Qualitätsmanagement bei Müller

Damit der Osterhase nicht erst zu Weihnachten kommt…

20.02.2007 von Riem Sarsam
Die Drogeriekette Müller hat ihre Qualitätstests für neu entwickelte Software automatisiert. Damit beugt das Unternehmen bösen Überraschungen im Zuge der Weiterentwicklung seiner Warenwirtschaft vor.

Mangelnde Softwarequalität und entwickelte Applikationen, die nicht den ursprünglich definierten Anforderungen entsprechen, sind nach wie vor einer der Hauptgründe für die zusätzlich hohen und nicht geplanten Ausgaben in der IT. Obwohl bereits viel Aufklärung betrieben wurde, kommt der Qualitätsaspekt in vielen Entwicklungsprojekten immer noch zu kurz. Finden Tests statt, um beispielsweise die Leistung oder Funktionen einer Software aus Anwendersicht zu überprüfen, dann meist zu spät. Mögliche Nachbesserungen würden den Zeit- und Budgetrahmen des gesamten Projektes sprengen.

Dies belegen die Zahlen des von der Standish Group alle zwei Jahre veröffentlichten Chaos Reports: Von insgesamt 100 IT-Projekten wurden nur 29 erfolgreich abgeschlossen, 53 sprengten die Zeit- und Budgetvorgaben, 18 Projekte scheiterten gänzlich. Gerade in der Softwareentwicklung werden Tests gerne aufgeschoben. Handelt es sich um Entwicklungsprojekte wie bei der Drogeriekette Müller, die direkten Einfluss auf Umsatzspitzen haben und pünktlich zu einem Saisonstart fehlerfrei funktionieren müssen, gewinnt ein automatisiertes Qualitätstestmanagement an geschäftskritischer Bedeutung.

Im Zuge der rasanten Entwicklung und des Wachstums investierte Müller in ein zentrales Warenwirtschaftssystem, ZWWS, über das die Bestellungen, der Einkauf und die Disposition für rund 440 europäische Filialen abgewickelt werden. Damit beispielsweise Nikolaus und Osterhase pünktlich im Regal stehen entschied man sich für ein zentrales Warenwirtschaftssystem, das etwa 100000 aktive Artikel umfassen kann. An das ZWWS ist ein Filialsystem angeschlossen. Saisonal werden die Applikationen angepasst und weiterentwickelt. Rund 30 Mitarbeiter sind ausschließlich für die Applikationsbetreuung, davon neun für das Testmanagement zuständig. Für das Tagesgeschäft der Drogeriekette müssen Grundfunktionalitäten stets verfügbar sein, auch in neuen Systemversionen und trotz Veränderungen im Hintergrund.

Um die Weiterentwicklungen am ZWWS auf ihre Funktionalität zu überprüfen, führte die Drogeriekette vor sieben Jahren die Lösung SilkTest ein. „Im Laufe der Zeit sind derart viele unterschiedliche Entwicklungsvorgänge angefallen, dass wir nach einem Weg gesucht haben, um das Testmanagement effizienter und zentral zu gestalten“, so Eric Ammann, Applikationsbetreuung bei Müller über die Beweggründe zur Einführung einer Testmanagement-Lösung.

Von der Automatisierung der Testprozesse profitieren die Testingenieure insbesondere durch die Zeitersparnis. Skripte laufen zeitgesteuert auf verschiedensten Rechnern ab und ermöglichen ein individuelleres Arbeiten. Bekommen nun die Tester eine neue Version einer Software, einen so genannten Build, von ihren Kollegen zur Überprüfung, werden die strukturierten Skripte automatisiert gestartet. Nach wenigen Clicks laufen die Tests im Hintergrund ab und verschaffen dem Team einen deutlichen Zeitgewinn im Entwicklungsprozess. Müller setzt SilkTest als Werkzeug für die regelmäßigen Grundfunktionstests ein. „Immer gleich bleibende Vorgänge wie beispielsweise die Eingabe von neuen Artikel ins Zentrale WWS müssen immer funktionieren – ganz unabhängig von den Builds, den Entwicklungen und Änderungen an der Software im Hintergrund“, so Eric Ammann weiter.

Neben den reinen Grundfunktionalitäten, die immer gegeben sein müssen, werden im Rahmen eines ganzheitlichen Qualitätstestmanagements auch die Leistungen am selbstentwickelten und ans ZWWS angegliederte Filialwarenwirtschaftssystem getestet. So überprüfen die Testingenieure, ob die Anwendungen auch unter starker Belastung den Anforderungen standhalten. „Wir müssen gewährleisten, dass die Systeme auch dann fehlerfrei funktionieren, wenn mehrere Tausend Mitarbeiter bundesweit gleichzeitig kassieren und die Daten an die Dataware House übermittelt werden“, so Ammann weiter.

In Echtzeit testen die Ingenieure die Performanz aus Sicht des Endanwenders. Nach jedem Testlauf erstellt die Software automatisch einen Report, der Auskunft gibt über Auslastungsspitzen und mögliche Optimierungspotenziale. „Die verschiedenen Applikationen sind derart von einander abhängig und eng miteinander verzahnt, dass eine Änderung immense Auswirkungen haben kann“, kommentiert Eric Ammann.

Die Qualitätstests für die Applikationen werden zentral von einem Test Manager gesteuert, überwacht und ausgeführt. Dieser fungiert außerdem als Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Betriebssystemen wie Windows und Linux. „Da alle unsere Test-Assets wie Testpläne, -skripte, -ergebnisse oder Qualitätsmetriken im zentralen Repository verwaltet werden, können wir die Informationen schnell und von Projekt zu Projekt und von Version zu Version wieder verwenden“, zählt Eric Ammann die Vorteile auf. Außerdem lässt sich das Qualitätsmanagement auf andere Bereiche ausweiten, weil dieselben Tests nicht immer wieder mühevoll neu erstellt werden müssten. Letztlich kann die Drogeriekette damit gewährleisten, dass die Mitarbeiter trotz neuer Software-Versionen die Waren pünktlich in den Handel bringen können.