Business Process Outsourcing

Das große Geschäft lässt auf sich warten

05.09.2005 von Riem Sarsam
Nur zögerlich formiert sich ein Markt für Business Process Outsourcing. Jüngsten Untersuchungen zufolge zieren sich gerade die deutschen Unternehmen, obwohl die Dienstleister bereits Angebote zu Accounting, HR, Procurement und Kundenmanagement machen.

Eigentlich ist es ein alter Hut. Die Auslagerung ganzer Prozesse aus Entwicklung oder Fertigung kennt die Industrie schon lange. In der Automobilbranche hat dies zu einer Verringerung der Fertigungstiefe auf 30 Prozent und weniger geführt. Auch die genossenschaftlich organisierte Datev erledigt seit 40 Jahren die Lohn- und Gehaltsabrechnungen vornehmlich für mittelständische, aber auch für große Unternehmen - mittlerweile sind das gut 70 Millionen Abrechnungen jährlich.

Dennoch ist BPO mehr als ein neues Wort für ein altes Geschäft. Mit dem Fortschritt der IT- und TK-Technik hat sich auch das Servicespektrum für BackofficeProzesse stark erweitert. "Ein weltweit organisiertes Rechnungs- oder das Personalwesen an externe Spezialisten abzugeben ist durch die heutige Technik erst machbar", begründet Bernd Schäfer den jüngsten Trend. Schäfer ist in Europa Geschäftsführer des Outsourcing-Beratungsunternehmens TPI, das unter anderem einen jährlichen Index zum Markt erstellt. Nicht nur machbar, auch bezahlbar und damit attraktiv seien die Dienstleistungen nun für die Unternehmen.

Vier Bereiche mit Potenzial

In vier Bereichen sieht Schäfer eine Zukunft für BPO: im Personalwesen, im Finanz- und Rechnungswesen (F&A), im Procurement sowie beim Kundenmanagement, beispielsweise dem Betrieb von Call-Centern. Allesamt Prozesse, die sich prinzipiell standardisieren und bündeln lassen, meist strategisch irrelevant sind und sich der modernen IT- und Web-Techniken bedienen.

Letzteres hat auch die klassischen IT-Dienstleister und Systemintegratoren auf den Plan gerufen. Damit treten IBM, Accenture oder HP nun gegen Prozess- und Industriespezialisten an. "Der Markt ist stark fragmentiert und wird es auch bleiben", sagt Pascal Matzke, Principal Analyst bei Forrester. Statt einer homogenen Anbietergruppe konkurrieren Dienstleister unterschiedlicher Herkunft in diesem Segment. Einige Branchen wie beispielsweise die Banken bleiben lieber unter sich und lagern an Tochtergesellschaften oder Wettbewerber aus. Andere Anbieter positionieren sich über ihr spezielles Prozess-Know-how oder eben über ihre technische Kompetenz.

Warum gerade die IT-lastigen Anbieter das Rennen machen sollten, leuchtet Matzke nicht ein. "Als Technologie-Provider fehlen der richtige Ansprechpartner und das Vertrauen auf der Kundenseite." Dieses Dilemma versuchten die Firmen zu lösen, indem sie auf Einkaufstour gingen. Durch die Übernahme von Beratungshäusern oder Spezialdienstleistern haben sie sich Kundenkontakte und Prozesswissen einverleibt und dieses entsprechend auf die Bedürfnisse der Unternehmen ausgerichtet.

Deals mit prominenten Kunden sind selten

Doch von einem blühenden Geschäft für Business Process Outsourcing in Deutschland kann keine Rede sein. Im Moment suggerieren vor allem die Marketing- und Vertriebsaktivitäten der Dienstleister, es gebe Bewegung im Markt. Doch Deals mit prominenten Kunden sind selten. Zu selten, meint Matzke. Um den Markt anzukurbeln fehlt der Antrieb. "Für einen Durchbruch in Deutschland fehlt es den Anbietern noch an sichtbaren Referenzen."

Dass sich der Markt etablieren wird, steht außer Frage. Aber von den rosigen Wachstumsprophezeiungen darf man sich nicht blenden lassen: "Ein riesiges Massengeschäft wird Business Process Outsourcing nicht werden", bremst Matzke übertriebene Erwartungen.