Die Zukunft der IT liegt bei den jungen vernetzten Usern

Computer-Kids stoßen Bill Gates vom Thron

26.05.2006 von Christiane Pütter
Endverbraucher statt Business-Kunden, Computer-Kids statt einsame Bosse - die IT der Zukunft wird von der Masse bestimmt. Arbeiten und Leben vermischen sich. So lauten die Thesen des Marktforschers Gartner.

Im frühlingshaften Barcelona proklamierte Gartner-Analyst Simon Hayward das Aufblühen neuer Kulturen in der Informations-Technologie. Auf einem Symposium rief er zwei Mega-Trends aus: Software- wie Hardware-Entwickler werden sich zunehmend am Massenmarkt orientieren und nicht mehr an einer kleinen Elite von Geschäftskunden. Und: Künftige IT-Abteilungen kennen keine starren Hierarchien und Kompetenzen mehr, weil sich eine Clique kreativer Köpfe in Teamarbeit - teils im Büro, teils zu Hause - zusammensetzt.

Der Gartner-Analyst stützt seine Botschaft auf die Selbstverständlichkeit, mit der private Verbraucher - insbesondere junge Konsumenten - heute mit PC, Notebook und PDA umgehen. "Wenn Sie so wollen, ist eine Demokratisierung der Informations-Technologie im Gange", sagt Hayward.

Mancher CIO der älteren Generation dürfte sich schwer tun

Flagschiff in dem neuen Fahrwasser ist für ihn das Thema Open Source: Nicht ein einzelnes Unternehmen, sondern vernetzte, technik-begeisterte User entwickeln heute die Lösungen von morgen. Bill Gates mag allein in einer Garage angefangen haben - inzwischen haben sich Cliquen zusammen gefunden, die gemeinsam arbeiten. Eine Kultur, die sich auch im professionellen Bereich durchsetzt: An den Universitäten sind Teamwork und Gemeinschaftsprojekte gang und gäbe, so Hayward. Der Nachwuchs lerne beizeiten, voneinander zu profitieren.

Dass das nicht ohne firmeninterne Reibereien ablaufen wird, ist Hayward klar: "CIOs der älteren Generation dürften Schwierigkeiten haben, diese neue Arbeitsweise zu akzeptieren. Sie wird sich aber durchsetzen, weil sie produktiver und für die Unternehmen gewinnbringender ist", sagt er.

Mit den skizzierten Entwicklungen geht für den Gartner-Analysten einher, dass die Grenzen zwischen den Bereichen Arbeiten und Leben verwischen. Weil private Verbraucher dieselben Forderungen an Hardware und Software stellen wie Geschäftsleute, hätten sie immer öfter die entsprechende technische Infrastruktur zu Hause und könnten vom Home-Office aus liefern.

Simon Hayward fasst diese Prognosen unter den Begriffen "Commoditization and Consumerization" sowie "Community and Collaboration" zusammen.

RFID-Tags und Familienfotos

Er benennt außerdem einen weiteren Trend: Unter dem Stichwort "Software Delivery Models and Development Styles" unterstützt er beispielsweise die SOA-Befürworter. Hayes geht davon aus, dass Software künftig so gehandhabt wird, dass der "normale" User sie immer besser verstehen kann.

Für Service-Provider bedeute das, dass sie mit zunehmend erfahrenen Kunden zu tun haben.

Den letzten Trend schließlich fasst Hayward unter dem Begriff "Virtualization and Terra-Architectures" zusammen. Demnach sind immer mehr elektronische Units vernetzt. Das betrifft sowohl die Industrie, die RFID-Tags an Konsumgüter heftet und in die Welt schickt, als auch PCs. "Der Aufwand für den einzelnen User wird dabei immer geringer", so der Analyst. Und muss plötzlich ein bisschen grinsen: "Mein Vater ist 80 Jahre alt und schickt uns Familienfotos, die er mit der Digicam gemacht hat."