Noch zu wenig Business-Fokus

Die Anforderungen an CIOs der Zukunft

09.11.2011 von Meridith Levinson und Andrea König
Gefragt sind Kandidaten mit Business-Erfahrung und globaler Perspektive. Trotzdem: technisches Verständnis bleibt weiter wichtig.

David Reynolds möchte CIO werden und der 35-Jährige scheint auf einem guten Weg zu sein, schreibt Meridith Levinson in einem Beitrag für unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com. Reynolds, der heute als System-Manager für das Rhode Island Blood Center arbeitet, hat seine Karriere Ende der Neunzigerjahre begonnen. Nach einem Bachelor in Rechnungswesen und Informatik arbeitete er zunächst im Rechnungswesen, bis ihn der Job langweilte und er sich der IT zuwandte.

Wer einmal CIO werden möchte, sollte eine Business-Station in die Karriereplanung aufnehmen.
Foto: MEV Verlag

Gerade von seinem finanzorientierten Hintergrund profitiert Reynolds jetzt, wo er die IT-Systeme seines Arbeitgebers und zwei Mitarbeiter verantwortet. Seine ersten Berufsjahre haben ihm ein Verständnis von Budgets, ROIund vielen anderen Finanzthemen gegeben und ihn so optimal auf dieCIO-Rolle vorbereitet, sagt Reynolds. Durch seinen Hintergrund aus dem Finanzbereich könne er dem Vorstand besonders gut erklären, welchen Kosten und Nutzen eine neue Technologie mit sich bringt.

Das ist bereits ein guter Anfang, um ein erfolgreicher CIO zu werden, glaubt Meridith Levinson. Doch wer auch zukünftig in der CIO-Rolle glänzen möchte, sollte noch mehr Erfahrungen und Fähigkeiten mitbringen. Vorstände, Recruiter und Analysten gehen davon aus,dass sich die CIO-Rolle gerade gewaltig verändert, unter anderem durch Globalisierung, Cloud Computing und die Konsumerisierung der IT. Experten glauben, dass die CIOs von morgen sich weniger mit IT-Infrastrukturen beschäftigen müssen, sondern vielmehr mit Innovationen, Endkunden und Unternehmenswachstum.

Beim IT-Beratungsunternehmen Forrester schätzen Analysten, dass heute nicht einmal jeder zehnte CIO den Fokus aufs Business hat. Man sehe, dass sich die Erwartungen des Business an den CIO massiv verändern und vielen CIOs die Kompetenzen fehlen, um diesen Erwartungen gerecht zu werden. Wie sich das Verhältnis vom Business zum CIO wandelt, sieht man auch daran, wie die Erfolge eines CIOs gemessen werden. Häufig geht es nicht mehr darum, ob ein CIO Projekt pünktlich fertigstellt, sondern wie zufrieden IT-Nutzer und Endkunden mit der Unternehmens-IT sind.

Von einem zukünftig erfolgreichen CIO erwarten Experten auch, dass er ein globaler CIO ist. Das ist gerade vor dem Hintergrund wichtig, dass viele Unternehmen auf dem chinesischen Markt aktiv werden.

Technisches Verständnis bleibt Pflicht

Eines aber bleibt nach wie vor eine wichtige Anforderung an CIOs, glauben Experten: ein technisches Verständnis. Das bedeutet nicht, dass CIOs Informatiker sein müssen oder ihre gesamte Berufszeit in der IT verbringen müssen. Sie müssen aber verstehen, wie die IT das Unternehmen voranbringt. Analysten schätzen, dass heute rund 60 bis 65 Prozent der CIOs einen technischen Hintergrund mitbringen - ihre Zahl nimmt ab. Dies sei möglich, weil in Unternehmen immer häufiger Dritte das Management der IT-Infrastruktur übernehmen.

Manche glauben, dass gerade jüngere Generationen durch allgegenwärtige Technologien auch ohne einen IT-Hintergrund ein technisches Verständnis entwickeln und innovativ Technologien ins Unternehmen bringen können. Allerdings betrachtet die Mehrzahl der Executive Recruiter CIOs ohne IT-Erfahrungen als Ausnahme von der Regel.

CFO sollte keine IT-Verantwortung bekommen

Ein CIO-Recruiter hält beispielsweise nicht viel von der Praxis mancher Unternehmen, ihrem CFO die IT-Verantwortung zu übertragen. Er wisse, dass das für Unternehmen eine einfache Möglichkeit sei, Geld zu sparen, aber es sei nicht besonders kreativ und die Ergebnisse die man bekomme, fußen oft auf keinem besonders guten technischen Verständnis.

In einer Sache sind sich Recruiter und Analysten einig: Der Weg zum CIO ist vielseitiger als früher. Während in der Vergangenheit der Weg zum IT-Verantwortlichen am häufigsten über Positionen im Bereich IT-Infrastruktur führte, ist das heute nicht mehr so. Das liegt vor allem daran, dass diese Bereiche immer öfter ausgelagert werden.

Wer heute zum CIO aufsteigt, hatte zuvor oft eine Position inne, die eng mit dem Business verzahnt war, zum Beispiel Shared Services, Enterprise Architektur oder IT-Sales. Den Grund dafür sieht er nicht zuletzt darin, weil Personen in diesem Bereich oft einen besonders guten Draht zu den Vorständen haben, die den künftigen CIO auswählen.

Zeitweise einen Business-Posten übernehmen

Wer CIO werden möchte und sich momentan in einer IT-Funktion befindet, sollte darüber nachdenken, zum Ankurbeln seiner Karriere zeitweise einen Business-Posten anzunehmen. Ein anderer Karriereweg zum CIO könnte es sein, sich von einer Business-Tätigkeit in die IT zu bewegen. Im Fachbereich könnte das zum Beispiel eine Aufgabe im Bereich Finanzen, Produktion oder Supply Chain sein, von der man dann über ein Projekt wie zum Beispiel eine SAP-Implementierung in die IT-Abteilung wechselt.

Wer dann in der IT-Abteilung bleibt, könnte eines Tages zum CIO aufsteigen. Genau diesen Aufstieg strebt der eingangs erwähnte David Reynolds an. Ihn begeistert der große Einflussbereich eines CIOs: "Es gibt kein Projekt, an dem die IT nicht in irgendeiner Weise beteiligt ist", sagt er.