7 Gründe fürs Projektscheitern

Die Mängelliste der IT-Systemhäuser

02.03.2012 von Werner Kurzlechner
Das Scheitern von IT-Infrastrukturprojekten liegt zumeist an Defiziten der IT-Systemhäuser. Berater PM Firefighters schildert die häufigsten Baustellen.
Geht hart mit den IT-Dienstleistern ins Gericht: Reshma Kalarickal, Projektmanagerin bei PM Firefighters.
Foto: PM Firefighters

IT-Infrastrukturprojekte gehen häufig in die Hose. Auch wenn die Projekte noch bis zum Ende durchgezogen werden, laufen Zeit und Budget zumeist aus dem Ruder. Nach Einschätzung von Reshma Kalarickal, Projektmanagerin beim Hamburger Beratungshaus PM Firefighters, gibt es sieben Quellen, die für das Problem oft ursächlich sind.

1. Die technische Innovationsrate: „Was gestern noch einwandfrei lief, verursacht morgen schon aufgrund kleinster Veränderungen an Hardware oder Software schwerste Kompatibilitätsprobleme“, berichtet Kalarickal. IT-Systemhäuser seien häufig damit überfordert, wenn wöchentlich neue Updates herauskämen; das Zusammenspiel der Systemkomponenten gerate dann schnell in Gefahr. Aus Sicht der Expertin wäre es ratsam, wenn das Projekt-Team besser auf die schnellen Innovationszyklen vorbereitet würde. Außerdem sei es zumeist sinnvoll, die technischen Anforderungen genau zu definieren, ehe spezifische Lösungen ausgewählt werden.

2. Know-how der Team-Mitglieder: Die Projekt-Teams werden nach Einschätzung von PM Firefighters oft nicht gut genug für ihre Aufgaben geschult. Auch das Kommunikationsverhalten der Beteiligten sei ausbaufähig. „Viele schenken der Kommunikation zwischen ihren Teamkollegen und den Stakeholdern weit weniger Beachtung als den technischen Fragen“, so Kalarickal. Umso wichtiger sei bei Projektmanagern die Fähigkeit, Mitglieder zu motivieren.

3. Anforderungen unterschätzt: Der Aufwand für das Anforderungsmanagement werde von den Verantwortlichen zu oft unterschätzt, so PM Firefighters. Um Zeit- und Budgetvorhaben tatsächlich einhalten zu können, rät Kalarickal zu Machbarkeitsuntersuchungen, die in der Praxis zu selten durchgeführt würden. „Kommen sie zustande, dann in vielen Fällen nicht mit der notwendigen Detailtiefe“, kritisiert die Expertin.

4. Dokumentation vernachlässigt: Offenbar herrscht in vielen Systemhäusern eine ausgesprochene Abneigung gegen Dokumentation. Nach Beobachtung von PM Firefighters bleibt sie häufig sowohl bei der Auftragsklärung als auch in technischen Fragen aus. Mit hohem Kostenaufwand versuche man dann später nachzuarbeiten. „Zusammen genommen machen derartige Versäumnisse in der Vorbereitungsphase Hardware-Projekte extrem krisenanfällig“, so Kalarickal. Die Projektmanagerin moniert insgesamt, dass oft zu kurzfristig gedacht werde.

Branche leidet an Schnelllebigkeit

5. Ausbleibende Einbindung der Abteilungen: Sehr häufig kommunizierten die beteiligten Abteilungen auf Anbieterseite nicht ausreichend, so PM Firefighters. Ein vermeintlich einheitliches Auftreten gegenüber dem Kunden ist oft eher erzwungen als echt.

6. Keine Klassifizierung und Priorisierung: Heißt im Klartext, dass Systemhäuser nicht selten Projektaufträge annehmen, die sie gleichzeitig überhaupt nicht schultern können. Ausbaden müssen das dann ihre Kunden. Kalarickal rät deshalb nachdrücklich zu Projektklassifizierung und Portfolio-Management.

7. Mangelnde Lernfähigkeit: Auch die nachträgliche Bewertung, Analyse und Dokumentation von Optimierungsfeldern verläuft nach Einschätzung von PM Firefighters zumeist suboptimal. Kurz und gut: Die Systemhäuser sind unfähig, aus ihrem Versagen zu lernen. Als Ursache führt Kalarickal die Schnelllebigkeit des Geschäfts und eine stark operativ geprägte Denke an.

Erste Anzeichen von Chaos unbedingt ernst nehmen

Kalarickals Fazit lautet kaum überraschend, dass das Optimierungspotenzial beachtlich sei. Aus Anwendersicht bleibt vor allem anzuraten, bei ausgelagerten Infrastrukturprojekten dem Dienstleister genau auf die Finger zu schauen. Erste Anzeichen von Chaos als unbedingt ernst nehmen und penibel darauf achten, dass Meilensteine wie vereinbart eingehalten werden.