-Apotheke eine offizielle Versandhandelserlaubnis besitzt.

Am zweiten Veranstaltungstag wurde außerdem am Stand des Deutschen Instituts für Normung (DIN) das Kompetenznetz eHealth-Standards gegründet. Nach Angaben des Veranstalters sind 16 Experten aus diversen Standardisierungsgremien und Unternehmen beteiligt, um Standards bei Daten-, Kommunikations- und Nachrichtenmodellen in der Medizinbranche voranzutreiben.

Neue Aufgaben für die IT im Gesundheitswesen

Die conhIT-Akademie, die von Prof. Christian Johner vom Institut für Informationstechnologie im Gesundheitswesen inhaltlich betreut wird, befasste sich unter anderem mit der „neuen Rolle der Krankenhäuser". Zahlreiche Krankenhäuser, aber auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bemühen sich seit Jahren um die digitale Vernetzung zwischen stationärem und ambulantem Sektor, um der Verlagerung von ambulanten Aufgaben in die Krankenhäuser gerecht zu werden.

Viele Krankenhäuser übernehmen inzwischen ambulante Aufgaben: So ist die Verweildauer in den Kliniken in den letzten 15 Jahren um mehr als 50 Prozent gesunken, während die ambulante Behandlung stark zugenommen hat. Dies erfordert neue Verfahren des Datenaustauschs zwischen niedergelassenem Arzt und Krankenhaus.