Auto-IT-Trends auf der CES

Der Audi von morgen parkt selbst ein

10.01.2013 von Moritz Jäger
Direkt von der CES: Audi zeigt in Las Vegas einen Audi A7, der fahrerlos ins Parkhaus findet und einparkt. Rechtliche Hürden stehen der Umsetzung noch im Weg.
Der selbstparkende Audi A7 im Parkhaus.
Foto: Audi

Stellen Sie sich folgendes vor: Sie sind unterwegs zu einem Termin, finden aber keinen Parkplatz vor dem vereinbarten Treffpunkt. Statt nun gestresst einen passenden Platz zu suchen und zu spät zum Treffen zu kommen, steigen Sie einfach aus dem Wagen, klicken auf ein Icon in einer App und ihr Auto fährt selbstständig los, um sich einen Parkplatz zu suchen. Nach Ende des Meetings klicken Sie wieder auf das Icon und sobald Sie aus der Tür treten, wartet Ihr Auto dort auf sie. Was wie eine Mischung aus James Bond und der TV-Serie Knight Rider klingt, ist tatsächlich nicht mehr reine Zukunftsvision. Fahrzeughersteller Audi hat einen Prototypen und das passende System dazu bei der CES 2013 in Las Vegas demonstriert.

Audi nennt dieses System "Piloted Parking". Das System treibt den bekannten Parkassistenten, bei dem das Fahrzeug selbstständig rückwärts in eine Parklücke einparkt, weiter und kommt komplett ohne Interaktion mit dem Fahrer aus. Ein durchaus seltsames Gefühl kommt auf, wenn ein Fahrzeug selbstständig losfährt und aus dem Sichtfeld des Besitzers verschwindet. (Das kurze Video zeigt, wie dieses System in der Praxis funktioniert.)

Laser-Messgeräte im Parkhaus vonnöten

Aktuell benötigt das System nicht nur Sensoren im Fahrzeug, sondern auch Laser-Messgeräte im Parkhaus. Diese sind nötig, damit das Auto die Position aller vier Räder möglichst genau bestimmen kann. Zudem muss das Parkhaus über ein System zur Verwaltung der freien Parkplätze verfügen. Fahrzeug und Parkhaus kommunizieren anschließend über ein gesichertes WLAN. Das Fahrzeug erhält die Position eines freien Parkplatzes und fährt diesen anschließend an. Aktuell kann das Fahrzeug laut eines Audi-Sprechers auf zehn Zentimeter genau einparken - ein akzeptabler Wert für große US-Parkhäuser, allerdings etwas knapp für engere Parkgaragen.

Technisch wären die Fahrzeuge durchaus in der Lage, sich ohne oder nur mit wenigen Eingriffen des Nutzers im Straßenverkehr zu bewegen. Die Hürden für diese Technik sind an anderer Stelle zu suchen. Zum einen fehlen hierzulande die rechtlichen Vorgaben. Das liegt unter anderem am Wiener Weltabkommen von 1968. Dieses besagt unter anderem, dass der Fahrzeugführer sein Fahrzeug (oder Pferd) "dauernd unter allen Umständen beherrschen" muss. Diese Vorgabe kollidiert natürlich mit selbstfahrenden Autos. Anders etwa in den USA, diese haben das Weltabkommen nicht unterzeichnet und in den Bundesstaaten Nevada und Kalifornien bereits die rechtlichen Vorgaben für autonome Fahrzeuge im Straßenverkehr geschaffen (wobei Audi als erster Hersteller in Nevada eine Zulassung erhalten hat).

Die Lösung hierfür suchen die Hersteller im Dialog mit Behörden und Regierungen. Thomas Müller, Entwicklungsleiter für das Brems-, Lenk- und Fahrzeugassistenzsystem bei Audi setzt hier auf Vertrauen: "Wir versuchen Behörden konkrete Szenarien zu schildern, in denen autonome Fahrzeuge einen klaren Vorteil liefern können - sowohl für den Fahrer wie auch für die Sicherheit." Dazu gehören etwa Systeme, die im Stau automatisch reagieren und Abstand halten können. Selbst wenn der Fahrer abgelenkt ist und das vorausfahrende Fahrzeug plötzlich bremst, kann das Auto reagieren und im Zweifel auf Null herunterbremsen, ganz ohne die berühmte Schrecksekunde.

Zum pilotierten Fahren im Stau hat Audi ein Video bereitgestellt.

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Autofahrer sollen sich nicht entmündigt fühlen

Ein ähnliches Vertrauen gilt es beim Kunden aufzubauen. Ihm muss klar sein, dass die Hersteller ihn nicht entmündigen wollen. Ricky Hudi, Leiter Entwicklung Elektrik/Elektronik bei Audi fasst das Konzept gut zusammen: "Wenn ich nicht fahren will, übernimmt das Fahrzeug, wenn ich Spaß haben will, fahre ich selbst". Die Idee ist, den Nutzer in langweiligen Situationen, etwa einem Stau oder der Parkplatzsuche, zu entlasten ohne ihn zu bevormunden. Deswegen will ihn Audi mit den autonomen Funktionen nicht "überfahren", sondern konkrete Szenarien demonstrieren, die dem Fahrer unangenehme Funktionen abnehmen.

Die dritte Herausforderung sind Standards. Autonome Ansätze, wie etwa das selbstständige Parken, können sich nur durchsetzen, wenn alle Hersteller an einem Strang ziehen. Es liegt auf der Hand, dass etwa Parkhausbetreiber maximal ein System integrieren und nicht für Audi, Ford, BMW, Mercedes oder GM jeweils separate Sensoren und Software anbieten. Dazu arbeiten die Hersteller in Arbeitsgruppen und Gremien, hier sollen gemeinsame Standards geschaffen werden, an die alle Fahrzeuge langfristig andocken können.

Die Herausforderungen zeigen bereits, dass autonome Fahrzeuge, sei es beim selbstständigen Fahren oder beim Parken, wohl nicht in den nächsten Jahren flächendeckend auftreten. Sobald aber die Vorgaben der Legislative und der Hersteller erfüllt sind, könnten sich solche Systeme langsam einer kritischen Masse nähern. Als einen der ersten Märkte sehen die Audi-Verantwortlichen Japan, und das aus gutem Grund: Das Fahrzeugaufkommen in den dortigen Städten erfordert alternative Lösungen.

Audi hat ein Video zum pilotierten Fahren im Parkhaus bereitgestellt.

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Ricky Hudi demonstriert neben den fünf Herausforderungen für die nächste Dekade auch das Presample des kommenden Audi-Laserscanners.
Foto: Moritz Jaeger

Autos haben sich über die letzten zehn Jahre deutlich weiterentwickelt, moderne Fahrzeuge haben mit ihren Vorgängern immer weniger gemein. Das lässt interessante Gedankenspiele zu, welche Bereiche künftig die Entwicklung der Fahrzeuge beeinflussen werden. Ricky Hudi, der Leiter Entwicklung Elektrik/Elektronik bei Audi, wagt auf einer Pressekonferenz zur CES einen Blick in die Zukunft und nennt die aus seiner Sicht fünf großen Trends im Automobil-Bereich für die nächste Dekade.

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1. Connectivity: Fahrzeuge verwandeln sich langsam aber sicher in mobile Kommunikationszentralen. Nutzer sind gewohnt, dass sie Informationen jederzeit abrufen können, im Fahrzeug gilt das etwa für aktuelle Verkehrsinformationen oder andere Daten rund um die eigene Route. Audi will hier mit einer direkten Internetverbindung punkten: Fahrzeuge werden nicht nur einen mobilen WiFi-Hotspot erhalten (oder haben ihn schon), sondern sollen langfristig mit LTE und anderen mobilen Funktechniken ausgerüstet werden. Bereits heute können sie beispielsweise genaue Verkehrsinfos, Satellitenbilder oder Google Street View nachladen. Langfristig sollen diese Funktionen auch Over-Air-Updates ermöglichen, das Kartenmaterial aktualisieren oder Streaming-Dienste unterstützen.

2. Mensch-Maschine-Interface: Zahlreiche neue Funktionen bedeuten auch neue Herausforderungen bei der Steuerung. Anders als bei einem Tablet oder Smartphone müssen Fahrer diese Systeme nahezu blind bedienen können, um Ablenkung zu vermeiden. Audi setzt inzwischen etwa auf Touchpads, die Schriftzeichen erkennen können oder Sprachsteuerung.

3. Infotainment-Systeme: Auch die Anforderungen an Unterhaltung steigen. Sei es etwa die Kombination mit einem Tablet oder einem Smartphone oder steigende Ansprüche an Klangsysteme. Die Hersteller wollen dies mit besseren und modularen Systemen beantworten, Audi setzt etwa auf Systeme auf Basis von Nvidia Tegra.

4. Lichttechnik: Beim Thema Licht wechseln die Hersteller auf LEDs. Durch neue Techniken sind künftig auch neue Ansätze möglich. So können Lichtsysteme etwa auf Gegenverkehr reagieren und in den Bereichen, in denen andere Fahrzeuge sind, die Leistung automatisch verringern. Ein Abblenden ist dann nicht mehr nötig.

5. Assistenzsysteme für Fahrer: Unter diesem Punkt fasst Hudi alle künftigen Hilfssysteme zusammen. Das reicht von Spurassistenten über Bremshilfen, Tempomaten mit automatischer Abstandskontrolle oder komplett autonome Fahrzeuge. Hier wird der nächste wichtige Schritt bei den Sensoren liegen: Je mehr Informationen das Fahrzeug über seine Umgebung erhält, desto umfangreicher kann es Entscheidungen treffen. Eines der Ziele von Audi ist daher, einen kompletten Lasersensor im Frontbereich zu integrieren - allerdings ist noch nicht absehbar, bis wann diese Technik wirklich verfügbar ist.