IT-Abteilung droht Bedeutungsverlust

CIOs haben Angst vor Cloud

07.12.2010 von Holger Eriksdotter
IT-Mitarbeiter und IT-Führungskräfte fürchten, sie könnten sich durch Cloud Computing selbst überflüssig machen. Stimmt nicht, sagt Bernd Wagner, Deutschland-Chef von Fujitsu. Allerdings muss die IT ihr Rollenverständnis zügig ändern.

Cloud Computing wird die Unternehmens-IT nachhaltig verändern. Zu diesem Ergebnis kommen fast alle aktuellen Studien. Als wichtigste - und durchaus stichhaltige - Argumente gegen Cloud Computing gelten nach wie vor fehlende Standards, schwammige SLAs sowie Sicherheits- und Compliance- und Haftungsfragen.

Hinter vorgehaltener Hand werden indes noch andere Gründe genannt: Die Angst des IT-Führungsmannschaft vor einer schleichenden Entmachtung.

Fujitsu-Deutschlandchef Bernd Wagner: "Die Mitarbeiter in der IT fürchten, sie könnten sich durch ein allzu vehementes Plädoyer für die Cloud letztlich selbst überflüssig machen."
Foto: Fujitsu Technology Solutions

Fujitsu-Deutschland-Chef Bernd Wagner tritt dem entgegen: Cloud Computing bedeute keineswegs eine automatische Abwertung der IT-Manager, sondern eröffne gerade für IT-Führungskräfte den Weg vom technischen Experten ins Business-Management.

Allerdings müsste sich die IT-Führungsmannschaft bewegen und im Cloud-Umfeld neu orientieren. "Gerade mittelständische Firmen haben immer noch Berührungsängste mit Cloud Computing", sagt Wagner, Senior Vice President Region Germany und Managing Director bei Fujitsu. Ein Grund dafür sei, dass IT-Verantwortliche sich mitunter des Verdachts nicht erwehren könnten, die Cloud würde ihren Job überflüssig machen. "Davon kann keine Rede sein. Der IT-Chef ist heute wichtiger denn je - aber er muss lernen muss, seine Rolle neu auszufüllen."

Dass Cloud Computing die Unternehmens-IT umkrempeln wird, steht für den Fujitsu-Manager außer Zweifel: Der weltweite Umsatz mit Public-Cloud-Angeboten werde bis zum Jahr 2014 von 16 Milliarden Dollar auf mehr als 55 Milliarden Dollar ansteigen, zitiert Wagner eine aktuelle IDC-Studie. Aber im deutschen Mittelstand sei der Trend noch nicht angekommen.

Laut einer Studie der Experton Group beschäftigen sich zwar gegenwärtig 30 Prozent aller Firmen mit Cloud-Computing. Doch von diesen sind derzeit gerade 21 Prozent dabei, Projekte auch in die Tat umzusetzen. Techconsult kommt im Rahmen seiner Befragung zum Mittelstandsindex August sogar zu dem Ergebnis, dass gerade sieben Prozent der befragten Mittelständler in den nächsten ein bis zwei Jahren planen, Cloud Computing einzuführen.

"Die Mitarbeiter in der IT - gerade im mittelständischen Unternehmen - fürchten, sie könnten sich durch ein allzu vehementes Plädoyer für die Cloud letztlich selbst überflüssig machen", hat Wagner beobachtet. Denn wenn ihr Arbeitgeber IT-Services online bezöge, so die Argumentation, benötige er nicht mehr so viele hauseigene IT-Fachleute für Administration, Wartung und Support. "Nicht selten müssen dann Scheinargumente herhalten, um der Geschäftsführung das Thema Cloud auszureden."

Die Marktauguren rechnen mit gewaltigem Wachstum im Cloud-Segment. Kommentar von Fujitsu-Manager Bernd Wagner: "Die Cloud wird kommen – so oder so. Da ist es allemal klüger, die eigene Rolle im Unternehmen neu zu definieren."
Foto: Bitkom/Experton Group

Die häufigsten davon lauten: Das Unternehmen verliere die Kontrolle über unternehmenskritische Daten, weil diese nun irgendwo im Nebel auf externen Servern oder Storage-Systemen gespeichert würden. Technische Probleme beim Service-Provider könnten Geschäftsprozesse völlig lahmlegen. Das interne IT-Know-how gehe verloren und das Unternehmen werde vom Cloud-Computing-Anbieter abhängig.

"CIOs und IT-Administratoren, die auf solche Argumente setzen, denken zu kurz. Denn die Cloud wird kommen - so oder so", ist sich der Fujitsu-Deutschland-Chef sicher. Anstatt also weiterhin stur auf althergebrachte Strukturen und Verantwortlichkeiten zu setzen, wäre es allemal klüger, die eigene Rolle im Unternehmen neu zu definieren.

Und zwar nicht mehr als reiner Verwalter von Bits und Bytes, sondern in einer deutlich aufgewerteten Position. "Der IT-Chef von heute wird in Zeiten von Cloud Computing zum Strategen, der nicht nur die Technik, sondern Unternehmensprozesse plant und aufsetzt - und in der Lage sein muss, Management-Entscheidungen zu treffen", sagt Wagner.

Dafür müsse er sich allerdings vermehrt im Cloud-Umfeld kundig machen und die Fähigkeit mitbringen, den Bedarf und das Potenzial von Cloud-Angeboten zu erkennen und zu analysieren, Services aus der Cloud in die Geschäftsprozesse integrieren, neue Geschäftsmodelle und Einnahmequellen entwickeln, die auf Cloud-Services aufsetzen. "Neue berufliche Herausforderungen in der Cloud gibt es genügend", resümiert Wagner.

IT-Management muss selbst Veränderung aktiv betreiben

Wenn IT-Manger allerdings diesen Rollenwandel nicht aktiv in Angriff nähmen, stünden sie möglicherweise früher oder später vor einem wirklichen Problem: "Das IT-Management riskiert, dass irgendwann der mittelständische Unternehmer das Thema Cloud Computing kurzerhand zur Chefsache macht." Dies sei spätestens dann der Fall, wenn weitreichende Strategie- und Finanzentscheidungen anstehen und der Unternhmenschef zu der Einschätzung gelangt, dass er diese einem reinen Bits-und-Bytes-Manager nicht zutraut.

Die Devise für das IT-Management könne deshalb nur heißen, den Veränderungsprozess selbst aktiv zu betreiben und den Weg vom System-Verwalter zum Business-Strategen einzuschlagen. Fujitsu-Mann Wagner hat keine Zweifel, dass der Wandel gelingen kann: "Mir fällt kein Grund ein, warum IT-Verantwortliche im mittelständischen Unternehmen von heute sich diese Herausforderung nicht zutrauen sollten", macht Wagner der mittelständischen IT-Führungsriege Mut.