Wie die DE-Mail-Konkurrenz funktioniert

Die Post bringt den Brief ins Web

07.12.2009 von Johannes Klostermeier
Auf der Messe "Moderner Staat" in Berlin hat die Deutsche Post zum ersten Mal der Öffentlichkeit ihr Projekt des elektronischen Briefes vorgestellt. Im ersten Halbjahr 2010 soll es losgehen. Noch sucht die Post Partner, überlegt sich Preise und Marketingstrategien.
Der Deutschen Post gehen die Briefe aus.

„Noch läuft das Ganze bei uns unter einem Codenamen", sagt ein Mitarbeiter der Deutschen Post am Messestand auf der Verwaltungsfachmesse „Moderner Staat" in Berlin. Auch die Preise stehen - zumindest offiziell - noch nicht fest. Doch die internen Planungen sind offenbar ziemlich weit voran geschritten. Mit Videopräsentationen demonstriert die Post auf ihrem Stand ihr Konzept des „elektronischen Briefes für Verwaltungen". Auf der Messe selbst bietet sie sich Städten und Gemeinden als Projektpartner an.

Mit ihrem Projekt macht die Deutsche Post dem vor Kurzem in Friedrichshafen gestarteten Pilotprojekt von Deutscher Telekom, T-Systems und United Internet „DE-Mail" Konkurrenz. Im Gegensatz zu diesem sieht man sich selbst mit der Vereinigung von elektronischer und herkömmlicher Briefzustellung in einer Hand im Vorteil. „Der Brief im Internet ist ein wichtiges Element jeder E-Government-Strategie", sagt der Deutsche-Post-Bereichsvorstand und CIO Brief Johannes Helbig im Interview.

Allerdings vermeidet die Post sorgfältig, als Konkurrent zu DE-Mail aufzutreten. „Die Deutsche Post versteht DE-Mail als eine Initiative der Bundesregierung, mit der sie gesetzliche Normen und Rahmenbedingungen für verbindliche elektronische Schriftkommunikation setzen und etablieren will", sagt Helbig. „Unser Projekt steht also nicht im Widerspruch zur DE-Mail-Initiative des Innenministeriums", so Helbig weiter.

Die „Financial Times" hatte im September diesen Jahres allerdings exklusiv berichtet, dass die Deutsche Post „durch gezieltes Lobbying" verhindert habe, dass das für den DE-Mail-Dienst notwendige „Bürgerportalgesetz" noch in der vergangenen Legislaturperiode verabschiedet werden konnte. Die Post bestreitet das. Doch sie muss die neue DE-Mail-Konkurrenz vor allem fürchten, erwirtschaftet sie doch rund ein Viertel ihres Gesamtumsatzes von rund 54 Milliarden Euro im Briefmarkt.

In der Post-Filale muss sich der E-Mail-Nutzer anmelden.

Das interne Pilotprojekt der Post, das seit Sommer dieses Jahres mit rund 5000 Anwendern gestartet wurde, funktioniert als Onlinebrief-Portal oder -Plattform. Jeder, der es nutzen möchte, muss sich zuvor per Postident-Verfahren und Personalausweis am Postschalter eindeutig identifizieren. Er bekommt dann eine eindeutige Onlinebriefadresse nach dem Muster Vorname und Nachname und eine PIN-Nummer, mit der er sich auf dem Portal der Post einloggen, E-Mails verschicken und empfangen kann.

Auch elektronische Online-Einschreiben sind nach Darstellung der Post über das Portal möglich, bei dem der Absender automatisch Versand- und Zustellbelege und - bei einem elektronischen Einschreiben mit Rückschein - zusätzlich eine Empfangsbestätigung bekommt. Diese noch sicheren Zustellungen sollen mit per SMS aufs Handy geschickten TANs abgesichert werden.

Elektronische Poststelle für Verwaltungen und Unternehmen

Für die Öffentliche Verwaltung und die Unternehmen hat die Post eine elektronische Poststelle im Angebot, die eingehende Onlinebriefe direkt und automatisch an den zuständigen Sachbearbeiter weiter leiten soll. Verwaltungen können Antragsformulare übermitteln, die am PC ausgefüllt und an diese anschließend verschlüsselt zurück gesandt werden. Die Verwaltung kann mit der Post-Lösung auch an nicht registrierte Bürger Briefe verschicken, dann allerdings druckt die Post sie auf Papier aus, adressiert und kuvertier sie und stellt sie wie bisher traditionell per Briefträger zu. Denn „30 Prozent der Deutschen sind immer noch ohne Internetanschluss."

Der elektronische Brief der Post.

Die Post versteht ihre Lösung als elektronische Poststelle, eine Integrationsplattform, die auch eingehende Faxe und Papierbriefe digitalisiert und zustellt. Hier steht die Deutsche Post in Konkurrenz zu verschiedenen anderen Anbietern auf dem Markt für Dokumenten-Management-Dienstleistungen. „Wir wissen, dass der Brief im Internet in die Organisation und Technik unserer Großkunden integriert werden muss", sagt Helbig in einem Interview mit „eGovernment Computing".

In einem Video am Messestand demonstriert die Deutsche Post, wie ein Bürger sich zukünftig in einem Online-Adressbuch der Post die E-Mailadresse des für die Schülerbeförderung zuständigen Sachbearbeiters seiner Verwaltung heraus sucht. Anschließend füllt er das auf der Seite des Sachbearbeiters bereit stehende Formular aus und übermittelt es elektronisch an die Behörde. Hier prüft es ein Sachbearbeiter und übermittelt dem Bürger nach kurzer Zeit das Busticket für sein Kind, das sich der Nutzer noch am eigenen Drucker ausdrucken muss. Auch der anschließende Rechnungseinzug durch die Post im Auftrag der Verwaltung ist denkbar.

Swiss Post scannt Briefpost für jedermann ein

An ähnlichen Lösungen arbeiten Postverwaltungen in der ganzen Welt. „Doch bisher gibt es so etwas, was wir planen noch nirgends", so ein Sprecher der Post. Doch auch anderswo tut sich einiges: In der Schweiz gibt es mit der „Swiss Post Box" (www.swisspostbox.com/de) bereits eine persönliche E-Mail-Box, die sich jeder Bürger mieten kann. Dort hinein versendet die Schweizerische Post auf Wunsch und gegen einen monatlichen Aufpreis ab 19,90 Schweizer Franken alle klassischen Papierbriefe, die sie zuvor eingescannt hat. „Mit der Swiss Post Box haben Sie jeder Zeit und von überall einen einfachen, sicheren Zugriff auf Ihre physische Briefpost", wirbt die Swiss Post.