Typische Karrierefehler

Die 20 größten Probleme für Führungskräfte

01.04.2011 von Andrea König
Immer mehr Manager leiden unter Überforderung. Typischer Fehler beim Aufstieg auf eine CIO-Position sei, weiterzuarbeiten wie bisher, beobachtet Gudrun Happich.

CIO.de: In Ihrem Buch behandeln Sie die 20 schwierigsten Führungsthemen und erläutern, wie man Sie als Top-Führungskraft anpackt. Wie haben Sie die Themen ausgewählt?

Happich: Ich arbeite seit 16 Jahren als Coach am Markt und habe mir die Themen ausgesucht, mit denen die Zielgruppe am häufigsten zu mir kommt.

CIO.de: Haben sich die Themen denn über die Jahre verändert?

Gudrun Happich arbeitet seit 16 Jahren als Coach.
Foto: Gudrun Happich

Happich: Was extrem zugenommen hat, sind Überforderungsthemen. Man hat nicht mehr so viel Zeit wie früher, um Dinge auszuprobieren. Die Anforderungen im Markt und damit die Zusatzbelastungen nehmen jedes Jahr zu.

CIO.de: In ihrem Buch beschreiben Sie, wie Top-Führungskräfte unter dem Leistungsdruck leiden. Sie sagen, wer nicht seinem Leistungstyp entsprechend arbeitet, tappt in die Karrierefalle. Was sind diese Leistungstypen?

Gudrun Happichs aktuelles Buch "Ärmel hoch! Die 20 schwierigsten Führungsthemen und wie Top-Führungskräfte sie anpacken" ist im Frühjahr 2011 im Orell Füssli Verlag erschienen (208 Seiten, 24,90 Euro).
Foto: Orell Füssli Verlag

Happich: Ich greife bei diesem Thema immer auf Leistungstypen aus der Natur zurück. Ein Gepard zum Beispiel jagt im Alleingang und ist beim Sprint das schnellste Säugetier der Welt. Nach der Jagd muss er aber eine Pause einlegen. Er kann auf Dauer nur Höchstleistungen bringen, wenn er sie mit Pausen kombiniert. Dieses Beispiel soll zeigen, dass man nicht faul ist, nur weil man Pausen macht.

CIO.de: Und welches Tier stellt den zweiten Leistungstyp dar?

Happich: Das ist der Löwe, der weder besonders schnell noch besonders ausdauernd ist. Ein Löwe würde niemals auf die Idee kommen, allein zu jagen. Er erkennt seine Schwächen und arbeitet wie ein Dauerläufer im Team. Es gibt keine bessere oder schlechtere Art zu arbeiten. Wichtig ist, dass man typgerecht arbeitet, sonst wird es kaum gelingen, mit den extrem hohen Anforderungen umzugehen und auf Dauer Höchstleistung zu erbringen.

CIO.de: Nicht typgerecht zu arbeiten ist eine Karrierefalle. Welche weiteren Fehler beobachten Sie bei CIOs?

Happich: Der klassische Fehler beim Aufstieg auf eine CIO-Position ist, dass die Person genau so weiterarbeitet wie bisher. Wer im mittleren Management aufsteigt, lernt in Schulungen viel über Themen wie Transparenz und Offenheit und wird auf seine Aufgabe intensiv vorbereitet. Was zählt, ist Leistung.

CIOs müssen sich im politischen Gestrüpp zurechtfinden

CIO.de: Was ist daran falsch?

Happich: Erst einmal nichts, doch im tradierten Top-Management gelten in der Regel ganz andere Regeln: Wer so weiterarbeitet wie vorher und in der alten Position für dieses Verhalten gelobt wurde, kann plötzlich Ablehnung erleben, und weiß überhaupt nicht, wieso. Auf dieser Ebene redet man zum Beispiel nicht mehr so offen, darüber hinaus wird Leistung anders definiert: Leistung ist nicht mehr die Führung von Mitarbeitern, sondern auch Einfluss zu nehmen, politisch zu taktieren und strategisch zu kalkulieren. Es geht darum, das Unternehmen als Ganzes zu leiten. Ich nenne das gerne die zweite Metamorphose zur Top-Führungskraft.

CIO.de: Wie macht man es denn richtig?

Happich: Man muss sich in dem politischen Gestrüpp zurechtfinden, ohne sich zu verbiegen. Man muss die Spielregeln des Top-Managements nicht gut finden, aber man muss sie kennen und akzeptieren. Das ist wie mit dem Knigge. Wer den Knigge nicht kennt und zu einer Gala-Veranstaltung in kurzen Hosen auftaucht, erfährt Ausgrenzung und Ablehnung. Im Top-Management wäre das gleichbedeutend mit "er rutscht auf dem politischen Parkett aus".

CIO.de: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

Happich: Ein Klient von mir hatte seit Jahren versucht, neue Mitarbeiter für seine Abteilung zu bekommen. Die Bitte wurde immer abgewiesen. Erfolgreich war er erst, als er in der Sprache des Finanzverantwortlichen sprach. Er argumentierte dann so, dass er die Mitarbeiter brauche, um mehr Umsatz machen zu können. Kurze Zeit später wurde seine Abteilung aufgestockt.

CIO.de: Ist das also ein guter Weg, um von seinem Vorgesetzten das zu bekommen, was man sich wünscht?

Happich: Ja. Als Top-Manager sollte man sich Gedanken über die Motive und Bedürfnisse anderer machen und seine Argumentation darauf aufbauen. Natürlich ist es wichtig, dass man sich vor einem Gespräch seine eigene Position und die eigenen Ziele klar macht. Man muss sie aber nicht unbedingt gleich kommunizieren. Wer seinen Vorstand zum Verbündeten hat, kann unglaublich viel erreichen. Deshalb rate ich immer davon ab, den Vorstand als Feind oder Gegner zu sehen und ihm im wahrsten Sinne des Wortes vors Knie zu treten.

CIO.de: Welche Themen beschäftigen CIOs noch?

Happich: Während der Krise ist mir aufgefallen, dass die zweite Ebene im Top-Management sehr engagiert gearbeitet hat und im Sinne des Unternehmens auf viel verzichtet hat. Als die Unternehmen wieder gute Zahlen schrieben, berichteten viele von mangelnder Wertschätzung und fehlenden Rückmeldungen. Die Unzufriedenheit und die Wechselwilligkeit waren sehr hoch.

Headhunter-Angebot gut überlegen

CIO.de: Was raten Sie in so einem Fall?

Happich: In so einer Situation auf ein tolles Headhunter-Angebot einzugehen, kann ein Fehler sein. Wer sich das nicht gut überlegt, kann in der neuen Firma wieder vor ähnlichen Problemen stehen.

CIO.de: Warum?

Happich: Viele denken, dass Sie mit jeder Hierarchiestufe der Traumkarriere und Freiheiten im Job näher kommen. Wer aufsteigt, wird aber vielleicht auf eine Ebene befördert, für die er überhaupt nicht die notwendige Kompetenz mitbringt. Oder er findet sich in einer Aufgabe wieder, die ihm gar nicht liegt. Eine Stelle im Top-Management ist nur richtig, wenn man auf die Stelle passt. Wer das nicht tut, brennt schnell aus. Deshalb sollte man immer wieder darüber nachdenken, wo man hinmöchte. Und meine Erfahrung zeigt, dass es oft auch im eigenen Unternehmen sehr gute Perspektiven gibt, wenn man es richtig anpackt.

Gudrun Happich ist Executive Coach und Gründerin und Inhaberin von "Galileo. Institut für Human Excellence" in Köln. Mit ihrem Unternehmen hat sie sich auf das Coaching von Leistungsträgern in den oberen Führungsebenen spezialisiert. Als Diplom-Biologin war sie zunächst selbst 12 Jahre Führungskraft in drei Wirtschaftsunternehmen, u.a. Mitglied der Geschäftsleitung. Anschließend absolvierte sie drei systemische Ausbildungen, seit 1994 ist sie als Coach tätig. Ihr aktuelles Buch "Ärmel hoch! Die 20 schwierigsten Führungsthemen und wie Top-Führungskräfte sie anpacken" ist im Frühjahr 2011 im Orell Füssli Verlag erschienen. Mehr Informationen gibt es unter www.galileo-institut.de und unter www.leistungstraeger-blog.de.