Erfolgsfaktor Hirn

Denkfalle Best Practice

12.03.2019 von Henrik Kehren
Warum gerade Manager und Unternehmer scheitern, die zuvor erfolgreich technologische und organisatorische Pfade beschritten haben.
Es bedarf bewusster Anstrengungen, um bei wichtigen Entscheidungen nicht in die eigene Falle zu tappen.
Foto: Vmaster - shutterstock.com

Das Gehirn des Menschen wiegt etwa 1,4 kg und verarbeitet pro Sekunde zwischen zehn und zwölf Millionen Impulse. So mancher Netzwerkanschluss in Deutschland bietet weniger Leistung. Diese Menge an Impulsen kann das Gehirn jedoch nur steuern, indem es einen Großteil herausfiltert. Die Konsequenz? Der menschliche Verstand tendiert regelmäßig zu selektiver Wahrnehmung.

Nur solche Informationen, die zu dem eigenen Konstrukt der Wirklichkeit passen, nehmen wir auf. Weitere gegebenenfalls wesentliche Information werden einfach ausgeblendet. So kann es passieren, dass jemand etwas macht, von dem er ausgeht, dass es "richtig" sein würde. Von seinem Ausgangspunkt sieht es dann so aus, als würden andere, die nicht ebenso agieren, es falsch machen. Diesen "Bestätigungsfehler" nennt man auch "Confirmation Bias".

Teure Hybris

Entsprechend schmerzhaft kann diese kognitive Verzerrung dann werden, wenn eine solche Eigen-Bestätigung Einfluss auf geschäftliche Entscheidungen hat. Das Unternehmen Kodak wird gerne als Beispiel angeführt, welche Folgen es haben kann, wenn ein Unternehmen die Digitalisierung verpasst. So setzte der Marktführer der analogen Fotografie nicht auf die digitale Technologie. Die ständige Bestätigung vorheriger Erfolge wog das Management in Sicherheit. Man wurde unkritisch und selbstzufrieden.

Die Confirmation Bias zeigt sich in diesem Beispiel besonders anschaulich darin, dass Mitarbeiter sich voller Überzeugung in entsprechend bedruckten "Fotografie-Dinosaurier" T-Shirts auf Messen und Konferenzen zeigten. In vollem Glauben, Kodak gehe den richtigen Weg und sei zukunftsfähig. Und dies noch zu einer Zeit, als die Digitalisierung längst in den Fotografiemarkt eingezogen war. Das Unternehmen musste schließlich 2012 Insolvenz beantragen.

Hewlett-Packard schmetterte gleich fünf Mal die Idee eines seiner Mitarbeiter für den Bau eines Computers ab. Nach einigem Zögern verließ dieser seine Arbeitsstelle und gründete daraufhin ein Unternehmen mit einem Freund. Der ehemalige Mitarbeiter heißt Steve Wozniak, das gegründete Unternehmen Apple. Sein damaliger Entwurf sollte später zum Apple 1 werden.

Es gibt viele weitere anschauliche Unternehmensbeispiele aus weiterer und auch jüngster Vergangenheit. Manche Entscheider agieren meist unbewusst nach dem Motto des österreichisch-britischen Philosophen Karl Popper: "Wenn wir unkritisch sind, werden wir stets finden, was wir suchen. Wir werden nach Bestätigung Ausschau halten und sie finden, und wir werden über alles, was unseren Lieblingstheorien gefährlich werden könnte, hinwegsehen"

Was Warren Buffet richtig macht

Unbewusste Bestätigungsfehler können schnell deutlich finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. In einer amerikanischen Studie wurde festgestellt, dass Wertpapierinvestoren am häufigsten diejenigen Informationen zu den von ihnen gehaltenen und beobachteten Aktien anschauten, die ihrer vorgefertigten Meinung am ehesten entsprachen.

Glaubte einer an eine positive Entwicklung seiner Anteile, so las er vermehrt positive Nachrichten. Wollte jemand verkaufen, beschäftigte er sich vermehrt mit kritischen Berichten. Hatten die beobachteten Investoren mit ihrem Verhalten im Verlauf Erfolg? Diejenigen, deren eigene Meinung am stärksten ausgeprägt war, schnitten im Vergleich am schlechtesten ab und fuhren unnötig Verluste ein.

Der Starinvestor Warren Buffet ist sich des Risikos der kognitiven Verzerrung bewusst. Anderen Meinungen zuzuhören gehört für ihn zum eigenen Verbesserungsprozess. So lud er beispielsweise seinen ärgsten Kritiker Doug Kass einmal zur jährlich stattfindenden Aktionärsversammlung ein und bat ihn um einen eigenen Redebeitrag. Buffet möchte genau wissen, welche anderen Meinungen es gibt. Er hört seinen Kritikern genau zu.

Es bedarf einer kontinuierlichen bewussten Anstrengung, häufig genutzte Denkstrukturen zu verlassen, um bei wichtigen Entscheidungen nicht in die eigene Falle zu tappen. Um Bestätigungsfehler zu vermeiden, achten Sie darauf, die eigene Vorannahme als Vermutung zugrunde zu legen und nicht bereits als Tatsache. Eine Annahme kann sich immer noch als falsch erweisen. Das sieht bei einer Tatsache ganz anders aus.