Digitalisierung

CIO der Zukunft braucht Durchblick wie ein CEO

14.08.2014 von Hans Königes
Gut vernetzt im Unternehmen, tiefes Prozesswissen, beteiligt an der Produktion - so könnte die Rolle des CIO im Zuge von Industrie 4.0 und Digitalisierung erweitert werden. Ein Gespräch mit Telefónica-CIO Eckart Pech und Lutz Tilker, Partner bei Eric Salmon & Partners in Deutschland.

Was bedeutet für Sie der Begriff Industrie 4.0?

Dr. Eckart Pech ist CIO des Telekommunikationsanbieters Telefónica. Er erwartet, dass sich seine Rolle durch Industrie 4.0 und Digitalisierung ändern wird.
Foto: Telefónica

Eckart Pech: Unter Industrie 4.0 verstehen wir die voranschreitende Vernetzung, die die Fertigungsindustrie nachhaltig verändern wird. In der Vergangenheit hat man Maschinen, Produkte, Services und Technologien einzelner Industrien gesondert betrachtet. Heute kommt es darauf an, die unterschiedlichen Komponenten sinnvoll und intelligent miteinander zu vernetzen, um zusätzliche Effizienzpotenziale zu erschließen.

Lutz Tilker: Fertigungsabläufe müssen künftig transparent sein, um so eine individualisierte Produktion via entsprechender IT-Architekturen und -Plattformen steuern zu können. Der CIO wird noch intensiver die Prozessabläufe des Unternehmens kennen müssen, um diese bestmöglich zu gewährleisten. Ich behaupte, dass künftig IT Teil des Produktes wird, und somit der CIO entscheidend am Produktionsprozess und späteren Produkt beteiligt ist. Kunden werden bereits während der Produktentstehung in den Herstellungsprozess eingreifen, indem sie ihre Vorstellungen via IT-Tools dem Unternehmen übermitteln und sie diese dann in das Produkt integrieren können - so wie das heute bei der Online-Auto-Konfiguration möglich ist.

Lutz Tilker ist Personalberater bei Eric Salmon und überzeugt, dass der CIO der Zukunft entscheidend am Produktionsprozess beteiligt sein wird.
Foto: Eric Salmon

Mit welchen Herausforderungen müssen Unternehmen und CIOs beim Thema Industrie 4.0 rechnen?

Eckart Pech: Aus der lokalen ist längst eine globale Betrachtung geworden. Stetig steigender internationaler Wettbewerbsdruck und der weltweit zunehmende Grad der Automatisierung zwingen Unternehmen, schneller und flexibler auf immer komplexere Herausforderungen zu reagieren. Gleichzeitig bieten eine enge Vernetzung sowie die schnellere und umfangreichere Informationsverfügbarkeit große Chancen. Wer diese Veränderungen positiv zu nutzen weiß, erschließt sich neue Geschäftsmöglichkeiten.

Lutz Tilker: Die Tragweite dieser Veränderungen zu erkennen ist heute die Aufgabe eines jeden Unternehmensführers - basierend auf einer engen Zusammenarbeit mit einem strategisch denkenden und über breites Geschäftswissen verfügenden CIO.

Tun und Denken
Was CIOs tun und denken
Mehr CIOs denn je sind heuer dem CFO unterstellt. Lesen Sie, was die Analyse der Bewerbungen zum "CIO des Jahres" sonst noch über die Unternehmens-IT verrät.
An wen berichtet der CIO?
Im Vergleich zum Vorjahr sind viele (wieder) dem CFO unterstellt.
Was halten CIOs von den Trendthemen, ...
... die Marktauguren wie Gartner identifiziert haben?
Wie haben sich die IT-Budgets von 2011 auf 2012 verändert?
Erfreulicherweise im Durchschnitt positiv.
Wofür werden die IT-Budgets im Einzelnen aufgewendet?
Immer noch zu rund 70 Prozent für den reinen Betrieb.
Wie zentral oder dezentral ist der IT-Bereich aufgestellt?
Der Trend zeigt deutlich in Richtung Zentralisierung.
Wie standardisiert ist der IT-Bereich?
In den meisten Unternehmen hat Best of Breed ausgespielt.
Wie intensiv betreiben deutsche CIOs das Outsourcing von IT-Services?
Hier werden unterschiedliche Ansätze verfolgt.
Welche sozialen Medien nutzen deutsche CIOs bevorzugt?
Da zeichnet sich ein unumstrittener Gewinner ab.
Wie viele Soziale Netzwerke nutzen die CIOs?
In den Großunternehmen verzichtet jeder vierte auf eine digitale Community.
Womit verbringen CIOs eigentlich ihre Arbeitszeit?
Größtenteils mit Planung und Kommunikation

Wie muss das Profil des CIOs im Zeitalter von Industrie 4.0 aussehen?

Lutz Tilker: Da Industrie 4.0 eine Vernetzung aller Einheiten des Unternehmens bedeutet, wird vom künftigen CIO ein vernetztes Denken über alle Unternehmenseinheiten hinweg erwartet. Folglich muss er genau wie der CEO sämtliche Geschäftsbereiche inklusive ihres Zusammenspiels kennen, deren interne sowie externe Schnittstellen und Abhängigkeiten verstehen und vor allem auch mit seiner IT-Strategie bis in die Fertigungsprozesse hinein dringen.

Zudem wird die IT-Sicherheit immens an Bedeutung gewinnen. Durch die starke Vernetzung von Produktionsanlagen, zentralen Systemen, Kunden- und anderen externen Schnittstellen sind neue Anforderungen an das Sicherheits-Management und damit auch an den CIO gestellt. Diese Balance, die IT-Sicherheit zum einen sowie die Ausnutzung der Möglichkeiten in der Industrie 4.0 - in der zahlreiche "händische" Prozesse künftig IT-getrieben erledigt werden - zum anderen zu gewährleisten, erfordert einen Typus CIO, der situative Risiken abwägen und im Sinne der Geschäftsstrategie entscheiden kann; also optimale Technologie-Ausnutzung bei optimaler Sicherheit und nicht maximaler Technologie-Einsatz mit Sicherheitsrisiken. Technikkompetenz und -Affinität sollten also immer stärker mit strategischem Geschäfts-Know-how gepaart sein.

Das Thema Industrie 4.0 dürfte für viele CIOs die große Herausforderung der nächsten Jahre werden.
Foto: fotogestoeber - Fotolia.com

Eckart Pech: Ging es früher beim Thema Sicherheit vor allem um reine IT-Sicherheit, geht es heute zusätzlich auch um Datensicherheit. Nehmen wir den Telekommunikationsmarkt. Durch die zunehmende Digitalisierung, sich änderndes Kundenverhalten oder den Smartphone-Boom müssen immer mehr Daten sehr schnell an jedem Ort und rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Nur wer transparent und vertrauensvoll mit den Daten seiner Kunden umgeht, wird mit seinen Produkten und Services erfolgreich sein.

Mehr Aufgaben für den CIO der Zukunft

Wie beeinflusst die Digitalisierung die Rolle des CIOs?

Lutz Tilker: Die Digitalisierung sowie das Internet der Dinge bedeuten für den CIO, dass er bei der Entwicklung seiner IT-Strategie und IT-Infrastruktur mehr und mehr die Verknüpfung der realen Welt mit der virtuellen Welt berücksichtigen muss und sich in beiden Welten „heimisch“ fühlen sollte. Nur so ist er in der Lage, seinem Unternehmen zeitgemäße und zukunftsorientierte IT-Strukturen zu geben.

Das heißt im besten Falle, dass er die IT immer auch im gesellschaftlichen Kontext zu sehen hat, denn daraus lässt sich künftiges Kundenverhalten ableiten, was wiederum Einfluss auf eine der wichtigsten externen Schnittstellen hat. Die IT der Zukunft erfordert ein stark erweitertes Profil und Selbstverständnis des CIO und der mittleren Führungskräfte. Aufgrund der geschäftsstrategisch bedeutsamen Rolle der künftigen IT wird um die Führungskräfte und Mitarbeiter aus der Generation Digital Natives ein intensiver Wettbewerb entstehen.

Unternehmen werden nur dann den CIO der Zukunft sowie das dazugehörige Team bei den Digital Natives finden, wenn sie sich bewusst mit den Marktveränderungen auseinander setzen und ein für die Generation Digital Natives attraktives Jobimage aufbauen, sich also als Unternehmen schnellstens auf die Digitalisierung und das Internet der Dinge einstellen.

Arbeitgeber
Die Traumarbeitgeber der angehenden Informatiker...
...sind IT-Firmen, Forschungsinstitutionen, Autokonzerne oder Internet-Firmen. Die Berliner Marktforscher von Trendence haben mehr als 6.100 Informatikstudenten aus ganz Deutschland befragt, wo sie gern arbeiten möchten. Hier die 30 attraktivsten Arbeitgeber 2014.
Softwarehersteller Adobe...
.., hier das Büro in Hamburg, landete ebenfalls auf dem 29. Platz.
Platz 28: Max-Planck-Gesellschaft
Forschungsinstitutionen wie die Max-Planck-Gesellschaft stehen seit jeher hoch im Kurs unter Informatikstudenten.
Platz 26: EADS
Der Konzern mit seinen Töchtern Airbus, Eurocopter, EADS Astrium und EADS Defence & Security landete vor zwei Jahren noch auf Platz 22.
Ebenfalls auf Platz 26: Das Deutsche Zentrum für Künstliche Intelligenz (DKFI)
..in Saarbrücken behauptet sich seit Jahren in den Top 30 der beliebtesten IT-Arbeitgeber. Forschungseinrichtungen ziehen insbesondere die 25 Prozent Besten eines Jahrgangs an.
Platz 25: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)...
....sucht "große Lösungen für große gesellschaftliche Probleme der Zukunft", sagt CIO Hans-Joachim Popp. Dazu zählen neue Energiespeicher, das Weltklima oder die Verkehrsforschung und die Raumfahrt.
Platz 24: Nvidia..
..einer der größten Entwickler von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Computer und Spielkonsolen ist erneut unter den Top 30 gelandet.
Platz 23: Lufthansa Systems..
...gehört zu den großen IT-Dienstleistern in Deutschland. Das Unternehmen will aber seine Rechenzentren verkaufen.
Platz 22: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Im Vorjahr landete das BSI noch auf Platz 17.
Platz 21: Die Deutsche Telekom...
ist einer der Hauptsponsoren des FC Bayern, für die Informatiker gehört er schon lange nicht mehr zu den zehn attraktivsten Arbeitgebern.
Platz 19: Intel
Der Prozessorhersteller hat in Deutschland seinen Hauptsitz in Feldkirchen bei München.
Platz 18: Electronic Arts
Der Hersteller von Fifa und anderen Computerspielen verbesserte sich im Vergleich zu 2013 um einen Rang.
Platz 17: Bundesnachrichtendienst (BND)
Der BND gehört schon seit Jahren zu den 20 beliebtesten Arbeitgebern für Informatikstudenten.
Platz 16: Daimler
Informatikstudenten lieben nicht nur Computerspiele, sondern auch (deutsche) Autos. Davon profitiert auch der Daimler-Konzern.
Platz 15: Bosch Gruppe
Das Unternehmen, das den weltgrößten Automobilzulieferer Robert Bosch und 300 Tochterfirmen umfasst, hat sich um einen Rang verschlechtert.
Platz 13: Porsche
VW-Tochter Porsche gehört dagegen zu den Aufsteigern im IT-Absolventenbarometer. Sie machte drei Ränge im Vergleich zu 2013 gut.
Platz 13: Amazon
Der Skandal um die Ausbeutung der Leiharbeiter beim Online-Händler hat dem Ruf von Amazon als Arbeitgeber bei den Informatikstudenten kaum geschadet. Im vergangenen Jahr landete Amazon auf Platz 9.
Platz 11: Volkswagen
...ist der dritte deutsche Autohersteller unter den Top 20 der beliebtesten Arbeitgeber.
Platz 11: Crytek
Spielehersteller Crytek war 2011 der größte Aufsteiger im Ranking der beliebtesten IT-Arbeitgeber und konnte seine Top-Platzierung halten.
Platz 10: Fraunhofer-Gesellschaft
Der IT-Nachwuchs will forschen. Darum ist die Fraunhofer Gesellschaft mit ihren zahlreichen Instituten eine feste Größe unter den Top Ten. Im Bild: Die Materialentwicklung für elektrische Energiespeicher.
Platz 7: Siemens
Deutschlands größter Konzern war noch vor 9 Jahren der beliebteste Arbeitgeber der Informatikstudenten.
Platz 7: IBM..
IBM-Deutschland-Chefin Martina Koederitz, im Bild mit Kanzlerin Angela Merkel auf der CeBIT, kann sich dieses Jahr nicht so recht freuen: IBM rutschte im dritten Jahr in Folge ab. 2011 war IBM noch auf Platz 2.
Platz 7: Blizzard Entertainment...
...hat in Deutschland gar keine Niederlassung, dennoch verbesserte sich der Spielehersteller um drei Plätze im Vergleich zu 2013.
Platz 6: Apple
Coole Produkte, cooler Arbeitgeber? Diesen Schluss ziehen anscheinend viele Informatikstudenten bei Apple. Im Bild einer der Apple-Stores in New York.
Platz 5: Audi
Die Ingolstädter werden nicht nur bei den Informatikstudenten, sondern auch bei anderen Fachrichtungen als Arbeitgeber immer beliebter.
Platz 4: Microsoft..
.. verliert nur einen Platz gegenüber 2013. Im Bild: Die Digital Eatery von Microsoft in Berlin.
Platz 3: BMW..
..ist der am höchsten platzierte Autobauer im IT-Absolventenbarometer. Im Vorjahr noch auf Platz 4. Hier im Bild der BMW i8.
Platz 2: SAP
Der Walldorfer Softwarekonzern behauptete seinen zweiten Platz. Der Abstand zum Sieger wird allerdings größer. Während zehn Prozent der Befragten gerne bei SAP arbeiten möchten,...
..wollen 26,3 Prozent zu Google.
Damit rangiert der Internet-Konzern im siebten Jahr in Folge auf Platz 1.
Google-Gründer Sergej Brin...
...kann sich freuen. Die Auswahl an Bewerbern ist riesengroß, in München hat Google aktuell 10 IT-Stellen zu besetzen.

Eckart Pech: Wir dürfen bei unseren Zukunftsszenarien nicht vergessen, dass die Zyklen der Entwicklungsphasen immer kürzer werden, das zeigt uns die Entwicklung der industriellen Revolution. Von der ersten zur zweiten Revolutionsphase vergingen noch mehr als 100 Jahre. Der Entwicklungsschritt von der dritten zur vierten Revolution benötigte nur noch 20 Jahre. Es ist davon auszugehen, dass sich die Zeiträume weiter verkürzen.

Dr. Eckart Pech ...

Dr. Eckart Pech, Telefónica
Foto: Telefónica

... ist seit Mai 2011 Managing Director Service Technology bei Telefónica Germany GmbH & Co. OHG. Zuvor verantwortete er die Bereiche Planning & Transformation sowie Technology Development. Seine Karriere begann er als Unternehmensberater bei der zum Daimler Konzern gehörenden Technologieberatung Diebold und war als Partner für die Bereiche Mobile und Online verantwortlich. Anschließend war Eckart Pech als CEO bei der zum Telekomkonzern gehörenden Beratungstochter Detecon, Inc., in den USA tätig.

Lutz Tilker ...

Lutz Tilker, Eric Salmon
Foto: Eric Salmon

... ist seit Oktober 2013 Partner beim internationalen Executive-Search-Unternehmen Eric Salmon & Partners mit Sitz in Frankfurt und verantwortet vor allem den Sektor IT, Telekommunikation und Hightech. Darüber hinaus ist er für das alle Branchen übergreifende Thema Führungskräfte für IT- und Digitalisierungsaufgaben verantwortlich. Zuletzt war Lutz Tilker bei Spencer Stuart mehr als 10 Jahre tätig und verfügt insgesamt über 20 Jahre Erfahrung im Executive Search.