Herrschaftsfrage stellt sich neu

CIO ist der schwerste Job im Unternehmen

09.12.2009 von Thomas Pelkmann
CIOs müssen sich entscheiden: Kümmern sie sich weiter nur um die IT oder übernehmen sie Verantwortung für den Unternehmenserfolg? Forrester legt einen Katalog mit Handlungsanweisungen für IT-Verantwortliche vor, die sich der Frage stellen wollen.

Die Diskussionen um eine stärkere Verantwortung der IT für den Geschäftserfolg füllen Bände. Mit dem stärkeren Business-Alignment der IT wandelt sich die Rolle des CIOs, weil seine IT nicht einfach nur mehr da ist und Geld kostet, sondern gefordert ist, einen Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten.

Seit längerem versuchen die Marktforscher von Forrester Research, in dieser Diskussion die Worthoheit zu erlangen. Forrester-Gründer George Colony hat als einer der ersten dafür den Begriff Business Technology (BT) geprägt, den er statt des Terminus Informationstechnologie zu verwenden rät.

Bei BT, so Colony, gehe es darum, den Gebrauch von Technik nicht mit Technologie-Maßstäben zu bewerten, sondern nach Kriterien aus dem Business. Anders gesagt: Ob Technik gut fürs Unternehmen ist, misst sich nicht zum Beispiel nach Verfügbarkeitszeiten der Server, sondern nach dem ROI einer IT-Investition im Unternehmen.

Das Besetzen von Begriffen dient dabei nicht nur der Deutungshoheit. „Wer auch nur dieses eine Wort von Informationstechnologie zu Business-Technologie ändert, beginnt auch die Art zu verändern, wie IT-Fachkräfte arbeiten“, hofft Colony. „Mit einem Business-Fokus werden sie Technologie als Ganzes begreifen und verstehen, was sie für den Geschäftserfolg bedeutet.“

So bestechend dieses Ziel auch sein mag; mit dem Ergebnis seiner Bemühungen ist George Colony noch längst nicht zufrieden: „Das Umdenken in den IT-Abteilungen passiert langsamer als ich dachte“, klagt der Analyst, nimmt aber gleichzeitig die CIOs in Schutz: „Der Job ist der schwerste im ganzen Unternehmen, weil Dinge kaputt gehen können. Wenn die IT ausfällt, kann das innerhalb von Minuten im schlimmsten Falle Millionenschäden hervorrufen“. Auch wer eine Nummer kleiner nimmt, weiß um die Verantwortung der CIOs: In modernen Unternehmen geht ohne IT nichts, und wenn die IT nicht funktioniert, dann liegt das Geschäft brach.

CIOs drohen an Einfluss zu verlieren

Aber es hilft nichts: Die CIOs müssen sich dem Thema öffnen, sonst drohen sie abgehängt zu werden.
Erstmals in der Geschichte der IT gibt es Technologien, die im Unternehmen ohne die IT-Abteilung eingeführt werden können: Web 2.0 mit Blogs und Twitter macht die Marketing-Abteilung, BI scheint bei Finance besser aufgehoben zu sein und mitunter – das Beispiel Krankenhaus zeigt es – arbeiten ganze Abteilungen mit Informationstechnologien, ohne die IT-Abteilung auch nur zu fragen.

Technik wird zunehmend zur Commodity. Selbst Geschäftsführer und Finanzverantwortliche können mittlerweile mit IT umgehen. Für sie ist Technik etwa in der Darreichungsform eines iPhones oder Blackberrys selbstverständlich. Immer mehr von ihnen sind als Generation Y schon mit Technik groß geworden und brauchen die IT-Abteilung nicht, um sich die Handhabung erklären zu lassen. Und sie denken eigenständig über SaaS oder BPO nach, während die IT-Abteilung noch mit Response-Zeiten oder Verfügbarkeiten beschäftigt ist.

Es ist also kein leichter Weg für ehemals reine Technologen, sich zu BT-Beratern umzudefinieren. Wie das dennoch gehen kann, zeigt Forrester in seinem jüngst erschienenen Best Practices Framework for BT Leadership Maturity, das sich mit zwei einfachen Fragen beschäftigt: Wie geht das, und was sollen wir besser machen?

Das Framework möchte CIOs die Möglichkeit zur eigenen Beurteilung geben. Mit den Best Practices können sie feststellen, wie sich ihre IT-Organisation im Vergleich mit den besten ihrer Klasse schlägt und zugleich Ansatzpunkte für gezielte Verbesserungen der Lage identifizieren.

CIO muss Demand und Supply trennen

Dabei geht es den Forrester-Analysten nicht darum, die technische Expertise der CIOs in den Hintergrund zu drängen. Tatsächlich bedeutet die stärkere Konzentration aufs Business vor allem eine andere Sichtweise der Dinge.

Unter anderem rät Forrester dazu, Demand und Supply zu trennen: „CIOs müssen den Teil ihrer Organisation, der sich um die Auswirkungen von IT auf das Business beschäftigt, von dem Teil absondern, der den Betrieb am laufen hält“. Diese Trennung kann soweit gehen, dass klassische Rollen aus der IT-Abteilung ins Business wandern.

All das werde in der Konsequenz dazu führen, dass sich auch die Herrschaftsfrage über die IT neu stellt: Jeder, der im Unternehmen für strategische Entscheidungen verantwortlich ist, wird über die Benutzung von Technik mitbestimmen, von der der Geschäftserfolg abhängt. Die Aufgabe des CIO wird es sein, dafür zu sorgen, dass solche Entscheidungen mit der IT abgestimmt sind. Der CIO hat es in der Hand dafür zu sorgen, ob er an entscheidender Stelle mit dabei ist oder nicht.