IT-Kennzahlen

Der strategische Wertschöpfungsgrad der IT

17.11.2010 von Christoph Witte
Durchschnittlich 43 Prozent ihrer IT-Ausgaben setzen Unternehmen für die aus Business-Sicht strategisch wichtigen Themen ein. Dieser "strategische Wertschöpfungsgrad der IT" fällt im Projektbereich deutlich höher und im IT-Betrieb deutlich niedriger aus.

IT-Ausgaben stellen einen beträchtlichen Teil der Gesamtausgaben in Unternehmen dar. "Im Bankgeschäft wird jeder vierte Euro in die IT gesteckt", so Selçuk Boydak, Gründer von Boydak Management Consulting. Dabei ist jedoch weniger die Höhe des IT-Budgets entscheidend, sondern eher die elementare Frage: Tun wir das Richtige? Konzentrieren wir uns auf die aus Business-Sicht wichtigen Themen?

Je höher der strategische Wertschöpfungsgrad, desto besser sind die IT-Schwerpunkte mit den Business-Prioritäten verzahnt.
Foto: Carl Zeiss AG

Um die Kernfrage fundiert zu beantworten, hat Boydak eine neue Kennzahl etabliert: den "strategischen Wertschöpfungsgrad der IT". Diese Kennzahl misst den Anteil der IT-Ausgaben, die für geschäftskritische und wettbewerbsrelevante Themen eingesetzt werden. Im Banking sind dies beispielsweise Ausgaben für Entwicklung und Betrieb von Advisory-Tools, die den Anlageberatern helfen, ihre Kunden besser zu unterstützen.

Je höher der strategische Wertschöpfungsgrad, desto besser sind die IT-Schwerpunkte mit den Business-Prioritäten verzahnt. Je niedriger der Wert, desto höher der Anteil der IT-Ausgaben für Commodity-Themen wie Workplace-Infrastrukturen, Netze oder Support-Systeme im Finanz- oder HR-Bereich. "Bei dieser Betrachtung", so Boydak, "stellt man fest, dass die Mehrheit der Unternehmen weniger als 40 Prozent ihres IT-Budgets für die wirklich erfolgsrelevanten Themen ausgeben. Bei den echten IT-Champions hingegen beträgt diese Quote 60 Prozent und mehr. Einige Unternehmen könnten also den Anteil ihrer wettbewerbsrelevanten IT-Aktivitäten fast verdoppeln."

"Der strategische Wertschöpfungsgrad hilft dem CIO, verständlich zu erklären, wie gut es der IT gelingt, sich auf die wichtigsten Themen zu konzentrieren", erläutert Felix Lenhard, CIO und Mitglied der Leitung der Vontobel-Gruppe. Die international ausgerichtete Schweizer Privatbank ist auf die Vermögensverwaltung für Privatkunden und institutionelle Anleger sowie das Investment-Banking spezialisiert. Weltweit beschäftigt sie mehr als 1400 Mitarbeiter, Ende Dezember 2009 betreute die Gruppe Vermögen in Höhe von rund 115 Milliarden Schweizer Franken.

Der Wert in Projekten: 66 Prozent

Boydak hat den strategischen Wertschöpfungsgrad in mehr als 100 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum untersucht. Dabei beträgt der strategische Wertschöpfungsgrad der IT durchschnittlich 43 Prozent. Damit setzen Unternehmen deutlich weniger als die Hälfte ihrer IT-Ausgaben für strategisch entscheidende Themen ein.

Im Bereich der Projekte ist der strategische Wertschöpfungsgrad mit 66 Prozent deutlich höher als der Gesamtdurchschnitt. Hierin spiegelt sich einerseits die kurzfristigere Einflussmöglichkeit im Sinne der Business-Prioritäten wider. Andererseits lässt sich ablesen, wie vergleichsweise gut das Business-IT-Alignment bei Projekten bereits funktioniert. Im IT-Betrieb liegt der Wertschöpfungsgrad dagegen aufgrund der historisch gewachsenen Strukturen bei niedrigen 36 Prozent.

Um die Wertschöpfung ihrer IT zu verbessern, verfolgt die Bank Vontobel seit einigen Jahren zwei wesentliche Stoßrichtungen: "Zum einen haben wir unsere IT-Landschaft mithilfe der Kernbankenlösung Avaloq modernisiert und standardisiert", erläutert Lenhard. "So konnten wir die Architektur deutlich konsolidieren und Komplexität herausnehmen. Dieser Schritt war notwendig, um die Kosten für Commodity-Themen zu reduzieren."

Alignment als zentraler Bestandteil

Zum anderen arbeitet Vontobel daran, ein effektives Business-IT-Alignment zu verankern: "Wir haben Strukturen etabliert, die helfen, unsere IT besser auf die Bedürfnisse des Business auszurichten. Unsere monatlichen Business-Alignment-Meetings sind ein zentraler Bestandteil davon", berichtet Lenhard.

Die Ergebnisse sprechen für sich. Der strategische Wertschöpfungsgrad der IT liegt bei der Bank über dem Schnitt der Wettbewerber. Die IT ist so aufgestellt, dass sie Business-Vorhaben schnell umsetzen kann, wie jüngst die Integration der Commerzbank Schweiz zeigte. Entsprechend zufrieden reagiert das Business: Die IT bei Vontobel erreicht auch in Manager-Befragungen deutlich höhere Zufriedenheitswerte als der Durchschnitt.