BaaS

Die Blockchain in der Wolke

29.03.2016 von Matthias Reinwarth
Im ursprünglichen Konzept sind Blockchains massiv verteilt und dezentral gespeichert. Mit Blockchain as a Service ermöglichen Cloud-Anbieter diese nun individuell auf Knopfdruck.

Sie ist dezentralisiert, weit verteilt und unterliegt nicht der Kontrolle eines einzelnen/einer einzelnen Organisation: Die Blockchain. Sie stellt eine dauerhafte, öffentliche Datenbasis (Distributed Public Ledger) für den jeweils einmaligen Schreibzugriff pro Eintrag und beliebig viele Lesezugriffe zur Verfügung Sie ist durch kryptographische Verfahren geschützt und deshalb nachträglich nicht veränderbar. Sie implementiert eine vollständige und sichere (Turing-complete) Programmiersprache zur Implementation sogenannter Smart Contracts, die direkt in der Blockchain liegen und dort autonom, regelbasiert ausgeführt werden, ohne einen sie steuernden Mittelsmann zu benötigen.

Die Blockchain-Technologie kann als Grundlage für unterschiedliche Anwendungen dienen.
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Kein Produkt, sondern Technologie und Konzept

Diese Darstellung macht klar, dass es sich bei der Blockchain in erster Linie um ein Konzept, eine Technologie und die sie implementierenden Protokolle handelt. Die konkrete Ausprägung und die Anzahl der beteiligten Systeme kann für verschiedene Lösungsarchitekturen jedoch unterschiedlich sein. Die Kryptowährung Bitcoin ist die bekannteste, aber eben auch nur eine Anwendung der Blockchain-Technologie.

Auch wenn die frühen Kryptowährungen konzeptionelle und organisatorische Schwächen aufweisen, die zu Recht als Kritik vorgebracht und öffentlich diskutiert werden: Der Aufbau eines verteilten, nicht veränderlichen, sicheren und nicht extern kontrollierbaren Journals stellt heute schon die Grundlage einer Vielzahl von Konzepten da, die nicht wenige Branchen in der Zukunft durch neue, alternative und disruptive Ansätze verändern werden.

Vielzahl von Infrastruktur-Lösungen verfügbar

Mit dieser Erwartungshaltung und mit einer Vielzahl von Einsatzbereichen, in denen die Blockchain ihr Potenzial zeigen kann, ist offensichtlich, dass eine Vielzahl von unterschiedlichen Marktteilnehmern die Nutzung dieser Technologie vorantreiben werden. Auch wenn ein offensichtlicher Hype um das Thema Blockchain derzeit angeheizt wird: die grundlegende Implementierung einer solchen Lösung ist heute für viele Unternehmen, vom Start-Up bis zum großen Finanzkonzern in greifbarer Nähe.

Viele Implementierungen der Blockchain-Technologie liegen als Quelltext vor und sind Open Source. Damit ist jeder interessierte zukünftige Betreiber einer hierauf basierenden Lösung in der Lage, seine eigene Infrastruktur als Grundlage für den Aufbau einer Blockchain bereitzustellen.

Per Click zur eigenen Blockchain

Darüber hinaus sind einige der großen Anbieter von Cloud-Diensten schnell und mit Nachdruck auf den erfolgversprechenden Zug aufgesprungen: Microsoft etwa hat gemeinsamem mit dem Blockchain-Startup Consensys schon Mitte des vergangenen Jahres die Bereitstellung von Cloud-basierten Blockchain-Instanzen auf Basis der vielbeachteten Ethereum-Software angekündigt. Damit ist die Blockchain as a Service (BaaS) im Rahmen des Azure-Portfolios Realität geworden.

Weiterhin ermöglicht Microsoft den Betrieb von Ripple-Knoten als BaaS im Rahmen dieses expandierenden Netzes für verteilte, internationale Finanztransaktionen. Die Entwicklung geht aber kontinuierlich weiter, um eine Vielzahl von Lösungen anzubieten. Hierfür hat Microsoft mittlerweile das jetzt schon test- und nutzbare Angebot in seinem Marketplace um Blockchain-Lösungen von Factom, Eris und CoinPrism erweitert.

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IBM als zweiter großer BaaS-Anbieter

Als zweiter großer Anbieter hat unlängst IBM seine Unterstützung für die Blockchain-Technologie angekündigt. Ziel ist auch hier die Bereitstellung von "Business-Ready" Blockchain-Infrastrukturen auf Basis der Bluemix Cloud-Infrastruktur. Entwickler können schon heute erste Schritte mit der Blockchain-Technologie unternehmen und in Zukuft auf der Basis dieser Infrastruktur Lösungen erstellen. Dem oft diskutierten Thema der Sicherheit und des Schutzes der Infrastruktur möchte IBM durch Bereitstellung einer Blockchain auch auf Basis der Betriebssystemfamilie z-Series begegnen.

IBM unterstützt hierbei aktiv die Linux Foundation im Rahmen des Open Ledger Projektes als aktives Mitglied und durch die Bereitstellung von Code für den Aufbau sicherer verteilter Distributed Public Ledger. Dass dies kein reines Laborprojekt werden wird, zeigt die Ankündigung, dass die so entstehende Lösung von IBM gemeinschaftlich mit den japanischen Börsen (JPX - Japan Exchange Group) evaluiert und getestet werden soll.

Damit wird klar: Als nächster Schritt wird die Interoperabilität und die standardisierte Kommunikation zwischen einer Vielzahl unterschiedlicher Blockchains angestrebt. Projekte wie Hyperledger und Blognet legen hierzu derzeit die konzeptionelle Basis, um aus einzelnen isolierten Blockchains interoperable Netzwerke zu bilden.

BaaS als Grundlage schneller, konkreter Lösungen

War das Thema Blockchain in der Öffentlichkeit für viele bislang doch mehrheitlich ein eher theoretisches Thema, so kann sich das jetzt schnell ändern. Hier bieten nicht zuletzt die jetzt verfügbaren Blockchain as a Service Angebote die Möglichkeit, konkrete Lösungen bereitzustellen und damit die Umsetzung des Hypes in die vielbeschworenen, disruptiven, neuen Ansätze zu beweisen.

Mit dem Sprung in die Wolke wird darüber hinaus das Thema der für die krytographischen Berechnungen notwendigen Rechenkapazitäten nurmehr zu einem Skalierungs-Problem - dessen Auswirkungen sich über die Menge der Investitionen in die Cloud-Services steuern lassen. Der Aufwand für den reinen Aufbau der Infrastruktur ist damit überschau- und kalkulierbar, und die verfügbaren Ressourcen lassen sich vollständig auf die Entwicklung und Verfeinerung neuer Geschäftsideen auch und gerade jenseits der Finanzdienstleistungen verwenden.

Die Frage, ob ein Public Cloud-Anbieter für alle mögliche Einsatzszenarien die sinnvolle Implementations-Basis darstellt, ist mit Sicherheit im Einzelfall zu prüfen. Manche Entscheidung kann hier durchaus anders ausfallen. Nichtsdestotrotz gibt es heute nur noch wenige Ausreden, um nicht erste Technologiestudien und Prototypen für eine Vielzahl von "Next Big Things" zu starten. Die Cloud erlaubt es ja nicht zuletzt auch, mehrere Alternativen zu evaluieren. Das Scheitern und der Neustart ist in diesen Umgebungen einfach und schmerzlos und gehört - wenn richtig gemacht - bei agiler Systementwicklung auf dem Weg zur Optimierung durchaus mit zum Konzept.