Laptop, Tablet, Smartphone

Die Digitalstrategie fürs Klassenzimmer

08.12.2016
Die meisten Schüler nutzen ihr Smartphone vorwiegend für Spiele und soziale Netzwerke. Wie die digitale Technik sinnvoller eingesetzt werden kann, sollen die Jugendlichen künftig an der Schule lernen.
Die Computer-Kompetenz bei Schülern in Deutschland soll steigen.
Foto: Christian Schwier - Fotolia.com

Das digitale Klassenzimmer enthält Laptop, Tablet und Smartphone, alle Schüler arbeiten am Computer, der Lehrer füttert sie mit passenden Lernprogrammen und bedient das interaktive Whiteboard. Doch dieses Ideal-Szenario ist an vielen deutschen Schulen die Ausnahme. Bund und Länder wollen das nun ändern und drücken mit verschiedenen Strategien und Pakten aufs Tempo.

Warum besteht ein so großer Handlungsdruck?

Eine internationale Vergleichsstudie deckte es vor zwei Jahren schonungslos auf: Deutsche Schüler stehen mit ihren Computer-Kompetenzen nicht gut da. Demnach sind die Jugendlichen zwar von Smartphones und Laptops fasziniert, nutzen die Geräte aber selten sinnvoll für die Schule - Gedaddel statt Recherche. "Ein großer Teil der Schüler begnügt sich mit sozialen Netzwerken und Computerspielen", sagt der Hamburger Bildungssenator Ties Rabe (SPD). Die Kultusministerkonferenz (KMK) will das ändern und die Schüler auf das digitale (Berufs-)Leben vorbereiten.

Was planen die Bildungsminister der Bundesländer?

Mit ihrer am Donnerstag verabschiedeten "Digitalstrategie" unternimmt die KMK den durchaus ambitionierten Versuch, Schüler und Lehrer rasch für computerbasierten Unterricht fit zu machen. Schon Kinder, die im Sommer 2018 eingeschult werden, sollen bis zum Ende ihrer Schullaufbahn bestimmte Kompetenzen erlangen, um sich besser in der digitalen Welt zurechtzufinden.

Welche Digital-Kompetenzen sollen den Schülern vermittelt werden?

Das Papier der Bildungsminister und -senatoren umfasst etwa 60 einzelne Lernziele. Dabei geht es etwa um das Suchen, aber auch um das Bewerten von Informationen, um Verhaltensregeln bei der Online-Kommunikation, um digitale Lernmöglichkeiten sowie um Urheber- und Persönlichkeitsrechte bei eigenen und fremden Inhalten. Dabei sollen für jedes einzelne Schulfach spezielle Zugänge zu diesen Themen gefunden werden.

Sind Lehrer und Schulen darauf vorbereitet?

Hier muss noch einiges passieren. Die große TIMSS-Studie wies erst vor wenigen Tagen nach, dass deutsche Lehrer bei der Weiterbildung für computerbasierten Unterricht im weltweiten Vergleich Letzter (!) sind. Deshalb gibt es in der KMK-"Digitalstrategie" ein eigenes Kapitel, das sich mit der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrer befasst. Ambitioniert ist auch das Ziel der Kultusminister, dass bis zum Jahr 2021 jeder Schüler eine "digitale Lernumgebung" haben soll - selbst wenn das möglicherweise nur bedeutet, dass sich die Schüler dann mit ihrem privaten Smartphone ins schuleigene WLAN einloggen.

Stehen die finanziell klammen Länder mit ihrem Vorstoß allein da?

Nein, auch der Bund sieht den Bedarf und will bei der digitalen Ausstattung der Schulen helfen. Deswegen hatte Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) den Ländern ein Fünf-Milliarden-Euro-Programm in Aussicht gestellt. Den Start des Digitalpakts hat Wanka allerdings in die nächste Legislaturperiode verschoben. Auch das dafür vorgesehene Bundesgeld hat sie noch nicht fest in der Hand. Hamburgs Bildungssenator Rabe monierte deshalb schon, Wankas vermeintliches Geschenk an die Länder bestehe bisher nur aus Geschenkpapier. Im Januar wollen beide Seiten weiter verhandeln.

Wird am Ende wirklich jeder Schüler ein Laptop vor sich haben?

Das wäre ein tolles Konjunkturprogramm für die Computer-Hersteller, aber auch sehr teuer für den Staat. Deshalb ist im KMK-Papier ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, dass die Schüler unter Anleitung der Lehrer mit ihrem privaten Smartphone ins Netz gehen. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) gibt allerdings zu bedenken, dass sich nicht jeder Schüler ein Smartphone leisten könne. Die Lehrerorganisation sieht deshalb die Gefahr, dass der Bildungserfolg noch stärker von Sozialstatus der Schüler abhängt als ohnehin schon.

Auf welches Echo stößt das KMK-Papier?

Die ersten Reaktionen sind durchweg positiv. Verschiedene Lehrerverbände lobten die "Digitalstrategie" ebenso wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks sagte, in den Unternehmen gehörten digitale Arbeitsmittel schon zum Alltag. "Für die Betriebe ist es daher von zentraler Bedeutung, Jugendlichen schon in der Schule einen kompetenten Umgang mit digitalen Medien zu vermitteln." Der Deutsche Philologenverband lobte vor allem, dass die Lehrinhalte nicht zentral in einem einzelnen Schulfach vermittelt werden sollen, sondern als Querschnittsaufgabe in allen Fächern. Der VBE bezeichnete das KMK-Papier zumindest als solide Grundlage. Beide Verbänden mahnten aber auch an, die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitzustellen. (dpa/rs)