Chance für Virtualisierung

Die Hoffnung nach dem Intel-AMD-Deal

19.11.2009 von Hartmut  Wiehr
Intel zahlt 1,25 Milliarden Dollar an den Konkurrenten AMD, um Gerichtsstreitigkeiten aus der Welt zu schaffen. Das könnte wieder zu mehr offener Konkurrenz am Prozessormarkt führen, aber auch zu einer echten Virtualisierung auf Chip-Ebene.

Die Zahlung von Intel an AMD kann sicher als eine Art Schuldeingeständnis gewertet werden. Immerhin ging es vor Gericht darum, in welcher Weise Intel-Händler und Computer-Hersteller an sich gebunden hatte, keine AMD-Prozessoren in ihr Angebot aufzunehmen. Auch von einer Art von Bestechungszahlungen war die Rede. Für die Anwender zeichnen sich jetzt positive Effekte bei Produktauswahl und Preisen ab, da der Markt für Prozessoren wieder offener werden könnte.

Das Ende des Streits zwischen Intel und AMD könnte auch mehr Kompatibilität bei Virtualisierung bringen.

Auch für die Virtualisierung gibt es womöglich günstige Auswirkungen, auf jeden Fall wären sie mehr als wünschenswert. Wie der Analyst James Staten von Forrester erläutert, funktioniert die Live Migration von virtuellen Maschinen oder Workloads bisher nur zwischen Servern mit Prozessoren vom gleichen Chip-Hersteller: "Bisher haben Intel und AMD die entsprechenden Befehlssätze für diese Virtualisierungsfunktion so implementiert, dass sie nicht miteinander kompatibel sind", sagt Staten. "Ein Virtualisierungs-Pool mit Live Migration lässt sich entweder nur in einer reinen Intel- oder in einer reinen AMD-Umgebung aufbauen."

Die Vereinbarung zwischen Intel und AMD spricht zwar nicht explizit über Virtualisierung, sondern über die Beendigung von Lizenz- und Kartellfragen. Aber ein neues gegenseitiges Lizenzabkommen, das gleichzeitig über den Zeitraum von fünf Jahren abgeschlossen wurde, eröffnet die Perspektive, dass sich beide bisher feindlich gesinnten Unternehmen gegenseitig über ihre Befehlssätze bei Virtualisierung informieren und so zu einer gemeinsamen Nutzung von Live Migration kommen.

Martin Reynolds, Analyst bei Gartner, sieht es ähnlich: "Wenn beide Hersteller Virtualisierung als gemeinsamen Standard in ihre Prozessoren integrieren, würde Virtualisierung weniger kostenintensiv werden."

Standardisierung würde Virtualisierung voranbringen

Bisher musste vor allem AMD unter der fehlenden Standardisierung leiden, da Intel aufgrund seiner dominierenden Marktmacht mehr Anwender zu sich herüberziehen konnte. Das gerade abgeschlossene Abkommen könnte die Situation grundlegend ändern, da auch bei Memory- und Performance-Management sowie bei Security mehr Kompatibilität in den Bereich des Möglichen rückt.

Eine wirklich intensive Zusammenarbeit zwischen den Konkurrenten zu erwarten, wäre allerdings illusorisch. Zunächst hat man sich nur auf die Beendigung eines jahrelangen Streits vor Gericht geeinigt. Staten von Forrester meint: "Ein demonstratives Händeschütteln und den Beginn einer Freundschaft werden wir nicht sehen." Dazu hat es zu viel böses Blut gegeben – Intel hat schließlich versucht, den Konkurrenten mit unlauteren Methoden vom Markt zu verdrängen.

"Interoperabilität" und "Standards" gehören zu den am meisten missbrauchten Vokabeln der IT-Branche. AMD und vor allem Intel hätten nun eine einmalige Gelegenheit zu zeigen, dass es ihnen ernst ist mit solchen Versprechungen.