Unternehmen bekommen Customer Feedback nicht in den Griff

Der Kunde verschwindet im Datensalat

07.10.2008 von Christiane Pütter
Vier von zehn Unternehmen wollen im kommenden Jahr mehr Geld für Customer Feedback-Initiativen ausgeben. Im Vordergrund stehen dabei E-Mail und Corporate Websites. Gleichzeitig kann die Mehrheit der Unternehmen keine Metriken für die Effektivität ihrer Kundenbefragungen vorweisen.
Der Kunde wird auf allen Kanälen um seine Meinung gebeten.

Um den Kunden drehen sich alle: Marketer und Produktentwickler, Verbraucher-Service und Absatzförderer. Alle schreien nach Daten über das Einkaufsverhalten der Zielgruppe, alle installieren Blogs, Chats und Wikis, um etwas über Wünsche und Vorlieben des Endverbrauchers zu erfahren. In einer Studie von Aberdeen geben denn auch gut vier von zehn Entscheidern (41 Prozent) an, die Gelder für Customer-Feedback-Initiativen dürften im kommenden Jahr reichlicher sprudeln als bisher.

Das ist umso erstaunlicher, als die Aussagen über Kunden-Feedback mehr einem Hype gleichen als der Erfahrung entsprechen. So erklären 53 Prozent aller Studienteilnehmer, sie wollten Loyalität und Bindung der Verbraucher steigern. Dafür ziehen sie alle Register: 63 Prozent setzen E-Mails ein, 50 Prozent die Unternehmens-Website, 38 Prozent Call Center und 27 Prozent Direct Mail.

Geht es dagegen um die Frage, was konkret getan werden soll, um aus Kunden glückliche Kunden zu machen, ebbt das Geschrei deutlich ab. Die höchste Nennung (36 Prozent) erreicht das Vorhaben, Best Practices für den Gebrauch von Kunden-Feedback zu definieren. Nicht einmal jeder vierte Befragte (23 Prozent) will nachweisen, wie sich Kunden-Management auf den Umsatz auswirkt. Etwa ein Fünftel (21 Prozent) der Entscheider will ein eigenes Team rund um das Thema Kunden-Feedback einrichten.

Auch die Frage nach der Definition von Kundenzufriedenheit bleibt offen. Zwischen den Zeilen lässt sich lesen, dass im Wesentlichen abgefragt wird, ob ein Kunde ein Produkt wieder kaufen oder es weiterempfehlen würde.

Die konkrete Umsetzung von Kunden-Feedback.

Vor diesem Hintergrund sind denn auch die Studien-Ergebnisse zu betrachten. Dabei teilt Aberdeen die Unternehmen je nach Performance in drei Kategorien ein: Best in Class (BiC), Mittelfeld und Nachzügler (Laggards). Die Musterschüler haben Kundenzufriedenheit und Kundenbindung demnach um jeweils 26 Prozent gesteigert. Das Mittelfeld kann nur ein Plus von fünf Prozent (Zufriedenheit) und vier Prozent (Bindung) aufweisen. Die Nachzügler kommen lediglich auf drei und ein Prozent.

Gleichzeitig nehmen die besonders erfolgreichen Unternehmen für sich in Anspruch, die Zahl innovativer Produkte, die Kunden-Feedback einbeziehen, um 19 Prozent gesteigert zu haben. Die Durchschnitts-Firmen konnten diese Rate nur um sieben Prozent steigern, die Nachzügler bloß um ein Prozent.

Die Analysten haben erfragt, welche Art von Informationen gesammelt wird. Im Vordergrund steht ganz allgemein der Punkt Kundenzufriedenheit (92 Prozent). Angaben über Erfahrungen mit dem Kunden-Service erheben 79 Prozent der Unternehmen. 74 Prozent erfassen Beschwerden und 59 Prozent holen Ideen zur Entwicklung neuer Produkte ein.

Dazu eine Anmerkung: In den genannten Punkten zeigen BiC-Unternehmen überdurchschnittlich viel Engagement.

Sammeln und Messen ohne Effizienz-Kriterien

Der Haken an der Sache: Nur jedes zweite BiC-Unternehmen und lediglich 39 Prozent der Mittelklasse-Firmen haben Metriken für die Effektivität ihrer Kundenbefragung festgelegt. Bei den Laggards sind es bloß 28 Prozent.

Nach Beobachtungen der Analysten greifen verschiedenste Abteilungen auf Kunden-Feedback zu: Marketing-Manager wollen herausfinden, welche Werbebotschaften und Produkten bei welchen Zielgruppen Erfolg versprechen, Produkt-Entwickler brauchen Informationen für Entwicklung von neuen oder Relaunch von alten Waren und Konsumforscher wollen neuen Trends auf die Spur kommen.

Dazwischen sitzen Anwendungs-Entwickler, die all das IT-gestützt möglich machen sollen. Denn wenigstens Eines scheint festzustehen: Das Umsteigen von papier-basierten Fragebögen oder Antwortkärtchen auf E-Mail und World Wide Web spart Zeit und Geld.

Prozesse straffen und standardisieren

Das Fazit der Analysten klingt tröstlich: Wer sich trotz all der ungeklärten Definitionen an die Arbeit macht, ein unternehmensweites Kunden-Feedback-Management zu implementieren, kann gleichzeitig Prozesse straffen und standardisieren. Dennoch dürfte der Streit um das sogenannte Web 2.0 anhalten. So haben Aberdeens Kollegen von Forrester festgestellt, dass IT-Entscheider zum Web 2.0-Hype eine ganz andere Einstellung vertreten als das Marketing. Viele CIOs seien nicht bereit, für "unsichere Technologie auf Endverbraucher-Niveau und mit geringem Wert" in die Tasche zu greifen.

Aberdeen hat für die Studie "Customer Feedback Management" mit Entscheidern aus mehr als 300 Unternehmen gesprochen.