Welche Typen IT-Chefs um sich scharen sollten

Der CIO und die Leute seines Vertrauens

29.07.2008 von Nicolas Zeitler und Kim S.  Nash
Sich als Einzelkämpfer durchzuschlagen, ist auf Dauer nicht ratsam. IT-Manager sollten besser ein Netzwerk von Personen um sich scharen, die ihnen bestenfalls auch beim Jobwechsel folgen. Sie brauchen Projektmanager, Recruiter sowie Öffentlichkeitsarbeiter und Experten für das Alltagsgeschäft. Diskutieren Sie darüber auch in unserem Forum.
Damit der CIO sich auf strategische Fragen konzentrieren kann, sollte er für spezielle Probleme Vertraute in der Hinterhand haben, die ihm im Zweifel den Rücken freihalten.
Foto: MEV Verlag

Ohne die Unterstützung anderer kommt kaum jemand an die Spitze. Viele erfolgreiche CIOs wissen das und gruppieren eine kampferprobte Mannschaft um sich. Wenn sie im Unternehmen eine Richtungsänderung vollziehen wollen, ziehen sie einen Fachmann für Arbeitsabläufe heran. Neuerungen lassen sie den technisch nicht Bewanderten von einem Kommunikationsfachmann erklären. Ein gewiefter Projektleiter hilft ihnen bei umfangreichen Software-Rollouts. Unsere Schwesterpublikation CIO.com hat mit IT-Managern gesprochen, die in ihrem Berufsleben immer wieder auf die Unterstützung anderer bauen.

So hält etwa Glen Salow, Vice President für Technologie beim Finanzplanungs-Unternehmen Ameriprise Financial, einer Ausgründung von American Express, zu 25 bis 30 Menschen Kontakt, mit denen er in den vergangenen Jahren zusammengearbeitet hat - darunter beispielsweise zu einem Fachanwalt für geistiges Eigentum.

Für die Kommunikation baut Salow unter anderem auf Kathie Wilson, die eigentlich auf Change Management spezialisiert ist. Die beiden arbeiten seit elf Jahre miteinander. Wilson achtet unter anderem darauf, wie Neuerungen von Salow von den Entscheidern und der Mannschaft von Ameriprise aufgenommen werden.

"Woran man scheitern kann, sind nicht die Dinge, über die man sich den Kopf zerbricht sondern die, von denen man gar nicht weiß, dass man sich um sie kümmern sollte", sagt Salow. "Um das zu vermeiden, muss man sich mit Leuten mit unterschiedlichen Blickwinkeln umgeben." Salow zufolge führen die meisten CIOs eine Liste mit ihrem "Dream Team" und holen sich häufig Rat bei einzelnen aus ihrer Mannschaft.

Diese Verbundenheit kann sogar beim Aufstieg helfen. So wurde Salow von James Cracchiolo zu Ameriprise geholt. Die beiden hatten früher bei American Express gearbeitet. Unter CEOs ist diese Art der Stellenvergabe schon seit langem gang und gäbe.

Vertraute helfen, Fehler zu vermeiden

Im Alltag kann der regelmäßige Kontakt zu Vertrauenspersonen aber vor allem dabei helfen, mit der großen Verantwortung fertig zu werden - gerade wenn ein CIO tausende Mitarbeiter unter sich und einen Etat in Milliardenhöhe hat. "Fehler des einzelnen können den Aktienkurs empfindlich beeinflussen", mahnt Chris Patrick von der Personalberatung Egon Zehnder. "Deshalb sollten Sie zuverlässige Leutnants haben."

So verdankt der IT-Chef des Nahrungsergänzungs-Herstellers Shaklee, Ken Harris, einen großen Teil seines Erfolgs der Projektleiterin Rhonda Sias. Die beiden haben zuvor schon bei Nike und Gap zusammengearbeitet. Harris lobt seine Kollegin wegen ihres technischen Expertise, ihres Business-Wissens und ihrer sozialen Kompetenz. "Sias hat schon oft meinen Arsch gerettet", bekennt Harris.

1. Der Projektmanager

Als Harris 1998 CIO von Nike wurde, war bei der europäischen Niederlassung gerade ein großes ERP-Projekt in Schieflage geraten. "Der europäische Geschäftsführer machte unmissverständlich klar, dass er von mir erwartete, dieses Projekt als allererstes wieder in die Spur zu bringen und zu einem erfolgreichen Ende zu führen", erinnert sich der IT-Manager.

Er betraute mit dem Projekt Rhonda Sias, die damals bei Nike in den USA arbeitete. Harris wusste, dass sie Menschen motivieren und zu einem Team formen konnte. "Ich wusste, dass ich von ihr ein genaues Bild aller Vorgänge bekomme und klare Hinweise, welche Entscheidungen zu treffen sind", sagt Harris. Auf Sias geht auch der weltweite Einsatz der Personal-Software Peoplesoft bei Nike zurück. Als Harris 1999 zu Gap wechselte, verschaffte er auch Sias dort eine Stelle.

2. Der Recruiter

Neben einem Projektmanager kann auch der enge Kontakt zu einem Fachmann für die Personalgewinnung für einen IT-Chef wertvoll sein. Vor allem dann, wenn offene Stellen lange Zeit nicht besetzt werden können. Gängig ist das Klischee, wonach firmeneigene Personaler ohnehin nicht wissen, welche Charaktere die IT-Abteilung braucht.

Man muss sich eben nur den richtigen für die Human Resources suchen, meint Wayne Sadin von der Sicherheitsfirma Loomis. 1998 trat Sadin bei der Bank United die Stelle des CIO an, um einen Richtungswechsel einzuleiten. Eine wichtige Führungsposition musste zu dieser Zeit besetzt werden. Weil eine große Personalberatung ihm nicht helfen konnte, beauftragte Sadin den ortsansässigen Berater Tony Pannagl. Innerhalb weniger Wochen schlug der ihm zwei Kandidaten vor, von denen einer schließlich die Stelle bekam.

Als Sadin später zur - mittlerweile zahlungsunfähigen - Hypothekenbank Aegis Mortgage ging, ließ er Pannagl dort ein eigenes Büro innerhalb des Unternehmens aufbauen, um der hauseigenen Personalabteilung bei der Besetzung von 70 Stellen zu helfen. "Ein CIO braucht zur Gewinnung von Mitarbeitern Leute, die wissen, wie er denkt", sagt Sadin. Wenn ein Posten zu vergeben ist, sprechen Pannagl und Sadin zunächst über die Ziele des Unternehmens. Dann vergleichen sie Leute, die sie beide kennen, hinsichtlich ihrer Persönlichkeit, ihrer technischen Ausbildung und ihrer Kompetenzen. Mittlerweile haben die beiden bei diesen Gesprächen zwölf Prototypen von IT-Mitarbeitern herausmodelliert, anhand derer sie die Kandidaten schnell einordnen können.

3. Der Öffentlichkeitsarbeiter

Ihre Arbeit gegenüber dem Business zu verkaufen, fällt noch immer vielen CIOs schwer. Doch diese Fähigkeit ist genau das, was die Geschäftsführung als eine der wichtigsten Eigenschaften von ihrem IT-Chef erwartet. Ein gewiefter Öffentlichkeitsarbeiter kann dem CIO dabei helfen, ebenso wie er auch dessen Ruf außerhalb des Unternehmens pflegen kann - was ebenfalls wichtig ist. Denn einem CIO mit Ansehen gelingt es auch eher, talentierte Kräfte für seine Abteilung zu gewinnen.

"Die Gewinne fürs Business sind ja da, aber viele CIOs verschleiern sie durch ihr IT-Jargon", sagt Wendy Serafin, die als Kommunikationsexpertin für Technologie-Führungskräfte arbeitet. Für den Finanzdienstleister Cuna Mutual Group gestaltet sie den IT-Jahresbericht. Das Büchlein stellt die Strategie und die Leistungen der IT-Abteilung dar. Ein Schwerpunkt liegt darauf, zu zeigen, dass auch in der Informationstechnologie nach Business-Maßstäben gearbeitet wird. Serafin zufolge nutzen Cuna-Manager den IT-Jahresbericht gerne, um vor potenziellen Kunden die Schlagkräftigkeit der eigenen IT-Abteilung darzustellen.

Serafin bemüht sich auch, die IT-Manager von Cuna Mutual in Fachmedien zu platzieren. Denn ein CIO, der sich und sein Unternehmen nicht auf diesem Weg vermarkte, könne es der Firma erschweren, Nachwuchs zu gewinnen. "Allerdings sehen viele nicht, welche Wirkung die Kommunikation nach außen hat", bedauert die Öffentlichkeitsarbeiterin. Junge Berufstätige informierten sich vor allem im Internet über Firmen. "Sie müssen einen CIO dort auch finden können."

Chris Patrick von Egon Zehnder pflichtet Wendy Serafin bei: "Die Reputation des CIOs spielt eine Rolle bei der Entscheidung von möglichen Bewerbern." Ein CIO, der sich erfolgreich in der öffentlichen Wahrnehmung platziere, könne allein dadurch Talente anziehen.

4. Der Alltags-Experte

Ein Fachmann für die tägliche Arbeit kann dem CIO den Rücken freihalten. Wayne Sadin von Loomis verlässt sich dafür auf John Melott. Der Fachberater sei der Richtige, um in eine Problemsituation einzutauchen und sie innerhalb weniger Wochen von hinten bis vorne zu durchblicken.

Als die beiden sich 1983 erstmals über den Weg liefen, veranschautlichte Melott Sadin, welche Fehler er bei der Planung eines Rechenzentrums machte. Melott kritisierte die Raumaufteilung und die Verkabelung. "Später zeigte sich, dass er Recht hatte", gibt Wayne Sadin zu.

Sadin stellte Melott später in fast jedem Unternehmen ein, in dem er später arbeitete - in fünf Städten in vier verschiedenen US-Staaten. Er führte den IT-Berater meist zu dem Zeitpunkt ein, wenn ein Unternehmen die Kontrolle über seine IT-Abteilung zu verlieren schien. "Seine Stärke liegt in seiner Vielfältigkeit", lobt Sadin. Melott sei sowohl im Projektmanagement als auch in der Planung für die Disaster Recovery erfahren, außerdem könne er Mitarbeiter gut motivieren.

Melott selbst ist vor allem stolz darauf, dass er den CIO von den alltäglichen Schwierigkeiten in seiner Abteilung abschirmen kann. "Ich muss alle Ereignisse und Informationen durchkämmen, ansonsten verzettelt sich der CIO in zu viel täglichem Klein-Klein und kann sich nicht auf strategische Überlegungen konzentrieren", erklärt er. Über Probleme, die auch die Firmenkunden berühren, setze er seinen Chef allerdings immer in Kenntnis, betont John Melott. "Ansonsten steht der CIO und mit ihm die ganze IT-Abteilung blamiert da."