5 Lektionen aus Unternehmenseinsatz

Die Vor- und Nachteile des Apple iPad

23.08.2010 von Thomas Pelkmann und Tom Kaneshige
Ein kleines amerikanisches Consulting-Unternehmen aus der Baubranche setzt das iPad im harten Feldversuch ein. Bei Hitze, Kälte und Feuchtigkeit hat die Firma schnell die Vor- und Nachteile des Geräts kennen gelernt.

Rund ein Dutzend iPads sind bei D7 Consulting auf schmutzigen Baustellen zwischen San Francisco und Las Vegas im Einsatz. Seit ein paar Wochen findet man die Tablet-PCs bei den Außendienstmitarbeitern der auf die Qualitätskontrolle von Bauten spezialisierten kalifornischen Firma. Die sollen statt wie bisher mit Papier und Bleistift ihre Berichte nun elektronisch fertigen und direkt in die Cloud verschicken.

Vor dem iPad: Stift und Papier war bei D7 Consulting das bevorzugte Arbeitsgerät für Berichte von den Baustellen.
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Anlass für den Feldversuch war eine Ausschreibung von Box.net. Der Anbieter von Online-Speicher fand das Szenario von D7 so interessant, dass er das kleine Unternehmen mit den notwendigen Geräten ausstattete. Seit Frühsommer dieses Jahres befinden sich die ersten zehn Geräte im Feldversuch, die andere Hälfte folgt demnächst. Hier sind die ersten Erkenntnisse.

1. Mit dem iPad läuft das Change Managements wie von selbst

Hinterher: Nun erledigt D7 lästige Schreibarbeiten mit dem iPad im Feldversuch.

Viele der Außendienstmitarbeiter von D7, mit der Qualitätssicherung von Neubauten betraut, sind echte Veteranen im Job. Das iPad fordert von ihnen nun nichts weniger, als ihre bisherige Arbeitsweise über Bord zu werfen: keine papierbasierten Berichte mehr, stattdessen dieser neumodische Cloud-Service.

Solche und ähnliche Anforderungen an die Mitarbeiter sind mit fast allen IT-Projekten verbunden. Wenn die Kollegen nicht mitziehen, scheitern die meisten Projekte. Daher ist es eine wichtige Projektaufgabe, die Beschäftigten an die veränderten Bedingungen heranzuführen: Change Management gehört zu jedem Projekt dazu.

"Mit dem iPad läuft das Change Managements wie geschmiert", meint Firmenchef Joseph Daniels. Das Gerät sei eins der angesagtesten Geräte überhaupt. Entsprechend fiel die Reaktion seiner Mitarbeiter aus, als die iPads im kalifornischen Hauptquartier eintrafen: "Niemand schaute skeptisch oder ängstlich " erinnert sich der Boss. "Die meisten konnten es vielmehr kaum erwarten, damit zu arbeiten."

Angst: Fehlanzeige. Mitarbeiter freuen sich auf das iPad

Ebenfalls gut für die Erfolgsaussichten: Die meisten Mitarbeiter hatten bereits Erfahrung mit dem iPhone oder einem anderen Gerät mit berührungsempfindlichem Bildschirm. So sei es überhaupt kein Thema gewesen, die Qualitätskontrolleure an das neue Gerät zu gewöhnen. Insgesamt habe es nur rund drei Stunden gedauert, die Arbeitsweise des iPads mit Dateiverwaltung sowie den Umgang mit Texten und Grafiken und die Übertragung der Daten in die Cloud zu schulen.

Ein Glücksfall für D7, keine Frage. Dennoch rät Terrell Woods, bei D7 ein Art Tech-Guru, anderen Unternehmen bei der Einführung taktisch vorzugehen: "Statten Sie zuerst die Mitarbeiter aus, die sich am meisten auf die neuen Geräte freuen". Bei denen sei die Erfolgsaussicht am größten und sie würden andere, vielleicht skeptische Mitarbeiter dann am ehesten mitziehen.

2. Das iPad verringert den Aufwand für Berichte an die Kunden

Über viele Jahre sind bei D7 die Qualitätskontrolleure mit einem Arsenal von Papier, Stiften, Kameras, Diktiergeräten und Mobiltelefonen sowie einem Stoß von Unterlagen auf die Baustellen ausgerückt. Dort machten Sie ihre Kontrollen und suchten sich anschließend einen Computer, um ihre Berichte zu verfassen und per E-Mail an die Zentrale zu schicken.

Diese Reports gingen anschließend mehrfach zwischen Kontrolleur und Kunden hin und her - ein Vorgang, der insgesamt rund fünf Tage in Anspruch nahm. Daher suchte das Unternehmen nach Möglichkeiten, diesen Prozess zu verkürzen. Laptops schieden als zu unhandlich für die umhergehenden und fotografierenden Mitarbeiter ebenso aus wie das iPhone mit seiner rudimentären Tastatur und dem Minibildschirm.

Das iPad konnte dagegen schon bei ersten Versuchen punkten. "Mit dem iPad kann man Änderungen ‚on-the-fly’ machen und dem Kunden direkt eine Zusammenfassung der Ergebnisse schicken", freut sich Woods über die Eigenschaften des Tablet-PCs. Das Ergebnis: Nun dauert es bei D7 nur noch 24 Stunden, dem Kunden den fertigen Bericht zu übermitteln.

3. Dreck verträgt das iPad, Hitze nicht unbedingt

Dreckige Baustellen sind für jedes technische Gerät ein Einsatzort mit besonderen Herausforderungen. Wie sich bei D7 herausgestellt hat, schlägt sich das iPad aber auch unter widrigen Bedingungen wacker. Bis jetzt habe es keinen einzigen Bruchschaden gegeben - wenngleich das sicher damit zusammenhängt, dass die Geräte in Schutzhüllen stecken.

iPad hält sich unter Extrembedingungen wacker

Eins der iPads hat allerdings das Wüstenklima von Las Vegas nicht vertragen und kurzfristig die Arbeit eingestellt. Nach einer Abkühlungszeit von 25 Minuten meldete sich das Tablet dann aber wieder zum Dienst.

Allergisch zeigt sich vor allem Firmenchef Daniels - gegen mögliche Diebstähle. Deshalb hat er die iPads mit einer Hülle mit Reißverschluss und einem Schulterriemen ausstatten lassen. Damit möchte er einerseits dafür sorgen, dass das Pad immer einsatzbereit am Mitarbeiter hängt und andererseits verhindern, dass die es aus der Hand legen, weil es gerade im Weg ist. Wie es scheint, hat er beide Ziele erreicht.

4. Es gibt noch keine Verwaltungs-Tools für das iPad

Das größte Problem mit dem iPad verursache Apple selber, sagt Daniels. Das Unternehmen habe sich bisher konsequent der Tatsache verweigert, dass auch Firmen zu den Kunden des Pads gehören wollen. So gibt es bis heute keine Tools für das Roll-out des iPads. Jedes Gerät muss stattdessen individuell konfiguriert werden, auch wenn alle über dieselben Einstellungen verfügen sollen. "Das Betriebssystem des iPads erlaubt es nicht, das Gerät als Enterprise Device zu konfigurieren", bemängelt Terrell Woods.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die mangelnde Lieferfähigkeit von Apple. So benötigten die Kontrolleure von D7 zum Beispiel unbedingt das Camera Connection Kit, um ihre Baustellenfotos an die Zentrale zu senden. Dummerweise, heißt es aber, sei das Kit bei Apple oft nicht lieferbar.

5. Die Kunden finden das iPad cool

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ein Kunde konfrontiert den Qualitätskontrolleur mit einer schwierigen Frage. Anstatt nun zu sagen: "Kann ich Ihnen die Antwort morgen geben", schmeißt der das iPad an, schickt die Anfrage an den Sachbearbeiter in der Firma und bekommt die Antwort innerhalb der nächsten Minuten.

iPad steht für moderne Unternehmen

Mit dem iPad präsentiert sich D7 als ein intelligentes Unternehmen, das Technik einsetzt, um effizienter, genauer und eleganter als bisher zu wirken. In der Zwischenzeit sind die Mitbewerber immer noch damit beschäftigt, Tonnen von Papier hin und her zu tragen.

"Wir möchten den Leuten zeigen, was wir tun und wie wir es tun", meint Firmenchef Daniels. "Das führt hoffentlich zu größerer Aufmerksamkeit und mehr Aufträgen für unsere Firma." Offenbar funktioniert auch das: Angesichts der iPad-bewaffneten Schar von Qualitätsoffizieren hat tatsächlich ein möglicher neuer Kunde um die Dienste von D7 nachgefragt.