Parlament statt Rechenzentrum

CIOs haben das Zeug zum Politiker

16.12.2010 von Andrea König
Vom Manager- auf den Ministersessel: CIOs sind für diesen Schritt gerüstet. Sie hören gut zu, verhandeln geschickt und haben Know-how für modernen Wahlkampf.

Dass Roland Koch 2011 den Vorstandsvorsitz des deutschen Baukonzerns Bilfinger Berger übernehmen wird, fand ein gemischtes Echo. So schnell dürfe man nicht von der Politik in die Wirtschaft wechseln, bemängelten Kritiker. Andere beanstandeten die Wahl des neuen Arbeitgebers - Bilfinger Berger hatte in Kochs Regierungszeit einen millionenschweren Auftrag für ein Bauprojekt am Frankfurter Flughafen erhalten.

Der hessische Ministerpräsident a.D. Roland Koch.
Foto: Gaby Gerster, Quelle: www.roland-koch.de

"Der Lockruf des Geldes holt Politiker in die Wirtschaft", schrieb beispielweise das Nachrichtenportal Welt Online zum Thema. Neu ist die Karriere-Wende nicht. Auch Gerhard Schröder oder Joschka Fischer wechselten von der Politik in die Wirtschaft. Vor allem Schröder wurde für diesen Schritt häufig und hart kritisiert.

Die Beweggründe für einen Wechsel sind unterschiedlich. Laut Welt Online soll Koch sich in der Politik über fehlende Gestaltungsmacht beklagt haben. Der Schritt in die Wirtschaft liegt für viele nach einer beendeten Politikerkarriere schon allein deshalb nahe, weil sie sich noch nicht zur Ruhe setzen möchten.

Was in die eine Richtung häufig verpönt ist, kann sich entgegengesetzt zur Erfolgsgeschichte wandeln. Cindy Waxer von unserer kanadischen Schwesterpublikation IT World Canada vertritt die These, dass insbesondere CIOs ideale Politikerqualitäten mitbringen.

CIO oder doch lieber Politiker? Experten trauen CIOs beide Berufswege zu.
Foto: MEV Verlag GmbH

Im Zuge ihrer Recherchen sprach sie mit John Reed vom IT-Personaldienstleister Robert Half Technology, der sie in ihrer Annahme bestätigt. "CIOs sind wie geschaffen für die Politik", sagt Reed.

Drei CIO-Eigenschaften für die Politik

Das begründet er mit drei CIO-Eigenschaften, die auch in der Politik essenziell sind: IT-Verantwortliche können häufig besonders gut zuhören und behalten immer die Realität im Blick, wenn sie sich mit dem Angebot eines Anbieters befassen. Außerdem bringen CIOs in der Regel viel Verhandlungsgeschick mit, weiß Reed. Auch fachliches Know-how können CIOs im Politbetrieb gewinnbringend nutzen. Denn dass der geschickte Einsatz innovativer Technologien Wählerstimmen einbringt, zeigte vor allem der Wahlkampf Barack Obamas.

IT World Canada berichtet stellvertretend von John Albers, der sich von seinem CIO-Posten bei einem Finanz-Management Unternehmen zurückzog und für den Senat im US-Bundesstaat Georgia kandidierte. Bei Facebook, MySpace, Youtube, Twitter und Linkedin präsentierte er sich aktiv in sozialen Netzwerken. Über eine spezielle iPhone App konnten potenzielle Wähler seine Kampagne verfolgen.

Albers' Kandidatur war erfolgreich - auch wegen seiner CIO-Erfahrungen, wie er glaubt. Kein anderer Kandidat setzte moderne Technologien so effektiv ein wie er. "Die traditionellen Methoden wie Hausbesuche und Anrufe sind immer noch wichtig", sagt er. Doch die Rolle von E-Mail, Internetseiten, Videos, Social Media und SMS sei heute enorm.

"Die Aufgabe eines Politikers besteht darin, eine Vision zu schaffen und die Menschen für diese Vision zu begeistern", resümiert Reed. Nicht anders verhalte es sich beim CIO, der seine Abteilung, den Vorstand und das Unternehmen von seiner Mission überzeugen und begeistern müsse.