Neustart durch Otto Group

Der neue Web-Auftritt von Quelle.de

16.08.2011 von Hartmut  Wiehr
Marktplätze sind in. Otto will die Gunst der Stunde nutzen – und hat "Quelle" wiederauferstehen lassen. Der Auftritt kommt etwas bieder daher.

Otto hatte nach der Schließung des Waren- und Versandhauses "Quelle“ – ehemals im öffentlichen Bewusstsein auf einer Stufe mit Neckermann positioniert – den Markennamen übernommen und erst einmal eingemottet. Jetzt ist er wieder ausgepackt worden. Man knüpft aber nur sehr bedingt an die Tradition von früher an.

Der neue Marktplatz "Quelle" will die alten Käuferschichten vor der Pleite von 2009 wieder beleben.
Foto: Quelle

In der Selbstdarstellung der Otto Group liest sich das so: „Die Quelle GmbH (eine hundertprozentige Tochter der Otto Group) eröffnet unter www.quelle.de den 'persönlichen Marktplatz' im Internet. quelle.de bietet eine transparente Abwicklung aller mit dem Kauf verbundenen Dienstleistungen – von der einfachen und schnellen Produktsuche und Garantieabwicklung, über sechs unterschiedliche Bezahlarten und die termingerechte Lieferung bis zum hauseigenen Kundencenter mit qualifizierten Beratern.“

Es geht Quelle um den Weiterverkauf oder die Vermittlung von Verkäufen, so wie auch bei Amazon und anderen Marktplätzen. Man stellt die eigene Web-Seite plus diverse Dienstleistungen dafür zur Verfügung. Wie Amazon auch. Laut Otto/Quelle bestehen diese „neben der innovativen technischen Umsetzung des Marktplatzes“ und der Abwicklung aller Bestell- und Zahlungsvorgänge aus einem „starken, hochmotivierten Händlernetzwerk“ Auch wenn es heute eben ein anderes Geschäftsmodell ist, heißt es bei dem Unternehmen: "Die Werte der Traditionsmarke Quelle finden mit quelle.de somit eine zeitgemäße Fortsetzung.“

Kleidung gibt es nicht mehr

Angeboten werden ausschließlich Neuwaren aus den Bereichen Elektronik & Wohnen. Kleidung, früher eine umsatzträchtige Quelle-Ware, entfällt. Als einzige alte Quelle-Marke wird "Privileg“ wieder am Markt sein, zum Beispiel mit Waschmaschinen. Zunächst soll es über 250.000 Artikel geben. Bald schon soll das Sortiment des Marktplatzes mehr als eine Million Produkte umfassen. Quelle übernimmt gegenüber den Händlern eine Zahlungsgarantie.

Die Abrechnung wird über einen gemeinsamen Warenkorb abgewickelt, auch wenn man bei verschiedenen Anbietern einkauft. Der Versand wird wie bei anderen Anbietern von den eigentlichen Händlern oder Herstellern durchgeführt.

Rechnung und Ratenzahlung - wie damals beim Versandhaus Quelle

Bezahlt werden kann mit PayPal, sofortüberweisung.de, giropay, Kreditkarte (Visa, MasterCard, aber nicht AmericanExpress), Rechnung und Ratenzahlung. Es werden umfangreiche Erläuterungen zu allen möglichen Kundenfragen auf der Web-Seite gegeben, die aber sehr textlastig und unübersichtlich wirken. Das Layout ist einfach, aber weit entfernt von einem gekonnten Minimalismus, wie ihn zum Beispiel Google entwickelt hat. Die Farben sind sehr matt, und die vielen Texte sind deshalb zusätzlich schwer zu lesen.

Ein absichtlich biederer Web-Auftritt soll Käuferschichten wie Hausfrauen und die ältere Generation ansprechen. Doch diese gelten nicht gerade als "web-affin".
Foto: Quelle

Es fällt schwer, das Neue und Besondere auszumachen. Aber es handelt sich ja auch um ein "spannendes Marktumfeld“, wie sich Otto-Vorstandsmitglied Rainer Hillebrand ausdrückt, so dass man offensichtlich einen Web-Auftritt gewählt hat, der an die alten Quelle-Zeiten erinnern soll. Man will einfach bei dem wachsenden Online-Markt dabei sein, so wie es inzwischen viele Retailer von Tengelmann bis MediaMarkt signalisiert haben. Noch 2009 war Quelle immerhin der drittgrößte Online-Versender in Deutschland gewesen.

Unabhängiges Start-up-Unternehmen

Die neue Quelle versteht sich als Start-up-Unternehmen mit lauter jungen Mitarbeitern und wird unabhängig von der Mutter Otto geführt. Es wird spannend werden, ob das Kalkül aufgeht: (halbwegs) moderner Web-Shop für eher "uncoole“ Produkte und ausgerichtet auf die "einfache Hausfrau“ und die sogenannte ältere Generation. So sieht man es bei Quelle.

Die Preisvergleichs-Seiten im Internet haben auf jeden Fall einen Kandidaten mehr. Bei Preisen und (Raten-)Zahlung hat die frühere Quelle immer gut abgeschnitten. Und die Privileg-Geschirrspülmaschinen von einst haben genauso gut oder schlecht gespült wie alle anderen auch. Der Preis war halt günstiger.