IT-Silos aufbrechen

Commerzbank-IT bricht mit ihrer Organisations-Struktur

27.03.2008 von Rolf Roewekamp
Die IT der Commerzbank muss sich als interner Dienstleister auf dem Markt beweisen. Deshalb bricht CIO Peter Leukert die Linienorganisation auf und baut eine neue Projektorganisation auf.
Die IT will in der Anwendungsentwicklung aus der Linienorganisation ausbrechen und eine Projektorganisation aufbauen.
Foto: Commerzbank

Als im Januar die Börse in den Keller krachte, war das ein Härtetest für die IT. Die Systeme der Commerzbank wickelten täglich alleine bis zu 98.000 Zertifikate-Trades ab. Für CIO Peter Leukert war das ein Beweis für seinen Anspruch an die führende Bank im Zertifikatehandel: "Wir als IT wollen Werte für die Bank schaffen."

Die IT steht nicht nur bei solchen besonderen Ereignissen unter Druck. Täglich muss sich Leukert mit seinen 2.300 IT-Mitarbeitern gegen Dienstleister im freien Markt behaupten. "Um dauerhaft bestehen zu können, haben wir uns einen fundamentalen Veränderungsprozess verordnet", erläutert Leukert.

Der Wechsel geht in drei Stoßrichtungen: Kundenorientierung, Verbesserung der internen Zusammenarbeit durch Aufbrechen der IT-Silos und Systematisierung der Personalentwicklung.

Mit dem Veränderungsprozess hat die IT im September 2007 begonnen, und sie will ihn in anderthalb bis zwei Jahren abschließen. "Das ist für uns das Fundament, um als interner IT-Dienstleister wettbewerbsfähig zu bleiben", fasst Leukert zusammen.

Der große Bruch in der Anwendungsentwicklung besteht darin, aus der Linienorganisation auszubrechen und eine neue Projektorganisation aufzubauen. Im Bereich Run the Bank gehen die Frankfurter weg von der Plattformorientierung. Statt primär in Fachbereichen wie beispielsweise Host, Unix-Server und Windows-Server zu arbeiten, geht die IT zu einer Geschäftsprozessorientierung über. Schließlich laufen diese ja meist über mehrere Plattformen.

Peter Leukert ist seit Mai 2007 CIO bei der Commerzbank.

Die klassischen Silos hat die Commerzbank auch auf der obersten Ebene aufgebrochen. Dazu stellte die IT das Management-Team neu zusammen und verteilte die Aufgaben neu. Vormalige Linien-Manager wie Team-, Gruppen- und Fachbereichsleiter arbeiten jetzt beispielsweise als Projektchefs. Zudem holte Leukert gezielt Leute von außen ins Management-Team.

Das Ganze sei ein sehr partizipativer Ansatz, bei dem die IT die Mitarbeiter in Gruppen quer zu den bisherigen Hierarchiestufen und Organisationseinheiten zusammenbringe. Die Mitarbeiter sorgen selbst dafür, wie die IT in Zukunft zusammenarbeiten soll. Leukert vergleicht den Ansatz mit einem Hausbau: Das Management gibt vor, dass wir ein Hochhaus bauen wollen und kein Wohnhaus. Aber die Inneneinrichtung und den Zuschnitt der Zimmer bestimmen die Mitarbeiter.

Das soll helfen, Einstellungen und Verhalten der Mitarbeiter zu ändern. So besteht auch der Lenkungsausschuss des Veränderungsprozesses fast nur aus Mitarbeitern sowie zwei Betriebsräten. Nur Leukert und ein weiterer Kollege sind aus dem Management mit dabei.

Parallel dazu hat die IT ein neues Karrieremodell eingeführt. Bisher gab es in der IT nur die klassische Führungskarriere. Jetzt steht allen Mitarbeitern alternativ eine Führungs-, Projektleiter- oder Spezialistenkarriere offen. Alle drei Pfade führen bis auf die höchste Stufe. Um sich an die ungewohnte neue Arbeitsweise zu gewöhnen, hat Leukert zudem ein Skill-Management etabliert. "Zwar entstehen zunächst Ängste angesichts der Veränderungen, doch wir spüren, dass enorm viele Kräfte freigesetzt werden", zieht Leukert ein vorläufiges Fazit. "Mitarbeiter, die seit 20 Jahren dasselbe machen, merken plötzlich, dass sie mitgestalten können." Und noch einen Vorteil hat der partizipative Ansatz für ihn: Man holt so manchen Mitarbeiter aus der Zyniker-Ecke heraus, wenn man ihm Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten gibt.

Selektives Outsourcing

Trotzdem kommt auch die Commerzbank-IT nicht an selektivem Outsourcing vorbei. Dabei gibt sie nach ihrer Strategie nur Commodity heraus. So lagerte die IT beispielsweise Ende 2007 das Management für 33.000 PC-Arbeitsplätze und 12.000 Drucker an HP aus. Der über fünf Jahre laufende Vertrag lag im unteren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Auch wechselten knapp 50 IT-Mitarbeiter zum neuen Dienstleister.

Die Commerzbank hat aber auch schon selbst IT-Dienste in seine Shoring-Center verlagert. Im Nearshore-Standort in Prag sind 80 Mitarbeiter tätig, am Offshore-Sitz in Singapur sind es 85. "Zurzeit verlagern wir ein Teil des IT-Operatings nach Singapur", berichtet Leukert "Dadurch müssen wir in Frankfurt in weniger Bereichen drei Schichten fahren."

Den zentralen Vorteil einer internen IT gegenüber externen Dienstleistern sieht Leukert darin, dass sie das Business unabhängig beraten kann. Und das schafft Wert für die Bank.

CIO-Videonews: Peter Leukert malt sein Wappentier für die IT. Zum Video