"Kommunikation ist der Schlüssel für erfolgreiches Outsourcing"

Cognis-CIO Stalinski über Zentralisierung, Preisverfall und neue Technologien

14.08.2008 von Christiane Pütter
Das Chemie-Unternehmen Cognis hat die komplette IT-Infrastruktur ausgelagert. Das Unternehmen gehörte ursprünglich zu Henkel und war im November 2001 an einen Investor verkauft worden. CIO Ralf Stalinski musste die IT komplett neu organisieren. Mit CIO.de spricht er über Chancen und Schwierigkeiten.
Ralf Stalinski ist CIO der Cognis Group. Der 52-jährige Wirtschaftsinformatiker lagert die komplette IT-Infrastruktur aus.

Cognis-CIO Ralf Stalinski verantwortet die strategische Ausrichtung des IT-Bereichs für die komplette Cognis Group und somit für alle nationalen sowie internationalen Standorte. Das Chemie-Unternehmen beschäftigt rund 7600 Mitarbeiter in mehr als 30 Ländern und liefert Roh- und Wirkstoffe für Kosmetika, Reinigungsmittel, Gesundheits- und Lebensmittel. 2007 erwirtschaftete Cognis einen Umsatz von 3,5 Milliarden Euro. Im Rahmen einer Optimierung der IT-Infrastruktur hat sich Stalinski für ein umfangreiches Auslagern an den Dienstleister Computacenter entschieden.

Wie sieht die Rolle der IT in einem typischen Chemie-Unternehmen aus?

Klassischerweise ist die IT primär für die gesamten kaufmännischen Prozesse und die zielgerichtete Unterstützung der geschäftsspezifischen Anforderungen zuständig. Prozessleitsteuerungs-Systeme und Anwendungen im Bereich der Forschung/Entwicklung gehören nicht zu unserem Verantwortungsbereich, da hier häufig sehr spezielles Know-How notwendig ist.

Wie stellte sich Ihre Ausgangslage für das Outsourcing dar?

Unser Unternehmen gehörte ursprünglich zum Henkel-Konzern und ist im November 2001 an eine Investorengruppe verkauft worden. Zu diesem Zeitpunkt nutzten wir noch viele Anwendungen und die IT-Infrastruktur gemeinsam mit Henkel. Mit dem Verkauf von Cognis mussten wir uns der Herausforderung einer weltweiten Trennung der IT-Infrastrukturen und Applikationen von der vormaligen Muttergesellschaft stellen und eine unabhängige IT-Organisation aufbauen.

Wie ging es dann weiter?

Von 2002 bis 2006 haben wir durch den Aufbau von drei regionalen Rechenzentren & Competence Centern in Amerika, Europa und Asien die Standardisierung und Konsolidierung vorangetrieben.

Wie haben Sie die Entscheidung für das Auslagern getroffen?

IT-mäßig haben wir das so gesehen: Wir sind ein mittelgroßes, international tätiges Unternehmen. Trotzdem müssen wir genauso präsent sein wie Großkonzerne. Wir haben uns gefragt: Was sollten unsere Kernkompetenzen sein bei einer weiter fortschreitenden Globalisierung? Dabei haben wir gesehen: Den IT-Betrieb in den Ländern müssen wir heute nicht mehr selbst machen.

Welche Argumente sprachen für ein Outsourcing?

Es gibt neue Tools und neue Technologien, die sehr viel Remote Handling erlauben. Dadurch wird Zentralisierung möglich. Heute sind Bandbreiten verfügbar, die es vor drei, vier Jahren noch nicht gab. Auch durch den drastischen Preisverfall bei den Bandbreiten haben wir neue Möglichkeiten zur Konsolidierung gesehen. Als IT-Funktion sind wir durchaus in der Lage, die technischen Konzepte zu verstehen und beurteilen zu können. Wir haben heute nach wie vor eine Service Management Organisation, wo wir vom Know-how her alle Bereiche komplett abdecken. Aber die Ausführung liegt beim der Partner Computacenter.

Manche CIOs fürchten beim Zentralisieren Nachteile. IT-Mitarbeiter könnten sich quasi entmachtet sehen und ihre Motivation verlieren. War das für Sie ein Thema?

Wir haben das im Vorfeld durchaus als Problem gesehen, das ist aber in deutlich geringerem Maße aufgetreten, als erwartet. Denn wir haben von Anfang an viel Wert auf Kommunikation gelegt, nicht nur in der IT-Abteilung, sondern im ganzen Unternehmen. Dadurch haben unsere Leute verstanden, dass es nicht um eine geringerwertige Tätigkeit geht. Im Gegenteil: Es kommt jetzt mehr auf das Wissen und Managen an als auf das Doing.

Wie schnell haben Sie dabei einen Erfolg gesehen?

Es hat natürlich eine gewisse Zeit gedauert, bis sich das Personal damit identifiziert. Aber wir haben das Team auch begleitet und zum Beispiel neue Rollen und Prozesse beschrieben, um das Ganze konkret zu machen. Trotzdem dauert es natürlich eine Zeit, bis das gelebt wird.

Wie sieht die Struktur Ihrer IT heute aus?

Wir haben rund 150 IT-Mitarbeiter. Etwa 70 Prozent davon sind in den drei Competence Centern beschäftigt. Außerdem verfügen wir über ein kleines Headquarter-Team mit 14 IT-Mitarbeitern. Davon berichten fünf direkt an mich. Unser zentrales Rechenzentrum in Frankfurt wird komplett von Computacenter betrieben.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Dienstleister?

Wir sind der Meinung, dass die Infrastruktur ein sehr wichtiger Bestandteil für uns ist und dass wir eine 24/7-Verfügbarkeit wollen. Computacenter managt heute unsere gesamte IT-Umgebung. Dabei geht es um 6.300 IT-Arbeitsplätzen an rund 70 Standorten in 30 Ländern, die Nutzung eines zentralen Shared Datacenter von Computacenter und den Betrieb sowie das Monitoring des Cognis-LAN-Netzwerks.

Warum haben Sie sich für einen einzigen Anbieter entschieden?

Unser Ziel war es, sich auf einen Anbieter zu konzentrieren, um nicht über verschiedene Schnittstellen mit verschiedenen Providern agieren zu müssen. Wir nutzen die Vorteile der standardisierten End-to-End-Services, die Computacenter für mehrere Kunden anbietet, profitieren so von den Skaleneffekten, bezahlen als Pay-as-you-use und können den Bedarf in einem definierten Korridor angleichen. Dadurch ist es uns möglich, auf Schwankungen im Geschäft flexibel zu reagieren. Wir lagern nach dem Modell End-to-End aus, das heißt, dass der Dienstleister viel Verantwortung übernimmt.

Wie fiel die Entscheidung für den Dienstleister?

Als IT in einem mittelgrossen Konzern hatten wir nicht die Kapazität, uns mit 20 oder 30 Anbietern in Verbindung zu setzen. Daher haben wir uns im Juni 2005 von Gartner und Forrester beraten lassen. Zehn Dienstleister kamen in die engere Wahl, von denen wir ab Oktober 2005 mit dreien in Verhandlungen getreten sind.

In welchen Zeitraum wurde das Outsourcing-Projekt umgesetzt?

Nachdem wir uns für Computacenter entschieden hatten, wurde das Projekt ab April 2006 umgesetzt und im Dezember 2007 abgeschlossen. Wir hatten eigentlich geglaubt, in 15 Monaten fertig zu werden, nun wurden es 18. Unser Zeitplan war allerdings auch sehr ehrgeizig und hat viel Disziplin erfordert.

Welche "Lessons learned" nehmen Sie mit?

Kommunikation ist der Schlüssel, und zwar sowohl für eine erfolgreiche Implementierung des Betriebsmodells in der Firma und der Re-Strukturierung der IT, als auch für die Zusammenarbeit mit dem Partner. Und für uns ist das Modell End-to-End das Richtige.