Nur Plus und Minus

Die Probleme der intelligenten Stromzähler

29.07.2019
Der Stromzähler soll intelligent werden - und den Verbrauchern helfen, die Energiekosten zu senken. Doch die Einführung der Smart Meter ist zum nicht endenden Hindernislauf geworden, klagt die Branche. Und auch an den Fähigkeiten der Geräte gibt es Kritik.
Die schrittweise Einführung von Smart Metern sollte eigentlich bereits vor zwei Jahren beginnen.
Foto: antb - shutterstock.com

Die Kühltruhe meldet per Push-Nachricht aufs Handy, wenn sie plötzlich zu viel Strom verbraucht. Die Waschmaschine springt an, wenn die Energie günstig ist. Die Solaranlage speist Strom vom eigenen Dach bei guten Preisen ins Netz. So könnte die neue Energiewelt aussehen. Könnte - denn auf die dafür erforderlichen intelligenten Stromzähler warten Stadtwerke und andere Versorger noch immer. Dabei sollte mit ihrer schrittweisen Einführung schon vor zwei Jahren begonnen worden sein.

In vielen Haushalten ist zwar der vertraute schwarze Stromzähler mit der sich ständig drehenden Scheibe bereits gegen ein Gerät mit Digitalanzeige ausgetauscht worden. Doch intelligent sind diese modernen Messeinrichtungen nicht, denn sie können sich nicht mit Netzbetreibern und Stromlieferanten über das Internet verbinden. Dazu fehlt ihnen die Smart Meter Gateway genannte Kommunikationseinheit.

Digitale Stromzähler bieten keinen Mehrwert

Die digitalen Geräte, für die im Jahr maximal 20 Euro berechnet werden dürfen, böten "kaum einen Mehrwert gegenüber herkömmlichen Zählern", betont der Stromriese Eon. Intelligente Stromzähler sollen deutlich mehr können. "Kunden erhalten dadurch unter anderem eine bessere Kostenkontrolle über ihren Energieverbrauch, können Stromfresser identifizieren, Nachzahlungen vermeiden und den Zählerstand fernablesen lassen", streicht eine Eon-Sprecherin heraus. Für diese Geräte müssen die Verbraucher aber mehr bezahlen - bei 100 Euro im Jahr beginnen die nach Verbrauch gestaffelten gesetzlichen Preisobergrenzen.

Ein Pflichteinbau der Smart Meter ist nur für größere Verbraucher vorgesehen. Wer im Jahr mehr als 10.000 Kilowattstunden verbraucht oder eine Solaranlage mit einer Leistung von mehr als 7 Kilowatt betreibt, sollte schon ab 2017 einen Smart Meter erhalten. Bei einem Jahresverbrauch von mindestens 6.000 Kilowattstunden soll der Einbau vom kommenden Jahr an beginnen. Ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt liegt in der Regel unter dieser Marke. Er kann aber den Einbau eines intelligenten Zählers beantragen.

Smart Meter bergen Risiken

Smart Meter sind nicht nur intelligent, sie können auch zum Einfallstor für Hacker in das Stromnetz werden. Deshalb dürfen nur Geräte eingebaut werden, die strenge Prüfungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bestanden haben. Bislang ist das nur einem Gateway gelungen. Um den Pflichteinbau starten zu können, müssen aber drei Geräte vom BSI zertifiziert werden. Eon hat deshalb bisher auch nur einige Hundert Pilotgeräte montiert.

"Die Anforderungen, die das BSI an die Hersteller stellt, sind enorm", sagt Björn Buchgeister von der Aachener Devolo AG, die eines der acht noch im Zertifizierungsverfahren befindlichen Geräte entwickelt hat. Das BSI habe im Laufe des Verfahrens zusätzliche Anforderungen gestellt. "Der Zertifizierungsaufwand ist deutlich höher als erwartet." Devolo werde seinen Smart Meter deshalb nicht mehr in diesem Jahr auf den Markt bringen können.

Das BSI versichert, keine unerfüllbaren Auflagen zu machen. Die Zertifizierung des ersten Gateways im vergangenen Dezember habe gezeigt, "dass es möglich ist, innovative Technologien und smarte Lösungen so zu entwickeln, dass die Informationssicherheit gewährleistet und die Privatsphäre der Verbraucher gewahrt bleibt", betont ein Sprecher. Das BSI sei zuversichtlich, dass weitere Hersteller die Forderungen bald erfüllten und der verpflichtende Rollout noch in diesem Jahr beginnen könne.

Für das Stadtwerkenetzwerk Trianel, dem mehr als 100 Stadtwerke in Deutschland und den Nachbarländern angehören, kommt das zu spät. Es will aus Verärgerung über das schleppende Genehmigungsverfahren seine Smart-Metering-Aktivitäten bis zum Jahresende einstellen. Es gebe nur geringe Perspektiven, kurz und mittelfristig "die getätigten Investitionen in diesem Geschäftsbereich zurückverdienen zu können", schimpft der Sprecher der Trianel-Geschäftsführung, Sven Becker. Deutschland laufe Gefahr, "sich bei der Digitalisierung im technologischen Kleinklein zu verlieren".

Doch nicht nur an der schleppenden Einführung gibt es Kritik. Die intelligenten Messsysteme der ersten Generation würden weit weniger können als ursprünglich angekündigt, kritisiert die Hauptgeschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen, Katherina Reiche. "Bildlich gesprochen: Die Geräte beherrschen mit der Addition oder Subtraktion die ersten beiden Grundrechenarten. Multiplikation oder Division können sie nicht abbilden." Das sei aber notwendig, um etwa in einem Wohnquartier die Stromerzeugung aus Photovoltaik und den Verbrauch steuern und schalten zu können. Es sei auch nicht abzusehen, "ob die Nachfolgegeneration der Geräte dazu in der Lage sein wird." (dpa/sa)