Firmenchefs lieben Heldengeschichten

CIOs, baut euren CEO zum Helden der Digitalisierung auf!

30.06.2015 von Karin Quack
Wer sagt denn, dass die Unternehmenslenker nicht investieren wollen? - Nur wissen sie häufig nicht, wo und wie. Hier sind die CIOs gefordert. Sie müssen ihren Geschäftsführern und Vorständen sagen, wie sich das Geschäft durch Technik vorantreiben lässt. Am besten, indem sie von positiven Beispielen berichten.

Kennen Sie die betriebswirtschaftliche Definition für den Begriff Rezession? - Nach allgemeiner Auffassung reichen dazu zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wachstum. Und was ist dann ein Boom? - "Eine länger als erwartet andauernde Lücke zwischen zwei Rezessionen", so der Gartner-Vice-President Mark Raskino. Sein Fazit: Wir wissen nicht, wie lange die wirtschaftliche Erholung anhält. Deshalb ist genau jetzt eine gute Zeit, um in die IT Ihres Unternehmens zu investieren: "Reparieren Sie das Dach, solange die Sonne scheint."

Raskino beschäftigt sich vor allem mit der Sicht der CEOs auf die Informationstechnik. Unter anderem leitet er die regelmäßige Befragung von Geschäftsführern und Vorständen, die Gartner zuletzt im vierten Quartal des vergangenen Jahres vorgenommen hat. Demnach zählt mittlerweile mindestens jeder vierte Firmenlenker technikbezogene Themen zu seinen drei wichtigsten Prioritäten.

Die Top-10-Trends 2015 von Gartner
Die Top 10 Trends 2015 von Gartner
Traditionelle Business-Jobs werden durch Digital Worker ersetzt. Gartner stellt zehn Prognosen für IT-Organisationen und Anwender für die kommenden Jahre vor. Die zehn Punkte sind folgende:
1. Punkt
2018 braucht die digitalisierte Arbeitswelt 50 Prozent weniger klassische Geschäftsprozess-Experten und dafür 500 Prozent mehr Kandidaten für digitale Schlüsselpositionen.
3. Punkt
Intelligente Maschinen und industrialisierte Services werden die Total Costs of Ownership geschäftlicher Abläufe bis 2018 um 30 Prozent senken.
4. Punkt
Bis 2020 steigern Wearable Devices zu Gesundheitsfragen die Lebenserwartung in den Industrienationen um weitere sechs Monate.
5. Punkt
Ende 2016 kaufen mobile digitale Assistenten für mehr als zwei Milliarden US-Dollar online ein.
6. Punkt
Die Hälfte des digitalen Handels wird in den USA 2017 mobil ablaufen.
7. Punkt
Erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle basieren 2017 zu 70 Prozent auf vorsätzlich instabilen Prozessen.
8. Punkt
Die Hälfte der Investitionen in Produkte bezieht sich 2017 auf Kundenerfahrungen mit bisherigen Produkten.
9. Punkt
Fast jeder fünfte Anbieter dauerhafter Güter stellt 2017 mit 3D-Druck personalisierte Waren her.
10. Punkt
2020 steigern Händler, die ihre Zielgruppenansprache mittels IPS (Internal Positioning Systems) verbessern, ihre Absätze um fünf Prozent.

Kein neues Business auf IT-Ruinen

Innerhalb der kommenden fünf Jahre wollen die CEOs das Geschäft, das mit Hilfe der "Digitalisierung" gemacht wird, verdoppeln. Und dabei reden sie keineswegs nur der Unterstützung vorhandener Prozesse das Wort, sondern der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die mit den alten oft nur noch am Rande zu tun haben. Ein gutes Beispiel dafür ist die Automobilindustrie, die zunehmend "Mobilität" verkauft.

Aber ein neues digitales Business lässt sich nicht aufbauen, wenn die vorhandene Technik statt einer soliden Basis nur eine Ruine darstellt, warnt Raskino. In den vergangenen Jahren habe sich die IT vielerorts kaputtgespart. Die Folge davon sei zum Beispiel häufig schlechter Code. Hier müssten die CIOs ansetzen, wenn sie die Digitalisierung des Business vernünftig betreiben wollen. Aber selbstverständlich dürften sie dabei nicht stehen bleiben.

Mark Raskino, Gartner: "Lange konnten CIOs die CEOs nicht bewegen, sich mit großen, politischen Tech-Management-Fragen zu befassen. Das hat sich geändert. Also fragen Sie nochmal."
Foto: Karin Quack

Bei der Langfristplanung außen vor

Wie Raskino versichert, braucht das digitale Business trotz aller Spontanität und Flexibilität durchaus eine Langzeitplanung. Und die obersten Etagen der Unternehmen seien daran auch interessiert: 95 Prozent der Befragten planen eigenen Angaben zufolge in Zeiträumen von fünf bis 50 (!) Jahren. Aber davon bekämen die meisten CIOs nichts mit, weil sie bei diesen Planungen außen vor gelassen würden. Das machten der CEO, der Finanzvorstand und - so vorhanden - der Strategiedirektor unter sich aus, sagt Raskino. Um das zu ändern, gibt der Analyst den CIOs folgende Tipps:

1. Hören Sie auf, an der Oberfläche zu kratzen

Auf jeden Fall sollten die CIOs ihre Planung ebenfalls langfristig anlegen: "Wir brauchen einen Zehnjahres-, keinen Dreimonatshorizont für die digitalen Veränderungen und deren Skalierung", so Raskino. Und die IT-Verantwortlichen sollten nicht mehr nur an der Oberfläche kratzen: "Die Marketing-Abteilung mit Apps für Kampagnen auszustatten wird uns nicht helfen, so etwas wie selbst fahrende Autos zur Marktreife zu bringen." Die Veränderung sei tiefgreifend und strukturell, und die Entwicklung der Assets, Kapazitäten und Geschäftsmodelle dauere nun mal ihre Zeit.

2. Werden Sie zum Märchenonkel

Ideen werden durch gute Geschichten verbreitet - Geschichten mit Helden, die als Vorbilder taugen. Dafür sind auch CEOs empfänglich. Ob Amazon, General Electric, Google, Walmart oder Burberry - fast alle Firmenchefs kennen Unternehmen, die sie wegen ihrer IT-bezogenen Erfolgsgeschichte bewundern. "Haben Sie mindestens drei solche Geschichten parat", rät Raskino den CIOs, "oder noch besser: Machen Sie Ihren CEO selbst zum Helden einer solchen Geschichte!"

Auf diese Weise können CIOs ihre Vorstände in technischer Hinsicht "erziehen". Und diese Aufgabe sollten sie als missionsentscheidend ansehen. "Solange sich die Führenden nicht darüber im Klaren sind, was sie unter digital verstehen, werden die Geführten nicht wissen, was genau zu tun ist", erläutert Raskino.

3. Verbringen Sie Zeit mit der Konkurrenz

CIOs sollten nicht im eigenen Saft schmoren, warnt Raskino die IT-Chefs: "Diskutieren Sie die Zukunft Ihrer Industrie mit Wettbewerbern, machen Sie sich gegenseitig paranoid, bevor jemand von außen kommt und Ihr Mittagessen verputzt, sprich: Ihr Business-Modell über den Haufen wirft." Eine gute Möglichkeit, das zu verhindern, sei beispielsweise, gemeinsam eine Industrieplattform zu gründen.

4. Nerven Sie die Topetage mit Horror-Stories

Datenlecks kosten auch Management-Jobs. Davon abgesehen, sind unzureichende Sicherheitsvorkehrungen sowieso untragbar. Das wissen die CEOs. Aber es ist die Aufgabe des CIO, sie immer wieder daran zu erinnern. Das geht am besten, wenn sie ihnen ständig mit Horrorgeschichten über das Versagen interner Sicherheitssysteme in den Ohren liegen.

Die Botschaft ist verstanden

Gartner-Vorhersagen: Wie Technik die Welt verändert
Gartner: Wie Technik die Welt verändert
Auf der diesjährigen Symposium/ITxpo wagte Gartner-Analyst Daryl Plummer zehn Vorhersagen, die er aus den Research-Ergebnissen des gesamten Marktforschungs- und Beratungsunternehmens zusammengetragen hat - einschließlich Handlungsempfehlungen für CIOs und andere Führungskräfte. Klicken Sie sich durch...
Digitalisierung
In vier Jahren wird es nur noch halb so viele Mitarbeiter in den gewohnten Business-Prozessen geben, aber fünfmal so viele Schlüsselaufgaben im digitalen Business. Wie die Gesamtbilanz aussehen wird, sagte Plummer nicht, aber Beschäftigungspolitik war auch nicht sein Thema. Ihm ging es mehr darum, zu vermitteln, dass sich die Technik immens auf die Verbesserung der Lebensqualität auswirken werde: "Wir bewegen uns aus einer Welt, wo sich Menschen verhalten, wie die Computer es wollen, in eine Welt, wo die Computer sich verhalten wie wir." Für die CIOs bedeutete das: Sie müssen neue, nicht-traditionelle IT-Rollen entwickeln und besetzen.
Transformation der Geschäftsmodelle
Spätestens 2017 wird ein "disruptives" digitales Geschäftsmodell den Markt erschüttern, das von einem Computer-Algorithmus entworfen wurde. IT-Verantwortliche sollten jetzt schon beginnen, technisch getriebene Transformationsmöglichkeiten für das Geschäft ihrer Arbeitgeber zu evaluieren.
Alles vollautomatisiert
Im Jahr 2018 werden Smart Machines und industrialisierte Services dafür sorgen, dass die Total Cost of Ownership für den Geschäftsbetrieb um 30 Prozent niedriger liegt als heute. Mit den Vorläufern solcher Maschinen und Services sollten sich vor allem CIOs aus dem Fertigungsbereich schleunigst auseinandersetzen.
Demografischer Wandel
Die weltweite Lebenserwartung wird bis 2020 um ein halbes Jahr ansteigen - dank der massenhaften Verbreitung von drahtlosen Gesundheitsmonitoren, die als Implantate oder Armbänder getragen werden können. Das wirft für die Geschäftsführer eine Reihe von Fragen auf: Wie schlägt sich diese Entwicklung in der Versicherungswirtschaft nieder? Wie lassen sich solche Devices für die Verbesserung der Mitarbeitergesundheit nutzen? Wie kann man das Risiko verringern, dass Gesundheitsdaten oder beispielsweise Herzschrittmacher gehackt werden?
Mobiles Einkaufen
Mobile digitale Einkaufsberater nehmen zu: 2016 werden 2,5 Milliarden Dollar im Online-Shopping mit Hilfe solcher Beratungssoftware ausgeführt. Für Marketing-Leiter heißt das: Sie müssen Techniken entwickeln, mit denen sie die Aufmerksamkeit nicht nur von Menschen, sondern auch von digitalen Assistenten wecken.
Neue Werbeformen
Zumindest in den USA wird schon 2017 die Hälfte des "Digitalen Kommerz" mobil vonstatten gehen. Dabei werden die Mobile-Marketing-Teams versuchen, die "mobilen Brieftaschen" wie Apple Passbook und Google Wallet direkt abzufragen - unterstützt durch das wachsende Interesse der Kunden an mobilen Bezahlsystemen.
Agile Prozesse
Digitalisierung destabilisiert Prozesse, so Plummer. 2016 werden 70 Prozent der erfolgreichen Business-Modelle freiwillig auf instabile Prozesse setzen, die sich schnell an die Kundenbedürfnisse anpassen lassen. Darauf müssen CIOs mit agilen Teams und Entwicklungsmethoden reagieren.
Kunden für Kunden
Eine bessere Kundenerfahrung wird zum A und O des wirtschaftlichen Erfolgs. 2017 wird sich mindestens die Hälfte des Forschungsaufwands für neue Consumer-Produkte mit diesem Thema beschäftigen. Dabei wird die Empfehlung von Kunde zu Kunde, wie sie heute schon über soziale Medien passiert, eine immer größere Rolle spielen.
3D-Druck
In drei Jahren, also 2017, wird jeder fünfte Verkäufer von "soliden" Produkten im Internet 3D-Druck anbieten, um seine Angebote zu individualisieren. Die CIOs müssen sich darauf vorbereiten und ihre Prozesse, Skills sowie Techniken daraufhin überprüfen, ob sie dem gewachsen sind.
Zielgerichtet
Targeted Messaging in Kombination mit Internal-Positioning-Systemen werden 2018 den Händeln dabei helfen, 20 Prozent mehr Kunden in ihre Läden zu ziehen - nach dem Motto: Sie haben sich dieses Produkt jetzt schon sechsmal angeschaut, warum kommen Sie nicht mal rein und probieren es an? Dass dazu fleißig Kundendaten gesammelt werden müssen, versteht sich von selbst. Außerdem müssen die CIOs die Technik und die Prozesse für solche Echtzeitangebote bereitstellen.