Zentralisierung kein Königsweg

Die 3 Problemfelder bei BI

01.02.2012 von Werner Kurzlechner
Business Intelligence nur aus den Fachbereichen ist der falsche Weg. Völlige Zentralisierung laut Gartner aber auch. Die Analysten raten zu einer Mischform.
Sieht Unternehmen vor allem vor nicht-technologischen Herausforderungen: Gartner-Analyst Andreas Bitterer.
Foto: Gartner

Eine Kluft spaltet die Welt der Business Intelligence (BI): Hier die schwierige Wirklichkeit in den Unternehmen, dort die Heilsversprechen der Anbieter und die gut klingenden Empfehlungen der Theoretiker. Das jedenfalls ist die Quintessenz einer Studie von Gartner, die die zentralen Entwicklungen in der BI für die kommenden Monate und Jahre prognostiziert.

Drei Problemfelder machen die Analysten aus.

„2012 und darüber hinaus bleibt BI ein Gegenstand nicht-technologischer Herausforderungen“, fasst Analyst Andreas Bitterer zusammen. „IT-Verantwortliche sollten sich nicht nur auf die technologischen Aspekte von BI konzentrieren, sondern auch auf den gravierenden Mangel an analytischen Skills.“

Die größte Herausforderung in den kommenden Jahren ist es laut Gartner, BI-Initiativen mit den Strategien und Zielen des Unternehmens gleichzutakten. Nicht einmal ein Drittel der Firmen verfüge über eine dokumentierte Strategie für Analytics, BI oder Performance Management. Im Umlauf seien häufig lediglich kurzfristige Berichte; abgefragt werde das, was einzelne Anwender interessant finden. Alles in allem fehle es an betrieblichen und strategischen Kontrollen.

Die wachsende Konsumerisierung der BI etwa durch Mobile BI, das Wachstum an verschiedenartigen Daten unterschiedlichster Art und die Beschleunigung im Business-Bereich verschärfte die Herausforderung, stets zur richtigen Zeit die richtigen Daten an die richtigen Leute und in die richtigen Prozesse zu bringen. Hinzu komme oftmals ein unterschiedlicher Fokus der Business-Einheiten im Unternehmen. Das mag sich die eine Gruppe auf Gewinne versteifen, während sich die andere auf die Eroberung von Marktanteilen konzentriert.

Metriken zentral entwickeln lassen

Gartner empfiehlt vor diesem Hintergrund einen Top-Down-Ansatz bei der Entwicklung von Metriken, damit die Mitarbeiter nicht mehr durch ihnen faszinierend erscheinende Zahlen abgelenkt würden. Die Entwicklung eines entsprechenden Rahmens sollte zentral von einem BI-Kompetenz-Zentrum gesteuert und kontrolliert werden – mit Unterstützung des CEO- oder COO-Büros.

Angesichts der ständig wachsenden Daten aus immer neuen Quellen sollten die eigenen Richtgrößen immer wieder überdacht werden; Experimente an dieser Stelle können sich lohnen. Gartner hält ferner die für bestimmte Branche maßgeschneiderten Analytics- und Performance Management-Lösungen mit vordefinierten Metriken war für nützlich, warnt aber auch vor unkritischem Einsatz: „Achten Sie darauf, nicht zu viele der Messgrößen dieser Lösungen zu implementieren.“

Zentrale BI-Einheiten wie ein BI Competence Center werden von den Analysten also durchaus als sinnvoll betrachtet. Ein Allheilmittel sieht Gartner in der Zentralisierung allerdings keineswegs. Viele BI-Programme hätten ihre Wurzeln in den jeweiligen Fachabteilungen, in die die analytischen Ressourcen eingebettet seien. Dieses Modell habe im Hinblick auf die Anforderungen in den Abteilungen auch gut funktioniert, so Gartner.

Weil so aber die unternehmensweite Konsistenz von Daten-Definitionen und Richtgrößen fehlt, haben viele Firmen ein zentrales BI-Team installiert. „Ein derart überzentralisiertes Modell lässt aber die Agilität und Vertrautheit des dezentralen Ansatzes vermissen“, moniert Gartner.

Ein hybrides Modell ermögliche größere Konsistenz, Skalenvorteile, mehr Autonomie und kürzere Turnaround-Zeiten. Bis 2013 werden die meisten Firmen die richtige Balance aus Zentralisierung und dezentraler BI gefunden haben, prophezeien die Analysten zuversichtlich.

Cloud BI: Erwartungen der Anbieter enttäuscht

Den Cloud-Computing-Hype beäugt Gartner im BI-Zusammenhang hingegen kritisch. „Der gegenwärtige Einsatz von Cloud BI hinkt weit hinter den Erwartungen der Anbieter her, die fleißig an der Schaffung und Vermarktung neuer Off-Premise-Lösungen arbeiten“, so Gartner. Unternehmen mit einer On-Premise-Infrastruktur für BI seien unsicher, welche Daten in die Wolke wandern und welche Reports und Dashboards von dort bezogen werden könnten.

Leichter täten sich da Firmen, die bereits andere Anwendungen aus der Cloud bezögen, etwa Customer Relationship Management oder Helpdesk-Dienste. Sie betrachteten die Auslagerung ihrer BI dann vor allen als Ausweitung ihrer Cloud-Computing-Aktivität.

Für BI-Neulinge eröffne Cloud Computing zwar einen schnellen und kostengünstigen Einstieg. Sichergestellt werden sollte laut Gartner allerdings, dass im Falle einer späteren Migration auf On-Premise-BI keine größeren Störungen zu befürchten seien.

Die Studie „Predicts 2012: Business Intelligence Still Subject To Nontechnical Challenges” ist bei Gartner erhältlich.