Forrester empfiehlt 5 Schritte

Die Zukunft der IT-Organisation

24.07.2017 von Christoph Lixenfeld
Digitalisierung verändert alles, auch die Rolle von CIOs und ihren Teams. Was das für die Zukunft bedeutet, damit hat sich jetzt Forrester beschäftigt.
  • IT-Verantwortliche müssen sich intensive Gedanken darüber machen, ob ihre Strukturen zukunftsfest sind.
  • Die IT-Organisation der Zukunft formiert sich rund um die wichtigsten Kundenwünsche.
  • Für CIOs ist vor allem die Einbindung der übrigen Führungskräfte unerlässlich.

Um auch in Zeiten der Digitalisierung handlungsfähig und erfolgreich zu bleiben, müssen Unternehmen nach Ansicht von Forrester sechs Bereiche im Auge behalten und gegebenenfalls neu bewerten: Struktur, Kultur, Talent, Kennzahlen, Prozesse und Technologien.

IT-Organisationen müssen heute neu gedacht werden: Nicht mehr entlang von Funktionen, sondern von Kundenbedürfnissen.
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Im vorliegenden Paper mit dem Titel "The Future Tech Organization" geht es darum, wie sich das erste Element, die Struktur der CIO-Organisation, verändern werden sollte.

Anlass der Untersuchung war eine Befragung aus dem vergangenen Jahr, in deren Rahmen sieben von zehn IT-Entscheidern angegeben hatten, die Reorganisation ihrer Organisation zur besseren Verzahnung IT und Business habe hohe Priorität für sie.

Abteilungen und Aufgaben Kundengruppen organisieren

Dabei ist auch den Befragten klar, dass Strukturen ein zweischneidiges Schwert sind. Funktionierende, mit guten Gründen aufgebaute Strukturen wird es natürlich auch in Zeiten der Digitalisierung immer geben müssen. Forrester geht dabei davon aus, dass immer mehr Unternehmen Abteilungen und Aufgaben rund um bestimmte Kunden beziehungsweise Kundengruppen organisieren werden. Die Analysten nennen das COOM - Customer-obsessed Operation Model.

Strukturen behindern den notwendigen Wandel

Auf der anderen Seite können selbst solche zeitgemäßen Strukturen zu Barrieren werden, etwa wenn sie Menschen voneinander trennen, die eigentlich eng zusammenarbeiten sollen beziehungsweise wenn sie Gruppen kreieren, die durch ihre große Verschiedenheit schwer zu managen sind.

Im Jahre 2015 hatten bei einer weiteren Befragung, die Forrester gemeinsam mit Heidrick & Struggles durchgeführte, die Hälfte der befragten Marketing-Manager erklärt, die Strukturen in ihrem Unternehmen behinderten den Wandel. In den zwei Jahren, die seitdem vergangen sind, sei dieser Anteil nochmal um 12 Prozent gewachsen, sagt Forrester.

Der IT-Wandel gelingt nur mit der richtigen Kommunikation. Wichtigstes Tool dazu: Gelassenheit.
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Grund genug also, an den Verkrustungen zu arbeiten, sie aufzubrechen. Der größte Druck wird dabei durch das bereits erwähnte kundenzentrierte Geschäftsmodell (COOM) entstehen: Business-Entscheider erwarten immer häufiger, dass ihr Blick auf die Bedürfnisse der Kunden bereits bei der Entwicklung neuer IT-Systeme Berücksichtigung findet.

Was allerdings nur möglich ist, wenn IT auch über Strukturen verfügt, die eine enge Verbingung zu Business-Prozessen und -Entscheidungen zulässt.

In 5 Schritten die Organisation wandeln

Fragt sich natürlich, wie man solche Bedingungen schafft. Nach Ansicht von Forrester kann das durchaus einige Jahre dauern, was aber keinen CIO abschrecken sollte.

Am besten gehen die Verantwortlichen dabei in fünf Schritten vor.

1. Rollen und Prozesse neu definieren

Der erste: Rollen und Prozesse neu definieren. Dazu sollten auf jeden Fall die IT-Architektur, das Vertriebsmanagement und die Mobility-Fähigkeit der genutzten Oberflächen gehören. Um an dieser Stelle weiter zu kommen, hatte jüngst die IT-Organisation einer US-Behörde tatsächlich Architekten (solche, die Häuser bauen) engagiert, um mit ihrer Hilfe Ergonomien zu durchforsten und zu testen.

Und ein US-Lebensversicherer engagierte einen "Beziehungsmanager", um detailliert Rollen, Funktionen und ihre Abgrenzungen zwischen ihnen zu untersuchen.

2. Plan-Build-Run verschwindet nicht sofort

Zweiter Schritt: Reporting-Strukturen verändern. Plan-Build-Run wird zwangsläufig in den kommenden Jahren 95 Prozent der Entwicklungsprozesse bestimmen, weil es sich nicht mal eben über Bord werfen lässt. Deshalb sollten Unternehmen versuchen, auch innerhalb dieser Struktur Veränderungen vorzunehmen, zum Beispiel indem sie die einzelnen Schritte stärker zerlegen und ihre Schwachpunkte konsequent beseitigen.

3. Business- und IT-Teams zusammenführen

Drittens: Business- und IT-Teams zusammenführen. In Zeiten wie diesen macht es keinen Sinn mehr, sich getrennt voneinander einerseits mit dem Geschäftsmodell und seiner Weiterentwicklung und andererseits mit Ideen zur Digitalisierung zu beschäftigen. Stattdessen, sagt Forrester, braucht es Teams, die entlang bestimmter Themen beides miteinander verbinden.

IT-ferne Führungskräfte stehen fundamentalen Veränderungen oft kritisch gegenüber. Aber gerade sie gilt es bei diesem Prozess mitzunehmen.
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Analog zum oben Gesagten sollten sich solche Themen an den Kundenbedürfnisse orientieren. Beispiel: Verzahnung von Online- und Offlinevertrieb eines bestimmten Produkts, das zuletzt immer stärker via Internet bestellt wurde.

4. BI-Plattformen und -Skills aufbauen

Viertens: Business Intelligence-Plattformen und -Fähigkeiten aufbauen. CIOs - sagt Forrester - brauchen Daten vor allem zu zwei Zwecken. Erstens zum Erkennen und Analysieren von Kundenwünschen und -motivationen mit dem Ziel, diese zielgenau zu befriedigen.

Zweitens, um damit Entscheidungen, die bisher Menschen (auch) intuitiv getroffen haben, an Computer zu delegieren und sie so auf eine objektivierbare, weniger angreifbare Basis zu stellen. Naheliegendes - und aktuell sehr populäres - Beispiel für eine solche Übertragung ist das Ressourcen- und Portfoliomanagement.

5. Management einbinden

Fünfter Schritt: Die Führungsriege einbinden, wenn es um den Aufbau zukünftiger Strukturen geht. Denn nur mit Unterstützung der Chefetage - von Forrester C-Suite genannt - haben Veränderungen eine wirklich nachhaltige Wirkung. Nur wenn auch Verantwortliche, die von Technik eher weniger verstehen, begreifen, wofür sie dient und warum sich die Prioritäten hier in den kommenden Jahren so drastisch verändern müssen, werden sie diese Veränderungen promoten.

Bei der Vermittlung wird es an dieser Stelle auch darauf ankommen, visionäre Kraft zu entfalten, also die Zukunft der IT so sichtbar zu machen, dass die Verantwortlichen ihre Bedeutung und die eigene Rolle darin erkennen können. Ziel ist es, ihre aktive Unterstützung zu gewinnen, eine, zu der sie nicht mühselig gedrängt werden müssen.

Neue Führungspraxis für die digitale Welt
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Der Sportdirektor eines Vereins stellt den Kader zusammen und gestaltet die Spiel- und Terminpläne für Wettkämpfe und Trainings. Er instruiert Talentscouts, kauft Spieler ein und stellt Bewegungsfreiheit für erforderliche Transfers sicher. Sein Ziel: Menschen zu finden und zu binden, die die Weiterentwicklung des Unternehmens konstant antreiben. Er erweitert die Suchkriterien für die Rekrutierung, stellt Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen ein und ermöglicht Familien- und altersgerechte Arbeitszeitmodelle.
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Der Zen-Schüler ist in Ausbildung und Vorbereitung. Er lernt, reflektiert und prüft sich selbst. Achtsamkeit, Mitgefühl und Offenheit sind seine Tugenden, er pflegt eine disziplinierte (spirituelle) Praxis. Sein Ziel: Das finden, woran er sich festhalten kann, wenn sich alle an ihm festhalten. Er nutzt Coaching- und Mentoring-Programme, schafft physische Räume für den Ausgleich und richtet den Blick nach innen.
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Die Intendantin eines Theaters wählt die Stücke für die Aufführung aus. Sie entwickelt den roten Faden und prägt die gesellschaftliche Wirkungskraft ihres Hauses. Die Künstler und deren Expertise bindet sie dabei ein. Ihr Ziel: in Zeiten großer Unsicherheit und Unplanbarkeit Orientierung zu geben. Über ein „Strategy Board“ schafft sie die Voraussetzung für Richtungsentscheidungen schaffen, erhöht mittels interaktiver Beteiligungsformen die Einigkeit über die Richtung – und hat den Mut zu klaren Ansage in der Krise.
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Die Trainerin leitet eine Mannschaft taktisch, technisch und konditionell an. Sie bestimmt Trainingsablauf, Mannschaftsaufstellung und Strategie. Sie muss für Misserfolge geradestehen, Erfolge lässt sie ihrem Team. Ihr Ziel: Die Mitarbeiter zu mehr Verantwortungsübernahme zu befähigen. Dafür entwickelt sie über zeitgemäße Lernformate Kompetenzen entwickeln, baut gegenseitiges Vertrauen auf und führt Anreize zur Übernahme von Verantwortung ein.
Der Blogger
Der Blogger kommentiert Geschehnisse – zugespitzt, aufrüttelnd und meist aus einer persönlichen Sichtweise. Er will die Welt verstehen, erklären und übersetzen. Er lebt vom direkten Feedback der Leser. Sein Ziel: Veränderungsbereitschaft in die DNA des Unternehmens zu schreiben. Er kaskadiert die Geschichte der Veränderung in die Firma, moderiert gemeinsame Lernprozesse und gibt sichtbare Veränderungsanstöße.