Electronic Shelf Label

Digitale Preisschilder- das neue Gesicht des Einzelhandels

07.03.2018 von Uwe Ritschel
Die zum 1. Julit 2020 in Kraft tretende Mehrwertsteuersenkung stellt viele Retailer und stationäre Einzelhändler vor große Probleme - sie müssen an einem Tag die Preisschilder an allern Waren ändern. wollen sie den Preisvorteil an ihre Kunden weiter geben. Da sind die Fachhändler im Vorteil, die mit digitalen Presischildern arbeiten.

Wer geglaubt hat, dass der Online-Handel den Einzelhandel und die Fußgängerzone zum Showroom degradieren werde, hat nicht mit der Wandlungsfähigkeit des stationären Handels gerechnet. Seine Zukunft liegt im Zusammenspiel von traditionellem Ladengeschäft und digitaler Technologie.

Elektronische Regale

"Electronic Shelf Label", kurz ESL genannt, ist eine der Technologien, die dem Einzelhandel vor Ort ein neues Gesicht geben. Warenaufmachung ist nicht nur die richtige Positionierung eines Artikels - nein, es gehört auch eine saubere Preisauszeichnung dazu. Und, wo immer es notwendig ist, gehört auch ein erklärender Text dazu. "Zu jedem Artikel ein liebes Wort", das ist eine alte Kaufmannsweisheit.

Nehmen wir hier als Beispiel einen großen Supermarkt, der 10.000 bis 15.000 Artikel im Angebot hat. Sonderangebote sollen herausgestellt werden und Neuheiten müssen ihre Vorzüge schon am Regal anpreisen. Dazu kommen noch erklärungsbedürftige Artikel, die sich so nicht von allein verkaufen lassen. Das alles ist mit ESL - auch bekannt als elektronisches Preisschild oder digitales Preisschild - nun auf Knopfdruck möglich.

Bisher sind Ladengeschäfte mit digitalen bzw. elektronischen Preisschildern noch dünn gesät. Der 2014 runderneuerte Saturn-Markt in Ingolstadt besitzt solche Vorrichtungen.
Foto: Media-Saturn

Die Technik

Um die Wareninformationen auf Knopfdruck zu ändern, benötigt der Händler

Für die Technik hat sich die ePaper-Technologie durchgesetzt. Eine Technologie, die viele bereits vom eBook Reader kennen Mit dieser Technik ist es möglich, Bildpunkte in Schriften, Zahlen und auch Logos umzuwandeln. Die Dot-Matrix Technologie geht sogar noch einen Schritt weiter und arbeitet mit einem voll grafikfähigem Display.

Die Schilder selbst werden von einer Knopfbatterie gespeist, die bei fünf Aktionen pro Tag, circa fünf Jahre halten kann. Strom wird nur verbraucht, wenn das Preisschild vom Server angesprochen wird. Die Technik funktioniert von 10 bis 50 Grad plus ohne Probleme.

Digitale Preisschilder bei Media-Saturn.
Foto: Media-Saturn Holding GmbH

Wind und Wetter, sowie Temperaturen unter null Grad drücken aber nur unwesentlich auf die Lebensdauer der Batterien. Fünf Jahre bei nur drei Aktionen täglich werden auch erreicht. Das ganze System arbeitet per Funk, je nach Hersteller oder Technologie, über die Frequenzen 433 THz, über 866 MHz oder auch über ein schnelles 2,4-GHz-Netzwerk, welches eine bidirektionale Verbindung zum Preisschild am Regal aufbaut. Dadurch ist sichergestellt, dass alle Preis- oder Textänderungen sicher am richtigen Preisschild ankommen. Eine Schnittstelle zum Warenwirtschaftssystem ermöglicht eine voll automatische Steuerung und noch mehr Informationen. Darüber hinaus lassen sich Bluetooth und NFC integrieren.

Mehr Zeit für den Kunden

Jeden Montag müssen bei Ladenöffnung des Supermarkts, oft schon um 7:00 Uhr, bis zu 100 Preise der neuen Prospekte aktualisiert sein. Dazu kommen ebenso viele Preisänderungen durch die abgelaufenen Werbungen der Vorwoche. Die Aktionen zum Wochenstart und die Angebote nur für das Wochenende müssen auch bearbeitet werden, und die Preise für Frischware ändern sich oft täglich.

Das heist: erst drucken, dann suchen und finden und zu guter Letzt auch noch austauschen. Schließlich können die Preisschilder samstags nicht vor 20:00 Uhr installiert werden und müssen montags zur Geschäftseröffnung korrekt an der Ware sein. Eine logistische Leistung, die nur durch Umschichtungen im Personalbereich bewältigt werden kann. Fehler sind dabei nicht ausgeschlossen und der Ärger an der Kasse ist vorprogrammiert. Mit ESL können sich die Mitarbeiter ihren eigentlichen Aufgaben widmen und der Kunde steht wieder im Mittelpunkt.

Mit einem funktionierenden ESL-System hat der Mitarbeiter nicht nur mehr Zeit für den Kunden. Durch die zentrale Gestaltung der Preisschilder bleibt die Aussage an der Ware komplett in der Hand der Marketingabteilung. Gerade bei loser Ware kann es schon ausschlaggebend sein, ob der Preis in Kilo oder per 100 Gramm angegeben ist. Bei Markenartikeln kann das Logo des Herstellers das Preisschild aufwerten. Die Preisschilder müssen auch nicht unbedingt mit schwarzer Schrift auf weißem Grund dargestellt werden. Jede Farbe, die aus der Reihe der weißen Etiketten heraussticht, bringt zusätzliche Aufmerksamkeit. Auch mit der Größe der Preisschilder kann man spielen.

Erscheinungsbild am POS

Mittlerweile stehen eine Vielzahl von Größen und Formen zur Auswahl. Bei den Farben können Sie zwischen

wählen. Damit können auch alle Verkaufsaktionen bedient werden. Eine Regalauszeichnung benötigt andere Formate als ein Preisschild in einer Vitrine. Obst und Gemüse stellt andere Anforderungen als Elektronische Geräte. Barcodes und QR-Codes können zusätzlich auf dem Etikett angezeigt werden. Damit sind weitere und aufwändigere Infos leicht über das Handy abrufbar.

Das bietet sich zum Beispiel bei Lebensmitteln, vor allem für Allergiker, an. Bei Farben und Lacken können es Infos über Giftstoffe sein und bei Textilien möglicherweise ein paar Pflegehinweise. All diese Feinheiten können bereits bei der Listung des Artikels eingepflegt werden. Der aktuelle Preis kann dann, genauso wie der Artikeltext, aus dem Warenwirschaftssystem beziehungsweise dem Kassensystem entnommen werden.

Am Montagmorgen reicht dann ein Knopfdruck - und die Preisauszeichnung aller Artikel ist auf dem aktuellen Stand. Alle Schilder sind nichtreflektierend und bis zu einem Winkel von 170 ° gut lesbar.

Aktionspreise lassen sich mit ESL durch eine gezielte Farbgestaltung hervorheben.
Foto: MediaSaturn

Interaktive Touchscreens, digitale Bildschirme und Videowalls aber auch interaktive Spiegel in den Umkleiden kennzeichnen die digitale Entwicklung am POS. Die digitalen Preisschilder sind nichts anderes als die konsequente Anwendung dieser Technologie direkt an der Ware. So verknüpft der Handel seine stationären Geschäfte mit der digitalen Welt. Was der Kunde im Internet schätzt soll er auch vor Ort wiederfinden.

Digitale Preisschilder im IT-Handel

Die Elektronikriesen Media Markt und Saturn sind mit dieser Technik ganz vorne mit dabei. Gerade auf dem Elektro- und Elektronikmarkt sind Preisänderungen an der Tagesordnung. Hier gibt das Internet den Takt vor. Unternehmen, die on- und offline verkaufen, können so ihre Preisänderungen gleich parallel übernehmen.

Jedes Click&Collect-System wäre zum Scheitern verurteilt, wenn im Netzt bestellte Ware, im stationären Handel teurer zu haben wäre. Im neu eröffneten Concept-Store in Eindhoven sind die Preisschilder mit der Mobile Store Mode-Anwendung verbunden. Hier kann der Kunde sich direkt weitere Informationen über das Angebot auf sein Handy holen, den Artikel online bestellen oder im Laden direkt kaufen.

Vom Preisschild bis zur Beacon-Technologie

Electronic Shelf Lables sind aber nicht nur ein einfaches Preisauszeichnungssystem. Durch die Verknüpfung mit dem Warenwirtschaftssystem lassen sich Bestände auch in Größen und Farben anzeigen. Eine wichtige Information für Kunden, die Schuhe oder Textilien suchen.

Damit stehen dem Handel zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung. Zum Beispiel:

Bluetooth- und Beacon-Technik ermöglichen eine lückenlose Auswertung der Customer Journey. Push-Nachrichten mit aktuellen Angeboten führen den Kunden zielgenau dahin, wo er auf seine personalisierten Angebote trifft. Wichtige Infos kommen direkt aufs Handy. Über NFC oder QR-Codes bekommt der Kunde noch zusätzliche Information. Testberichte und Kundenbewertungen informieren direkt an der Ware. Indoor Navigation hilft lange und unnötige Suchen zu vermeiden. Alles das kann, gut verknüpft, auf der Basis von ESL schon heute umgesetzt werden.

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Mit dem Fortschritt der Technik wachsen auch die Ansprüche der Kunden. Es ist noch gar nicht so lange her, da genügte es, alle acht bis zehn Jahre sein Geschäft neu aufzustellen. Die Digitalisierung gibt heute aber ein ganz anderes Tempo vor. Wer damit nicht Schritt halten kann, hat schon bald den Anschluss verloren.

Die Vorteile von elektronischen Preisschildern

Für den Händler liegen die Vorteile auf der Hand. Mit einer aktiven Steuerung seines Sortiments ist er in der Lage, die Erträge maßgeblich zu beeinflussen. Sonderangebote können mit blinkenden Preisschildern nicht mehr übersehen werden. Auch die Farbe eins Etiketts oder die Größe des Preisschildes kann für Aufmerksamkeit sorgen. So ist es möglich, die margenstarken Artikel oder auch Überbestände besonders hervorzuheben. Mit einer App, nur für Mitarbeiter, können zudem Infos über Bestand, Abverkauf, MHD, EK Preis, Lieferant, Bestückungsvorgaben und Regalprogramme abgerufen werden.

Theoretisch wäre es sogar denkbar, die Preise, wie an der Tankstelle, zu verschiedenen Tageszeiten zu verändern. Media Markt hat das am 27.12.2017 schon einmal mit einem doppeldeutigen "Frühshoppen" probiert. Dazu gab es ganz besondere Angebote von 8:00 bis 11:00 Uhr. Bei Lebensmitteln kann man sich so etwas nicht vorstellen. Der Kunde würde das nicht akzeptieren. Da macht es eher Sinn, wenn zum Beispiel ein Überbestand an Erdbeeren vor dem Wochenende noch zum Sonderpreis abverkauft werden kann. Das Gleiche gilt für Saisonware wie Weihnachtsmänner oder Osterhasen. Preisreduzierungen werden zu jeder Zeit gerne angenommen.

Auch das Dänische Bettenlager ist von den Vorteilen der elektronischen Preisschilder überzeugt und investiert 2019 über 50 Mio. € für die Umsetzung in seinen 1.300 Fachmärkten. Die 1,5 Tage Arbeitszeit, welche so pro Filiale und Woche eingespart werden können, sollen "in vollem Umfang unseren Mitarbeitern für noch mehr und noch bessere Beratung und Service zugutekommen [...]", so Geschäftsleiter Ole N. Nielsen. Er betont auch den Umweltaspekt der Investition: "Wir entlasten die Umwelt, indem wir durch den Wegfall gedruckter Preisschilder künfigt auf eine Riesenmenge Papier, Toner und Transportaufwand verzichten können".

Die Kosten für digitale Preisschilder

Die Preise für eine Grundausstattung sind, schon wegen der immer höheren Stückzahlen, bereits merklich gesunken. Die Farbtechnik hat aber diesen Vorteil schon wieder aufgezehrt. Wer heute ein ESL-System einführt, kommt an den farbigen Etiketten nicht vorbei.

Eine Komplettausstattung für 150.000 Artikel in einem Supermarkt kostet mit neuester Technik schon einen sechsstelligen Betrag. Darin sind die farbigen Displays, Displayschienen, Schaukästen und die gesamte Technik enthalten.

Es gibt auch Leasingangebote, pro Monat im unteren vierstelligen Bereich, je nach Größe, Umfang und Leasingdauer. Das hat den Vorteil, dass nicht so viel Kapital gebunden ist und der Händler immer wieder auf den neuen Stand der Technik zurückgreifen kann. Die eingesparten Personal-, Papier- und Druckkosten sind dagegen zurechnen. Was dann bleibt, sind die großen neuen Möglichkeiten, den Kunden mit einer klaren und ansprechenden Art von seinen Angeboten zu überzeugen.

Für Händler, die Aufträge auch von Behörden und öffentlichen Einrichtungen erhalten, hat das Digitale Preisschild noch eine zusätzliche Bedeutung. Corporate Social Responsibility, kurz CSR genannt, ist ein wichtiger Faktor bei der Auftragsvergabe der Öffentlichen Hand. Wer nachweisen kann, dass er durch aktives Handeln jede Woche bis zu 200 Preisschilder aus Papier einsparen kann, das sind bis zu 10.000 Preisschilder im Jahr, hat für die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz einige Punkte gut gemacht.

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Einer der Vorreiter in Sachen "digitale Preisschilder" ist der deutsche Netzwerkanbieter Lancom Systems. Er stattet Retailer und stationäre Einzelhändler nur mit der Funktechnik aus, die es erlaubt, die digitalen Preisschilder flächendeckend zu aktualisieren, Lancom liefert auch die zugehörigen ePaper Displays aus. (rw)