Es gibt genug Informatiker

Die Ursachen des Fachkräftemangels

29.09.2011 von Werner Kurzlechner
Es gibt nicht zu wenige Informatiker, doch fehlt ihnen der richtige Mix an Qualifikationen. Eine neue Studie rät zum Ausbau des Aus- und Weiterbildungsangebots.

Der sich verschärfende Fachkräftemangel in der IT wird mittlerweile häufig beklagt. Seinen Ursachen und möglichen Problemlösungen spürt jetzt eine gemeinsame Studie der IHK Darmstadt, des südhessischen Unternehmensnetzwerks IT For Work, des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software-Engineering in Kaiserslautern und des Kompetenzzentrums Informatik Saarland nach. Die Erhebung bestätigt die bekannten Klagen, die von Unternehmensseite immer lauter wird. Zugleich warten die Forscher aber mit einer überraschenden Erkenntnis auf: Der Mangel hat nicht primär quantitative Ursachen. Es werden also nicht unbedingt zu wenige Informatiker ausgebildet. Aber ihnen wird nicht der benötigte Mix an Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt.

Gehört zur Region des Software-Clusters, in der die Studie erhoben wurde: SAP-Firmensitz Walldorf.
Foto: SAP AG

Die im Frühjahr via Befragung von 50 Unternehmen erhobene Studie ist regional begrenzt. Sie bezieht sich alleine auf die Software-Region zwischen Darmstadt, Kaiserslautern, Karlsruhe und Saarbrücken. Dennoch erscheinen die Ergebnisse höchst aufschlussreich, handelt es doch um ein Gebiet das Frankfurt und den Großraum Rhein-Main ebenso einschließt wie das nördliche Baden-Württemberg mit Ortschaften wie Walldorf, dem SAP-Firmensitz. „Der Software-Cluster im Südwesten Deutschlands ist die Geburtsstätte der Unternehmenssoftware“, wie es in der Selbstbeschreibung heißt.

„Der Fachkräfteengpass ist aus Sicht der Unternehmen vor allem durch einen Qualifikationsmismatch zu erklären“, heißt es in der Studie. Analysiert wird dann, aus welchen Gründen Firmen bestimmte Bewerber nicht einstellen. 70 Prozent der Befragten nennen hier ein Fehlen der gewünschten Kombination aus IT- und Wirtschaftswissen. 64 Prozent nennen die mangelnde Gesamtqualifikation von Bewerbern.

Soft Skills und Schlüsselkompetenzen fehlen

Jeweils 57 Prozent vermissen IT-Spezialwissen und Praxiserfahrung. 51 Prozent beklagen fehlende Soft Skills und Schlüsselkompetenzen wie etwa Projektmanagement. Erst danach wird von 48 Prozent ein quantitativer Mangel an Kandidaten genannt. 38 Prozent erwähnen darüber hinaus zu hohe Gehaltsforderungen der Bewerber.

„Unternehmen halten es für ebenso dringlich, das Qualifikationsangebot für kommunikative, soziale und persönliche Schlüsselkompetenzen wie für bestimmte technische Fachkompetenzen auszubauen“, lautet die Schlussfolgerung in der Studie. Am dringlichsten ist der Ausbau nach Auswertung der Antworten offenbar bei der Kundenorientierung. Es folgen persönliche Kompetenzen wie Problemlösungsfähigkeit und soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit. Auch eine bessere Schulung in Datenschutz sowie Konflikt- und Zeitmanagement wird von den Firmen gewünscht.

Qualifikationssiegel empfohlen

„Qualifizierungsangebote zu den Themen Recht (Lizenzrecht, Haftungsrecht), Betriebswirtschaft und Führung (Controlling, Projektmanagement, Personalführung) sowie Präsentation, Marketing und PR sollten ebenfalls ausgebaut werden, haben aber eine etwas geringere Priorität“, heißt es weiter in der Studie. Bei den technischen Kenntnissen herrscht besonderer Nachholbedarf beim Software-Testing, beim Anforderungs-Engineering, bei der Programmierung mobiler Endgeräte sowie bei Sicherheit und Performance beim Programmieren.

Neben der Steigerung der Absolventenzahlen in Informatik und verwandten Studienfächern empfiehlt die Studie als Ausweg den Ausbau von berufsbegleitenden Studiengängen, die Vermittlung von Schlüsselkompetenzen und Wirtschaftswissen bereits in der Erstausbildung sowie ein bessere Vertiefungs- und Weiterbildungsangebot zu technischen Spezialkenntnissen und Forschungsthemen. „Insbesondere in den Themenbereichen Zuverlässigkeit und Sicherheit von Systemen, Benutzerschnittstellen und Human Computer Interaction, Cloud Computing sowie Mobile Endgeräte besteht eine Nachfrage nach vertiefenden Qualifikationsangeboten – sei es als Vertiefungssemester im Bachelor oder als spezialisierter Masterstudiengang“, heißt es dazu in der Studie. Daneben raten die beteiligten Institutionen zu einem Ausbau dualer IT-Studiengänge und der Einführung eines Qualifikationssiegels im Software-Cluster.

Anteil von IT-Masterabsolventen wird steigen

Am wachsenden Bedarf an Spezialisten lässt die Studie keinen Zweifel. Für
die kommenden fünf Jahre sehen 65 Prozent der Unternehmen einen steigenden Anteil von IT-Masterabsolventen in ihrem Unternehmen voraus. 56 Prozent prognostizieren einen wachsenden Anteil von Mitarbeitern mit einem dualen Bachelorabschluss, 54 Prozent einen Mehrbedarf an Mitarbeitern mit einem klassischen Informatik-Bachelorabschluss. 43 Prozent erwarten einen Anstieg bei den IT-Spezialisten mit einem Berufsabschluss in ihrem Unternehmen.

Die Studie „IT-Fachkräfte durch Qualifizierung sichern“ ist auf der Homepage des Software-Clusters zu finden.