Bain-Studie Tools und Trends

Die Top-Management-Instrumente

23.10.2015 von Werner Kurzlechner
Big Data Analytics ist mittlerweile in Asien das meistgenutzte Tool. Weltweit ist es aber noch nicht einmal in den Top Ten zu finden, wie eine Bain-Studie zeigt. Sehr gute Nutzerbewertungen sprechen aber dafür, dass da nicht mehr lange so bleibt. CRM bleibt das populärste Tool auf dem Planeten.
  • Angst vor Cyber-Attacken merklich gewachsen
  • Europäer setzen auf Balanced Scorecard
  • CRM-Tools qualitativ verbessert
  • Schlechte Noten für Outsourcing-Werkzeuge
Die Grafik zeigt die wichtigsten Studienergebnisse auf einen Blick: Die untersuchten 25 Tools sind hier nach Verbreitung und qualitativer Beurteilung geordnet.
Foto: Bain & Company

Handwerker sollten ab und an ihren Werkzeugkasten kontrollieren. Könnte ja sein, dass das ein oder andere Instrument abgewetzt ist und geschliffen werden muss. Oder aber, dass man Dinge mit sich herum schleppt, die es einfach nicht mehr bringen - zum Beispiel, weil es mittlerweile besseres zu kaufen gibt. Hilfreich ist bei einem solchen Check sicherlich zu wissen, was denn die Kollegen so an Gerätschaften dabei haben. Was dem Handwerker seine Schraubenzieher und Hämmer, sind dem CIO seine Software-Tools. Und den Vergleich mit den Werkzeugkästen der Konkurrenz übernehmen bereits seit 1993 die Analysten von Bain & Company.

Szenarien-Planung hat Zukunft

Zum 15. Mal seither präsentierte Bain nun die Studie "Management Tools & Trends". Die Autoren Darrell Rigby und Barbara Bilodeau benennen ihre Erhebung nach dem Erscheinungsjahr als Ausgabe 2015. Man sollte allerdings wissen, dass die zu Grunde liegenden Daten bereits im vergangenen Jahr erhoben wurden. Der Mangel an Aktualität trübt in diesem Fall aber nicht den Erkenntniswert. Dafür sorgt zum einen die umfangreiche Datenbasis. Befragt wurden über 13.000 IT-Führungskräfte aus mehr als 70 Ländern. Zum anderen ermöglicht die langjährige Tradition der Studie eine vergleichende Betrachtung langfristiger Entwicklungen.

CRM leibt das weltweit meistgenutzte Tool

Einmal mehr sei Customer Relationship Management (CRM) in 2014 das weltweit meistgenutzte Tool gewesen, berichten Rigby und Bilodeau. "Überraschenderweise platzierte sich Big Data Analytics - eines der neueren Instrumente innerhalb der Studie mit nach wie vor relativ geringer Nutzungsrate - auf Rang Eins bei der Nutzerzufriedenheit, insbesondere dank hoher Bewertungen aus China und Indien", so das Autorenduo weiter. Für die Zukunft seien die größten Zuwächse für Scenario & Contingency Planning und Complexity Reduction mit Nennungen von jeweils etwa 40 Prozent zu erwarten.

Bemerkenswert angesichts einer gemeinhin als groß empfundenen Veränderungsdynamik in einer von Hypes geprägten IT-Welt ist die sich in der Studie widerspiegelnde Beständigkeit der populärsten Tools. Die Top Six von 2012 sind auch die Top Six von 2014. Nur Core Competencies fiel im Vergleich zur letzten Studie aus den ersten Zehn. Nummer Eins weltweit bleibt CRM, den zweiten Platz teilen sich Benchmarking, Strategic Planning und das in Nordamerika meistgenutzte Tool Employee Engagement Surveys.

Outsorcing, Balanced Scorecard und Mission & Vision Statements

Auf den weiteren Plätzen folgen Outsourcing, Balanced Scorecard und Mission & Vision Statements. Ebenfalls noch in den Top Ten sind Supply Chain Management (SCM), Change Management-Programme und Customer Segmentation. Big Data Analytics erhielt wie erwähnt ein sehr gutes Zeugnis im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit, lag 2014 unter 25 untersuchten Tools hinsichtlich der Nutzungsrate aber lediglich auf dem elften Rang. Im asiatisch-pazifischen Raum sind Werkzeuge zur Analyse großer Datenmengen indes bereits das am meisten benutzte Tool.

Die Ergebnisse der EMEA-Region weichen vom globalen Durchschnitt erkennbar ab. Am meisten genutzt werden in Europa CRM und Benchmarking, danach ebenfalls gleichauf Outsourcing und Balanced Scorecard. Strategic Planning und SCM liegen nur auf den Plätzen Neun und Zehn.

Bain & Company-Studie "Management Tools & Trends 2015"
Management-Tools 2015
Für die Studie „Management Tools & Trends 2015“ hat der Berater Bain & Company Angaben von 13.000 Entscheidern weltweit ausgewertet. Das Thema beschäftigt Bain schon lang, es ist die 15. Umfrage dieser Art.
CRM und Benchmarking
Bain hat eine Top Ten-Liste der meistverwendeten Management Tools erstellt. Kundenbindungsmanagement (CRM) und Benchmarking führen diese mit einem Nutzungsgrad von 46 Prozent beziehungsweise 44 Prozent an.
Mitarbeiterumfragen und strategische Planung
Auf den Rängen drei und vier folgen Umfragen zur Mitarbeiterzufriedenheit (44 Prozent Einsatzgrad) und Tools zur strategischen Planung (ebenfalls 44 Prozent).
Outsourcing und Balanced Scorecard
41 Prozent der Unternehmen lagern Aufgaben aus. Mit der Balanced Scorecard arbeiten 38 Prozent.
Mission and Vision Statements und Lieferkette
38 Prozent der Befragten arbeiten mit Mission and Vision Statements, 36 Prozent nutzen Tools zum Management der Lieferkette. Das entspricht den Plätzen 7 und 8.
Change Management und Kundensegmentierung
Obwohl 75 Prozent der Befragten Veränderungsbereitschaft für wettbewerbsentscheidend halten, setzen nur 36 Prozent Tools zum Change Management ein. Das entspricht Platz neun. Werkzeuge zur Kundensegmentierung schließen die Top Ten-Liste mit einem Nutzungsgrad von 30 Prozent ab.

Benchmarking

CRM und Benchmarking werden in EMEA von jedem zweiten Unternehmen genutzt, ähnlich wie in den USA. Beim Benchmarking ist der Unterschied zur APAC-Region auffällig, in der dieses Instrument nur 29 Prozent der Firmen nutzen. Die Balanced Scorecard verwenden in Europa 44 Prozent der Unternehmen, anderswo wird die 40-Prozent-Marke für dieses Tool nirgends erreicht. Umgekehrt verhält es sich beim in EMEA besonders unpopulären Strategic Planning: Die Nutzungsrate von 31 Prozent liegt um rund 20 Prozentpunkte unter den nord- und südamerikanischen Werten.

Change Management wird in 39 Prozent der befragten Firmen aus der EMEA-Region eingesetzt - ein Wert, der nirgendwo anders erreicht wird. Das gilt auch für die 52 Prozent an Big Data Analytics-Nutzern im APAC-Raum. In EMEA mit 24 Prozent und Nordamerika mit 27 Prozent ist die Usage-Rate nur halb so hoch.

Strenge Amerikaner, euphorische Asiaten

Die Bewertung der Tools-Qualität auf einer Skala von 0 bis 5 liefert zunächst eine womöglich unerwartete regionale Auffälligkeit. Fast durchweg kommen die Top-Noten aus dem asiatisch-pazifischen Raum. Bain erklärt sich das aus dem dortigen Eifer, den Rückstand auf Nordamerika und Europa aufzuholen. Dieses Streben gehe einher mit einer enormen Innovationsfokussierung und dem Optimismus, die dafür notwendigen Werkzeuge tatsächlich zu haben. Die als notorisch optimistisch geltenden Nordamerikaner gehen demgegenüber mit ihren Tools am strengsten um und geben das Gros der schlechtesten Bewertungen ab. Die als nörglerisch verschrienen Europäer liegen quasi durch die Bank in der Mitte.

Hohe Zufriedenheit mit Analytics-Tools

Big Data Analytics kommt bei der Nutzerzufriedenheit auf den einzigen Durchschnittswert über der 4-Punkte-Marke, exakt 4,01. Die Gesamtdurchschnittspunktzahl 3,84 wird unter anderem von Total Quality Management (3,97) und Customer Segmentation (3,96) sowie mit jeweils 3,93 von CRM und Strategic Planning übertroffen.

Drei Tools schneiden hier bemerkenswert schlecht ab: Outsourcing-Tools erhalten in der Studie mit 3,61 Punkten die rote Laterne. Complexity Reduction wird von Bain zwar wie angemerkt eine gute Rolle in der Zukunft prognostiziert; aktuell bewerten die User ihre Zufriedenheit für diese Produkte aber nur mit 3,67 Punkten. Nachholbedarf hinsichtlich ihrer Qualität haben mit 3,69 Durchschnittspunkten auch Change Management-Tools.

Aus dem Zusammenspiel von Verbreitung und Nutzerzufriedenheit lässt sich laut Bain in der Regel herauslesen, wie es um die Zukunft einzelner Tools bestellt ist. Big Data Analytics als vergleichsweise seltenes, aber gut benotetes Instrument wird sich demnach künftig in immer mehr Werkzeugkästen finden. Change Management - momentan häufig genutzt, aber eher schwach bewertet - wird wohl demnächst bei einigen Firmen aus dem Portfolio fliegen. Zwingend muss es aber so weit nicht kommen. Die Analysten erinnern daran, dass die Software-Anbieter ihre CRM-Produkte in den vergangenen Jahren massiv verbesserten - nur deshalb behielt dieses Tool seine hohe Relevanz.

China und Indien Vorreiter bei digitalen Tools

Offen lässt die Studie die Frage, ob sich zwischen Asien auf der einen Seite und Nordamerika und Europa auf der anderen Seite so etwas wie zwei Lager der Tool-Nutzung bilden. Auch die hier angeführten Studienergebnisse lassen das durchaus vermuten. China und Indien sind nach Einschätzung von Rigby und Bilodeau derzeit in jedem Fall die Vorreiter beim Einsatz digitaler Tools. Das liege unter anderem daran, dass dort 84 Prozent der Manager Innovation wichtiger als Kostensenkung finden. Der Vergleichswert aus Nordamerika sind lediglich 63 Prozent.

Allerdings führe die Nutzung neuer Tools in Asien nicht dazu, dass klassische Werkzeuge selten verwendet werden. "Darin drückt sich womöglich der Versuch aus, bei der Herausforderung der Marktführer wirklich gar keinen Steinen unangetastet zu lassen", mutmaßen die Autoren.

Weniger anpassungsfähig als 2012

Insgesamt sehen viele Führungskräfte laut Studie optimistisch in die Zukunft: 74 Prozent melden starke Finanzzahlen und 55 Prozent sind der Ansicht, dass die Konjunktur in ihrer Branche anzieht. Dabei gehören die Pharmabranche, der Biotechnologiesektor, die Bauindustrie sowie die Immobilien- und die Finanzdienstleistungsbranche zu den zuversichtlichsten Sektoren.

Trotz der vor ihnen liegenden Herausforderungen sehen sich 75 Prozent der Befragten - und damit genauso viele wie 2012 - besser für die Zukunft aufgestellt und stufen ihre Anpassungsfähigkeit als einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil ein. In China und Indien, wo die Wachstumsaussichten am besten sind, beläuft sich dieser Wert sogar auf 88 Prozent.

Weltweit lag die Bewertung der Anpassungsfähigkeit 2012 allerdings mit 81 Prozent deutlich höher als in der aktuellen Studie. Auch die Bedeutung des Faktors Innovation wurde damals mit 81 Prozent höher veranschlagt. Positiv erscheint, dass nur noch 46 Prozent der Befragten ihre Performance durch mangelndes Wissen über ihre Kunden behindert sehen. 2012 waren das noch 50 Prozent, 2004 sogar 65 Prozent. Deutlich gewachsen ist allerdings die Angst, Opfer einer Cyber-Attacke zu werden - von 50 Prozent in 2012 auf 55 Prozent in 2014.