Deutsche Post stellt sich selbst ein Bein

De-Mail-Zulassung der E-Post gescheitert

28.03.2013 von Johannes Klostermeier
Es klingt wie ein Treppenwitz der De-Mail-Geschichte. Die Deutsche Post wollte seine E-Post für De-Mail akkreditieren. Doch wegen des der Konkurrenz verwehrten PostIdent-Verfahrens klappte es nicht.

Die Deutsche Post hat sich selbst ein Bein gestellt. Es klingt unglaublich, scheint aber wahr zu sein. Zu Beginn der De-Mail-Einführung hatte sie noch der Konkurrenz von Deutscher Telekom und 1&1 die Nutzung des posteigenen Ident-Verfahren verwehrt, um den De-Mail-Anbietern Knüppel zwischen die Beine zu werfen – zugunsten des eigenen E-Postbriefs, inzwischen umbenannt in E-Post.

Gerichtsverfahren folgten, die die Deutsche Post letztlich gewann (Aktenzeichen VI-U (Kart) 14/1, Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorfer vom November 2011). Telekom und 1&1 mussten sich andere Verfahren suchen, um ihre Kunden für De-Mail nach der Registrierung eindeutig identifizieren zu lassen. Das erfolgt nun in T-Shops, durch Hermes und Mitarbeiter, die an die Haus- oder Bürotür des Kunden kommen.

Bisher kam die Post per Postbote. Doch die Zahl der Briefe schrumpft seit dem Siegeszug der E-Mail deutlich.
Foto: Deutsche Post AG

Jetzt bestätige ein Post-Sprecher: Zwar habe die Deutsche Post beim BSI noch keinen Akkreditierungsantrag gestellt, man habe jedoch inzwischen „alle Testate und Zertifikate, die für eine Akkreditierung notwendig sind" zusammen. Allerdings, so die wichtige Anmerkung, alle - „bis auf eines".

Und hier liegt das Problem, so der Sprecher weiter: Man habe nämlich deswegen noch keinen Akkreditierungsantrag gestellt, "weil es eine unklare Rechtslage bezüglich des Identifizierungsverfahrens und den hiermit verbundenen Folgen gibt."

Und jetzt wird es ziemlich kompliziert und ist so richtig nur noch für Juristen verständlich. Denn es geht laut Post nun um die Frage, ob mit De-Mail verbindliche Rechtsgeschäfte, die mit finanziellen Transaktionen verbunden sind, möglich seien - oder nicht.

Das De-Mail-Gesetz verlange bei der Identifizierung des Kontoinhabers nämlich keine Dokumentation von Ausweisnummer, Art des Ausweises und der ausstellenden Behörde. Das Geldwäschegesetz (GWG ) hingegen sehe genau das vor.

Haftung für Rechtsgeschäfte per De-Mail, die nicht GWG-konform sind

„Wenn ein Anbieter Rechtsgeschäfte zulässt, die nicht GWG-konform sind, dann ist das nicht nur ein juristisches Risiko für den Kunden, sondern womöglich auch eine Haftungsfrage für den Anbieter. Solche Risiken wollen wir natürlich vermeiden", heißt es bei der Deutschen Post.

Werbung für den E-Postbrief. Die Deutsche Post leistete sich eine millionenteure Kampagne.

Sobald diese strittige Rechtsfrage geklärt sei, wolle man einen Akkreditierungsantrag stellen, versichert die Deutsche Post. Es sei jedoch wichtig, dass bei De-Mail ein Identifizierungsverfahren zur Anwendung komme, das nicht nur mit dem De-Mail-Gesetz übereinstimmt, sondern auch mit anderen Gesetzen, wie dem Geldwäschegesetz und dem Signaturgesetz, konform gehe.

Wie das bisher übersehen werden konnte, wo doch die Deutsche Post beim Gesetzgebungsverfahren beteiligt war, ist unklar. Die De-Mail-Wettbewerber Deutsche Telekom, T-Systems, 1&1 und Mentana Claimsoft können sich jedoch nachträglich freuen, dass ihnen das PostIdent-Verfahren verwehrt worden ist.

Als letzter De-Mail-Anbieter hat 1&1 (GMX, Web.de) am 5. März vom Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) seine De-Mail-Akkreditierung auf der Cebit überreicht bekommen. Ursprünglich wollte das Unternehmen bereits Ende vergangenen Jahres loslegen, doch der Prozess hatte sich als kompliziert erwiesen. Auch vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat die 1&1 De-Mail GmbH das erforderliche Datenschutzzertifikat erhalten.

Übergabe der Urkunde an 1&1: Andreas Könen, Vizepräsident BSI, Bundes-CIO Rogall-Grothe, 1&1-Chef Jan Oetjen, Leslie Romeo, 1&1 (v.l.).
Foto: 1&1

Bereits einen Tag nach der Übergabe der Akkreditierungsurkunde startete 1&1 eine millionenteure Werbekampagne auf den Privatsendern RTL, SAT 1und Pro 7 für De-Mail bei Web.de. Werbespots für GMX sollen im Mai folgen.

Einstweilige Verfügung der Post gegen aktuellen De-Mail-Spot von Web.de

Doch auch hier konnte es die Deutsche Post nicht lassen, 1&1 zu ärgern. Wie ein Post-Sprecher CIO.de bestätigte, stimmt ein entsprechender Bericht der Werbe-Fachzeitung Horizont. „Das Landgericht Köln hat antragsgemäß eine Einstweilige Verfügung gegen den aktuellen De-Mail-Spot der United-Internet-Tochter erlassen", sagte ein Post-Sprecher.

Die Deutsche Post hatte laut Horizont.Net etwas gegen die Aussage in dem Werbespot „nur hier sind Sender und Empfänger klar identifiziert". Auch bei der E-Post sei die eindeutige Identifizierung gewährleistet.

Das sah das Landgericht Köln ähnlich und ordnete unter Androhung eines Zwangsgeldes von 250.000 Euro respektive Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten an, die Aussage zukünftig zu unterlassen. Web.de musste seinen Werbespot für die rechtssichere E-Mail entsprechend ändern.

Bei 1&1 ist man entsprechend verärgert und versteht die Argumentation der Deutschen Post nicht: „Bei De-Mail gibt es eine staatliche zertifizierte Zustellung, welche es bei der elektrischen Briefpost nicht gibt."

Will die Post mit "juristischen Schienbeintritten" den Erfolg verzögern?

Umstrittener Spot von Web.de für De-Mail.
Foto: Web.de

Dieser Zusammenhang sei im Spot klar genannt: "Eine staatlich zertifizierte Zustellung, bei der Sender und Empfänger klar identifiziert sind, gibt es bei De-Mail, nicht aber beim elektronischen Postbrief", sagte ein Sprecher. Und weiter: „Weil die Post um diese Schwäche ihres Produktes weiß, versucht sie mit juristischen Schienbeintritten den Erfolg von De-Mail weiter zu verzögern."

Das juristische Geplänkel werde der Deutschen Post am Ende aber nichts nützen. Denn: „Letztlich stemmt sich die Deutsche Post vergeblich gegen die digitale Transformation des Briefmarktes", heißt es bei 1&1. CIO.de wird weiter über diese Transformation berichten.