ERP harmonisieren

CIO wird zum Chief Integration Officer

28.10.2011 von Kolja Kröger
Noch beeinflusst nur jeder vierte CIO Geschäftsprozesse, mehr als die Hälfte hat keine Budgetverantwortung - laut Lodestone wird sich das deutlich ändern.
In vier Richtungen entwickelt sich laut Lodestone die Rolle des CIO.
Foto: MEV Verlag

Der CIO ist tot. Es lebe der CIO. IT-Entscheider stehen nach Ansicht der Zürcher Unternehmensberatung Lodestone vor einem radikalenRollenwechsel auf vier Ebenen: Aus seiner Verantwortung für das Enterprise Ressource Planning erwächst ihm ein weltweites Koordinieren von Ressourcen (Global Resource Planning, GRP). Die gute alte Wertschöpfungskette vernetzt sich so weit, dass Lieferanten, Partner und Kunden in Kernprozesse des Geschäfts eingebunden werden und zu seinem Geschäft beisteuern. CIOs halten die Fäden zusammen, während aus ihren Projekten globale IT-Portfolios werden - und ihre Aufgabe immer stärker einen primären Stellenwert einnimmt.

CIO: Chief Integration Officer

Am Ende heißt der CIO dann "Chief Integration Officer". Zu dem Ergebnis kommen die Lodestone-Berater, nachdem sie sich mit IT-Entscheidern unterhalten haben, die in der Regel über 10.000 User versorgen. Das verwebten sie mit den Ergebnissen entscheidender Studien zum Thema, etwa von Forrester, Gartner und IDC, aus den vergangenen fünf Jahren.

ERP war gestern: Die zunehmende globale Vernetzung von Unternehmen verlangt von CIOs, multiple ERP-Systeme unter einen Hut zu bringen - aus ihnen also ein GRP-System zu stricken. Lodestone glaubt, dass in Zukunft drei Viertel aller Unternehmen nur noch fünf Systeme oder weniger einsetzen. Heute nutzt mehr als die Hälfte der Firmen noch sechs Systeme und mehr.

Die ERP-Landschaften zu harmonisieren verheißt Kostensenkung und das Eindampfen der Komplexität. Die neuen Modelle treiben die Integration von Prozessen voran. Outsourcing an externe Service-Provider wird dabei für 73 Prozent der Unternehmen zunehmend wichtig. Das Stichwort für die Ablösung der guten alten Wertschöpfungskette durch eine weltweite Network Value Chain.

Gleich in mehrere Richtungen differenziert sich die Wertschöpfungskette aus.
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Die Macht des Netzes - und der CIO mittendrin: In Zukunft beflügelt die IT das Geschäftsergebnis zwar weiterhin dadurch, dass sie Prozesse analysiert, standardisiert und automatisiert. Hinzu kommt aber die Integration von Geschäftspartnern, Lieferanten und sogar Kunden in die Wertschöpfungskette. Der CIO muss die Fäden zusammenhalten, indem er die Anwendungen und Infrastrukturen von denen da draußen in die eigene Architektur integriert.

Beim Outsourcing die Fäden zusammenhalten

Das bedeutet: Das Outsourcing wird zunehmen. Das glauben 75 Prozent der befragten IT-Entscheider. Jede Auslagerung zentraler wie auch weniger zentraler Geschäftsbereiche bewegt die Wertschöpfungskette einen Schritt weiter Richtung globaler Network Value Chain.

Meister der Portfolios - CIOs jonglieren mit Trends: Vorbei die Zeiten, in denen man ein Projekt nach dem anderen vorantreiben könnte. Jetzt kommt die Zeit der Portfolios, die es zu managen gilt, und die eng verbunden sind mit der Geschäftsstrategie des Unternehmens - sei es, mit Innovationen zu punkten oder die Marktführerschaft zu übernehmen. CIOs müssen an die 50 Trends und Technologien im Auge behalten und deren Wert für das eigene Unternehmen bemessen.

Spitzenreiter unter den Trends sind nach der Lodestone-Erhebung Themen wie Virtualisierung, Unified Communication, Identity & Risk Management, die Integration von Standard-Software und individuellen Lösungen, sowie das Management von Risiken, Datenqualität und Master Data.

Ohne ein leistungsfähiges IT-System wären die Abteilungen "Logistik", "Marketing" und "Vertrieb" heute nicht mehr konkurrenzfähig.
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Die IT rückt an die Spitze vor: Ob Logistik, Marketing oder der Vertrieb - künftig kommt fast keine Aktivität einer Firma aus der vorderen Reihe der Wertschöpfungskette ohne IT aus, so Lodestone. Heute stellt sich die Situation allerdings noch anders dar: Nur 27 Prozent der befragten IT-Entscheider gaben an, dass sie einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Geschäftsprozesse hätten. Der größte Teil (69 Prozent) sieht sich eher als Unterstützer.

In über 60 Prozent der untersuchten Unternehmen hat die IT keine Budget-Verantwortlichkeit - und 41 Prozent der CIOs stehen dem CFO Rede und Antwort.

Ein Platz an der Sonne für den CIO

Doch das wird - und muss - sich ändern, urteilt Lodestone. Bis 2015 werde die Durchdringung der vordersten Geschäftsbereiche durch die IT von heute 59 Prozent auf 88 Prozent steigen. Immerhin berichten heute schon 31 Prozent der CIOs direkt an den CEO - ein Hinweis darauf, dass die IT-Entscheider zunehmend als Wertschöpfer und nicht bloß als Kostentreiber gesehen werden.

Lodestone sieht den CIO als entscheidenden Enabler sowohl für die Integration von Prozessen als auch für ihren Einsatz. Deswegen gebühre im künftig ein Platz in der vordersten Etage der Geschäftsführung - auf Augenhöhe mit dem CFO.