Accenture Innovationsforum

Das erwarten Startups von Konzernen

21.04.2016 von Christiane Pütter
Arbeiten Konzerne mit Startups zusammen, wollen sie von diesen vor allem lernen. Innovation und Geschwindigkeit etwa. Ihnen fehlt oft das Bewusstsein, dass der kleine Partner auch wirtschaftlich agieren muss und nicht sechs Monate auf sein Geld warten kann.
Gründer Michael Hübl formulierte auf dem Accenture Innovations Forum 2016 klare Forderungen an Konzerne.
Foto: Accenture

Michael Hübl hatte auf dem Innovationsforum der Unternehmenberatung Accenture fünf Minuten. Und nutzte sie für klare Worte. Der Mitgründer und Produktchef des Startups flinc, das eine App für Mitfahrzentralen anbietet, vertrat mit vier weiteren Gründern die Seite der Startups auf Accentures Veranstaltung.

Die Fehler der Konzerne

In seinem Vortrag formulierte Hübl, der unter anderem mit der Deutschen Bahn zusammenarbeitet, welche Fehler Konzerne in der Kooperation mit Startups nicht machen sollten:

Nur lernen wollen: Wissenstransfer vom Startup zum Konzern darf nicht der einzige Zweck der Zusammenarbeit sein. Die Big Player brauchen eine Strategie und gute Vorbereitung für die Kooperation.

Nach drei Monaten beschweren, dass der Business Plan nicht stimmt: Wer mit einem Start-Up kooperiert, kann nicht die eigenen Metriken auf alles übertragen.

Keine klaren Verantwortlichkeiten benennen: Dass Startups agil und kreativ sind, heißt nicht, dass sie keine Struktur wollten.

Lange Entscheidungsfindungen: Startups leben von ihrer Geschwindigkeit. Der große Partner darf sie nicht ausbremsen.

So können es Konzerne besser machen

Michael Hübl gab großen Unternehmen aber auch Tipps für die Zusammenarbeit mit Startups:

Eine Fastlane einrichten: Konzern und Startup werden gern mit Tanker und Schnellboot verglichen. Das Schnellboot braucht denn auch die Fastlane.

Gemeinsame Projekte durchführen: Es soll ja gemeinsam gearbeitet werden - und das bezieht sich nicht nur auf Workshops und Präsentationen.

Türen öffnen: Die Stärke der Startups ist ihr Tempo, die Stärke des Konzerns seine Glaubwürdigkeit. Diese Kombination soll zum Erfolg führen - für beide.

Investieren: Auch das Start-Up funktioniert als wirtschaftliches Unternehmen und will Geld verdienen.

Einhellig schlossen sich die Vertreter der anderen Startups dieser Liste an. Tenor der Erfahrungsberichte: In den Konzernen fehlt oft das Bewusstsein dafür, dass der kleine Partner bei einem Zahlungsziel von sechs Monaten auf Grund gerät. Auch den Kostendruck der Big Player erleben sie mitunter hautnah. So erzählte Catharina van Delden, Gründerin von Innosabi, ganz offen: "Wir haben es auch schon erlebt, dass Konzerne einen massiven Discount aushandeln wollten nach dem Motto: 'Ihr gewinnt doch so viel Ansehen durch uns'. Da muss man als Startup schon gucken, dass die Zusammenarbeit wirtschaftlich bleibt."

Accenture Innovations Forum 2016
Accenture Innovations Forum 2016
Erstmals stieg das Accenture Innovations Forum 2016 im Kesselhaus, einer hippen Party-Location, statt wie bisher im Hotel Bayerischer Hof. Das passte besser zum Motto "Big Player meets Start-Up", fand man.
Treffen der zwei Welten
Accenture-Chef Frank Riemensperger hatte sich denn auch passend gekleidet. Die gediegene Anzughose zum lässigen Pulli sollte die beiden Welten - Konzerne und Startups - verbinden, erklärte er. Inka Schneider führte durch die Veranstaltung.
Runde der Big Player
Die Seite der Konzerne vertraten Burkhard Dümler von Adidas, Uli Huener von EnBW, Martin Sinner von der Electronics Online Group Media Saturn sowie Georg Oenbrink von Evonik und Florian Krummheuer von DB Regio Bus.
Mark Curtis, Fjord
Mark Curtis ist Mitgründer von Accenture-Tochter Fjord. Er sprach über den holperigen Weg von Design Thiniking zu Design Doing. Diesen können zum Beispiel HR-Abteilungen blockieren, die ihre Kompensationsmodelle nicht auf intrinsiche motivierte Kreative umstellen, oder Hausmeister, die nicht erlauben, dass die Wände im Büro des Innovationsteams neu gestrichen werden.
Runde der Startups
Als Vertreter der Star-Ups kamen Louis-Victor Jadavji von Wiivv, Emre Akgagcik von der Deutschen Technikberatung sowie Catharina van Delden von Innosabi, Stephan Kühr von 3Yourmind und Michael Hübls von flinc.
Michael Hübl, flinc
Michael Hübl von flinc hatte eine Liste der Forderungen mitgebracht, die Startups an Konzerne stellen. Eine davon: "Lernt nicht nur von uns!" Startups müssen mit ihrer Zeit und ihrem Engagement wirtschaftlich umgehen und sind keine Spielwiese.
Catharina van Delden, Innosabi
Catharina van Delden, Gründerin von Innosabi, sagt ganz offen: „Wir haben es auch schon erlebt, dass Konzerne einen massiven Discount aushandeln wollten nach dem Motto: ‚Ihr gewinnt doch so viel Ansehen durch uns‘. Da muss man als Start-Up schon gucken, dass die Zusammenarbeit wirtschaftlich bleibt.“

Dass ein agiler Sprinter auf den langen Wegen der Konzerne auf der Strecke bleiben kann, zeigt ein weiteres Beispiel. Innosabi arbeitet mit Cloud-basierten Systemen. Die Einkaufsabteilung manches Konzerns aber hat dafür keine Standard-Verträge. Mitunter muss van Delden das monatelange Brüten der Rechtsabteilung abwarten.

Stephan Kühr, Chef von 3yourmind, weiß die Trägheit der Big Player für sich zu nutzen. Sein Startup fokussiert sich auf die Vermittlung des richtigen Dienstleisters für 3D-Druck. Kühr erzählt von Konzernen, die sich an ihn wandten - obwohl ein solches Gerät in der Nachbarabteilung steht. Dennoch sei die Abwicklung über 3yourmind ist dann einfacher, grinst Kühr unter Lachen des Publikums.

Innovation nicht in Silos begrenzen

Jenseits der Diskussionsrunde nimmt sich Catharina van Delden noch Zeit für ein kurzes Gespräch mit unserem Magazin. Dabei zeigt sich die 31-Jährige optimistisch: "In jedem Unternehmen gibt es schräge Vögel. Das ist übrigens keine Altersfrage!" Zunehmend lernten die Unternehmen, solche Mitarbeiter zu schätzen. Als Startup müsse man diese schrägen Vögel eben finden.

Innosabi-Gründerin Catharina van Delden auf dem Accenture Innovations Forum 2016.
Foto: Accenture

Grundsätzlich hält die Gründerin wenig davon, 'Innovations-Silos' durch abgegrenzte Teams zu bilden. Ihre These: In zehn Jahren wird jeder Mitarbeiter in seinem Bereich für ein Innovations-freundliches Klima verantwortlich sein. Noch aber fehlt der jungen Frau die Hands-on-Mentalität in Deutschland.

Van Delden weiß, wie sehr die Arbeit für ihre Kunden immer auch mit Change Management zu tun hat. Als Beispiel nennt sie einen großen Energieversorger. "In dieser Branche stand lange die Sicherheit ganz oben. Das war auch wichtig, denn wer ein Kraftwerk baut oder betreibt, darf nicht den kleinsten Fehler machen", erzählt sie. Und dieses Unternehmen habe plötzlich mit Smart Home zu tun. "Das ist eine ganz andere Denke: Ein Bug ist nicht dramatisch und man schmeißt einige Apps auf den Markt, von denen man nicht alle brauchen wird", sagt van Delden, "hier geht es eben um Geschwindigkeit und eine ganz andere Herangehensweise!"