Interview mit Jörg Wegner von BearingPoint

Der perfekte CIO der Zukunft

23.09.2009 von Andrea König
Die IT ist immer noch nicht da positioniert, wo sie eigentlich stehen sollte. IT-Chefs sollten deshalb die Bereiche Information, Innovation und Integration stärken. Allerdings wird die IT noch fünf bis zehn Jahre brauchen, um diesen Reifegrad zu erreichen.

In vielen Unternehmen fristet die IT ein Schattendasein und das nicht erst seit der Wirtschaftskrise. Jörg Wegner, Partner der Management- und Technologieberatung BearingPoint, sprach mit CIO.de über die schwierige Lage der IT. Zudem zeigt Wegner auf, welche Rolle CIOs in Zukunft einnehmen sollten, um das Schattendasein zu beenden.

CIO: Warum führt die IT ein Schattendasein?

Wegner: Die IT ist immer noch nicht da positioniert, wo sie auf Grund ihres Stellenwertes im Unternehmen eigentlich sein sollte. Das liegt zum einen in ihrer historischen Entwicklung begründet, zum anderen aber auch daran, dass sie nicht entsprechend aufgestellt ist.

Jörg Wegner, BearingPoint: "Den Fachabteilungen fehlt es oft an Verständnis für die IT."

CIO: Wo gibt es die größten Probleme?

Wegner: Zum einen hat die IT häufig kein umfassendes Verständnis für die Geschäftsprozesse, die sie unterstützen soll. Gleichzeitig fehlt es aber auch am Verständnis der Fachabteilungen für die Anforderungen und Möglichkeiten der IT und welchen Wertbeitrag sie leisten kann. Grundsätzlich ist die Verflechtung von IT und Geschäftsprozessen häufig nur rudimentär vorhanden.

Ein weiteres Problem ist die mangelnde Transparenz. Es ist oftmals nicht nachvollziehbar, was IT kostet und was sie leistet. Es mangelt an definierten IT-Prozessen und Regularien. Auch die Kommunikation ist oft ein Stiefkind der IT. Wenn der IT ein Fehler passiert, wie der Ausfall von E-Mails, bekommt das jeder mit. Positives wird dagegen häufig als selbstverständlich hingenommen und selten entsprechend kommuniziert.

CIO: Wie kann man dieses Problem beheben?

Wegner: Man muss möglichst viel Transparenz schaffen, insbesondere bei Kosten und Leistungen. Das kann zum Beispiel durch Einführung von Controlling-, Monitoring- und Reportingprozessen und durch geeignete Governance-Strukturen gelingen. Hilfreich sind auch Portfoliomanagementprozesse und -werkzeuge, um nachvollziehbar die richtigen Projekte auszuwählen und diese Projekte dann auch richtig durchzuführen. Das kann den Wertbeitrag der IT für das Unternehmen wesentlich erhöhen.

CIO: Gibt es weitere Gründe, weshalb die IT ein Schattendasein fristet?

Wegner: Ja. Sie ist nicht richtig positioniert. Betrachtet man die Bedeutung, die IT heute für Unternehmen hat, ist die Funktion eines CIOs in vielen Unternehmen schon implementiert. Dennoch ist seine Rolle oft nicht ihrer Bedeutung entsprechend ausgestaltet. Ein CIO sollte im Management Board gleichgestellt vertreten sein.

Der CIO der Zukunft steht für Information, Innovation und Integration

CIO: Welche Rolle nehmen CIOs heute im Unternehmen ein?

Wegner: Oftmals ist er dem COO oder CFO nicht gleichgestellt. Das liegt häufig daran, dass er sich selbst als C-IT-O, also als Chief Information Technology Officer, sieht und auch so wahrgenommen wird.

Er sollte aber vielmehr als wirklicher CIO, als Chief Information Officer agieren und damit übergreifende Verantwortung für sämtliche Informationen tragen, die im Unternehmen verarbeitet werden - ob in einer Datenbank oder in einem Aktenordner. Er ist der eigentliche Mittler zwischen Business und IT.

CIO: Wie sieht der perfekte CIO der Zukunft aus?

Wegner: Ich würde den Begriff des CIO erweitern, um seine drei wichtigsten Handlungsfelder abzudecken. In diesem Fall müsste man von einem "C - Triple I - O" sprechen.

CIO: Wofür stehen die drei "I"?

Wegner: Sie stehen für Information, Innovation und Integration.
Information heißt zum einen, dass es das Ziel des CIIIO sein muss, einen gesamtunternehmerischen effizienten, sicheren und möglichst medienbruchfreien Umgang mit Informationen zu gewährleisten. Zum anderen, dass er für die notwendige Kommunikation und Transparenz sorgt.

CIO: Wofür steht Innovation?

Wegner: Das soll ausdrücken, dass der CIIIO nicht nur die bestehenden Systeme funktionstüchtig halten sollte. Er muss vielmehr durch mögliche neue Technologien aufzeigen, wie Prozesse besser unterstützt und optimiert werden können. Das heißt, Technologie fungiert als Katalysator für geschäftliche Innovationen und leistet so einen hohen Wertbeitrag für das Unternehmen.

CIO: Und wofür steht Integration?

Wegner: Das dritte I steht zum einen für eine businessorientierte Integration der IT in die Geschäftsprozesse. Die IT-Strategie beeinflusst die Geschäftsstrategie. Ein CIIIO ist nicht mehr bloßer Umsetzer von fachlichen Anforderungen, sondern ein Mitgestalter der Zukunft des Unternehmens. Zum anderen steht dieses I aber auch für die klassische technologische Integration von IT-Systemen innerhalb des Unternehmens, mit Geschäftspartnern und Kunden. So kommt die IT raus aus ihrem Schattendasein.

CIOs haben eine Mediatorenrolle zu erfüllen

CIO: Gibt es diese Idealform denn heute schon?

Wegner: Einige CIOs füllen diese Rolle schon weitgehend aus. Die Mehrheit entspricht aber eher noch der Rolle eines C-IT-O. Dass sie eine Mediatorenrolle zwischen Business und IT haben, ist den meisten CIOs allerdings mittlerweile bewusst.

CIO: Wann ist die IT an ihrem Ziel angekommen?

Wegner: In einigen Unternehmen ist sie dem Ziel sicher schon sehr nahe gekommen. Flächendeckend, denke ich, wird die IT noch fünf bis zehn Jahre brauchen, um diesen Reifegrad zu erreichen. Die IT wird dann also endlich Dinge tun, die sie eigentlich heute schon tun sollte.